Was für ein Abend: Der Bundespräsident sucht in Maschmeyers Villa in Südafrika unter 20 Traumfrauen seine nächste Kreditgeberin, während der Bachelor in Berlin mit Bettina Schausten für 150 Euro sein Verhältnis mit den Medien neu sortiert. So oder so ähnlich jedenfalls. Während bei ARD und ZDF der Bundespräsident seine Erklärung für die Mailbox-Affäre präsentierte, präsentierte uns RTL nach über acht Jahren einen neuen Bachelor. Die Datingshow lief zuletzt im Winter 2003/2004 und danach noch einmal in der "Bachelorette"-Version. Jetzt also das Comeback im Rahmen der Januar-Programmoffensive der Kölner.
Bis zuletzt hielt RTL geheim, wie er nun aussieht. Wer er nun ist, dieser Bachelor. Jetzt ist klar: Er ist blauäugig. Nicht wie unser Bundespräsident, sondern tatsächlich und mit blondem langen Haar. Aus Hamburg kommt er und hört auf den Namen Paul. Zunächst einmal wurde er dem Fernsehpublikum intensivst vorgestellt. Es wirkte ein wenig wie eine XXL-Kandidatenvorstellung bei "Schlag den Raab". Paul, der perfekte Allrounder für alle Lebenslagen. Doch seine Gegnerinnen waren gnadenloser: In einer angemieteten Villa in Südafrika traf er auf 20 potentielle Partnerinnen.
Wer durchgehalten hatte bis zum ersten Aufeinandertreffen der 20 Damen auf Paul, der erlebte durchaus amüsante Momente. Noch im Auto sitzend kommentierte manche Dame - mal erfreut, mal erschrocken - ihren ersten Eindruck von Paul: "Der sieht aus wie mein Sohn", "Ist der aus der Zahnpasta-Werbung oder was?" oder "Alter, ich wusste es. Ich wusste es, es ist einer mit langen Haaren". Das Spektrum der Kandidatinnen war breit: Von ungewöhnlich für ein solches Format bis hin zur klar definierten Rolle als dummes Blondchen, feurige Rothaarige oder exotischer Asiatin. Klar wiedererkennbar, damit der Zuschauer auch schnell eine Verbindung aufbaut.
Und doch war das recht unterhaltsam. "Heißt er Paul? Er heißt Paul. Wenn nicht, könnt ihr das ja rausschneiden", sagte eine Kandidatin nach dem ersten Kennenlernen. Und die Asiatin mit dem extra kurzen Rock kommentierte ihre Kleidung trocken mit den Worten: "Nicht, dass ich das so gewählt hätte. Der Schneider hatte da bestimmt irgendwelche Absichten." Solche Szenen mag mancher zum Fremdschämen finden, doch vergleicht man "Der Bachelor" mit anderen Datingformaten, die derzeit weniger, aber früher zahlreicher im deutschen Fernsehen zu finden waren, so unterscheidet sich die RTL-Kuppelei wenig. Man muss dieses Genre mögen oder nicht - daran ändert auch "Der Bachelor" nichts. Es ist Fernsehen der Marke Guilty Pleasure, wie es die Amerikaner bezeichnen.
Vergleicht man die neue Staffel mit der von vor acht Jahren, so gibt es zwei große Unterschiede: Den Moderator hat man sich gespart. Das allein stört nicht, doch die Off-Stimme, die den Zuschauer jetzt durch die Sendung führt, beginnt schnell zu nerven, weil es viel zu oft zur nervigen Off/On-Doppelung kommt. "Er steht vor einer schweren Entscheidung", heißt es da aus dem Off bevor wir Paul aus Hamburg mit den Worten "Ich stehe vor einer schweren Entscheidung" hören. Der größte Lacher in der Premierensendung war aber zweifelsohne das Wegpiepsen des bösen Wortes "ficken". Was im Nachmittagsprogramm und bei Dieter Bohlen erlaubt ist, wird hier zensiert.
Man hat übrigens nicht nur den Moderator eingespart, sondern auch die Werbung. Die Premiere des "Bachelor" verlief am Mittwochabend weitgehend werbefrei. Erst um 21.50 Uhr - nach über anderthalb Stunden - unterbrach RTL die Sendung für die erste und einzige Werbepause. Man gab alles für die Quote und doch fiel der Auftakt quotentechnisch durchwachsen aus. In Köln-Deutz wird man trotzdem zufrieden sein: In den ersten 20 Minuten kämpfte man gegen das Wulff-Interview mit starken 11,5 Millionen Zuschauern an und in der kommenden Woche dürfte die neue Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" der Datingshow nochmal helfen, auch wenn es einen Unterschied zwischen beiden Formaten gibt: "Der Bachelor" mag auch nicht jedem gefallen, aber tut wenigstens niemandem weh.