Durch die Verpflichtung von Bruce Darnell als Juror für die kommende Staffel hat RTL eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass es bei "Deutschland sucht den Superstar" wohl nur noch bedingt um Gesang geht - und auch "Das Supertalent", das derzeit wöchentlich wieder sieben Millionen Zuschauer vor die Fernseher lockt, entwickelt sich in eine bedenkliche Richtung. Szenen jubelnder oder vom Auftritt der Kandidaten entsetzter Zuschauer werden kunterbunt in die Auftritte geschnitten. Dass sie oft womöglich in einem ganz anderen Kontext aufgenommen wurden, scheint dabei niemanden zu stören. Von Dieter Bohlens oft vorhersehbaren Kommentaren ganz zu schweigen.
Umso wohltuender hebt sich "X Factor" auch in der neuen Staffel von den beiden RTL-Castingshows ab, die trotz aller Kritikpunkte in der Branche derzeit ohne Zweifel als Maßstab für zeitgemäße Fernsehunterhaltung gelten. Dabei unterhält die VOX-Show, die wie "DSDS" und "Supertalent" aus dem Hause Grundy Light Entertainment stammt, eigentlich ungleich mehr - zumindest wenn man Wert auf gute Stimmen legt. Und davon gab es in der ersten Live-Show der zweiten Staffel einige. Wer am Dienstagabend mehr als zwei Stunden durchgehalten hat, wurde am Ende beispielsweise in Form einer fulminanten Mischung aus Klassik und Pop durch das Duo Nica & Joe belohnt.
Von der 16-jährigen Schülerin bis hin zum 44-jährigen Familienvater, der auf der Bühne von seinem Sohn am Klavier begleitet wird, reicht die Bandbreite der insgesamt zwölf Acts, die es in diesem Jahr auf die Show-Bühne geschafft haben - eine Bühne, die im Vergleich zur noch recht beschaulichen ersten Staffel mittlerweile beachtlich groß geworden ist. Keine Frage: VOX orientiert sich hierbei nicht zu Unrecht am fulminant inszenierten Live-Spektakel von "Deutschland sucht den Superstar". Große LED-Wände, tolle Lichteffekte und stimmungsvolle Inszenierungen prägen die Auftritte der Kandidaten nun noch stärker.
Es sind Investitionen, die sich lohnen, unterstreichen sie doch die große Bedeutung, die "X Factor" inzwischen für VOX hat. Dass auch "X Factor" leider nicht gänzlich ohne die eine oder andere vielleicht zu emotionale Geschichte rund um seine Protagonisten auskommt, mag man dem Sender verzeihen - so lange auch weiterhin das Talent im Vordergrund der Sendung steht. Dass dem so ist, stellte die Live-Show am Dienstag unter Beweis, auch wenn sie mit gut drei Stunden Laufzeit womöglich einen Tick zu lang geraten ist. Dieter Bohlens Sprüche, Superzeitlupen und Freddy, den "Fickfrosch" hat allerdings ganz gewiss keiner der Zuschauer vermisst. Irgendwie beruhigend, oder?