Zunächst einmal: Die Sendezeit ist eine Frechheit. Samstag um 22:00 Uhr ist womöglich nicht unbedingt der Platz, den man einer Neuauflage von "Dalli Dalli!" gewünscht hätte - und auch die Tatsache, dass es nicht das ZDF ist, das sich nach einer Mitte der 90er gesendeten Nachmittags-Version noch einmal an die Sendung wagt, wirkt ein wenig ungewöhnlich. Stattdessen probiert sich nun also der NDR am Erbe von Hans Rosenthal aus.
Es ist ohne Zweifel ein schweres Erbe, das der Sender und besonders Moderator Kai Pflaume antritt, denn "Dalli Dalli!" war über mehr als 15 Jahre und 150 Ausgaben hinweg das, was man heute nur allzu gerne und nicht selten voreilig als Kult bezeichnet. Und überhaupt: Kann es wirklich gelingen, eine vor 25 Jahren eingestellte Sendung in ein zeitgemäßes Outfit zu hieven? Nach der ersten Ausgabe lässt sich diese Frage durchaus mit einem Ja beantworten - obwohl der NDR selbst auf die gute, alte Wabenwand im Bühnenbild nicht verzichten wollte.
Dass überdies auch noch die klassische Titelmusik verwendet wird, lässt selbst diejenigen, die "Dalli Dalli!" einst nicht miterlebt haben, ein wenig erahnen, wie es damals gewesens sein muss, als vom schrillen Privatfernsehen noch nichts zu sehen war. Die Kandidaten der Neuauflage sind allerdings natürlich mehr oder weniger von heute: Uwe Ochsenknecht und Heiner Lauterbach traten in der Premieren-Folge als Team "Männer" gegen das aus Jenny Jürgens und Peter Hahne bestehende Team "Mattscheibe" an und mussten dabei allerhand Disziplinen bestehen, die es auch schon einst unter Rosenthal zu bewältigen galt.
Ob "Dalli Klick", die Tonleiter oder Nonsens-Spiele: Der NDR hat sich große Mühe gegeben, den alten Charme in die Neuzeit zu transportieren. So grübelten die Teams also munter über Küchenkräuter und Komplimente für die Bundeskanzlerin, fanden teils eigenartige Reime und sammelten Plastikeier von Plastikhühnern ein. Im besten Sinne ist das tatsächlich kurzweilige Familienunterhaltung, wie man sie fast schon nicht mehr im heutigen Fernsehprogramm vermutet hätte - und das ist sicherlich nicht despektierlich gemeint.
Bisweilen wurde es gleich in der ersten Sendung sogar herrlich albern, etwa beim urkomischen Versuch Heiner Lauterbachs, mittels Fön in die Luft geblasene Tischtennisbälle mit dem Mund aufzufangen. Doch ganz ohne den schon 1987 verstorbenen Hans Rosenthal ging all das freilich nicht: Kai Pflaume lässt es sich nicht nehmen, in guter alter "Dalli Dalli!"-Tradition bei jedem "Spitze!"-Ruf einen Satz zu machen. Und nicht nur das: Gemeinsam mit Rosenthals Sohn ließ Pflaume gleich zu Beginn der Premiere an die Fernsehlegende erinnern; gespielt wird natürlich zugunsten der Hans-Rosenthal-Stiftung.
"Mein Vater wäre sicher sehr stolz gewesen, wenn er gewusst hätte, dass die von ihm erdachte Spielidee so gut war, dass sie 25 Jahre nach seinem Tod - etwas modernisiert - wieder aufgegriffen wird", ließ Sohn Rosenthal später wissen und fügte hinzu: "Dies mit sehr liebevoll gestalteten Spielrunden und einem Moderator, der, wie er, die Kandidaten seiner Sendung als Gäste behandelt." Wahrscheinlich ist das das beste Kompliment, das man den Machern der Neuauflage machen kann. Das letzte Wort werden jedoch, wie so oft, die Zuschauer haben, die "Dalli Dalli" allerdings erst einmal finden müssen. Angesichts des wahrlich ungünstigen Sendeplatzes wäre der NDR allerdings gut beraten, die Messlatte zunächst nicht allzu hoch zu hängen.