Kommunikation ist kein Zufall mehr. Fernsehsender kontrollieren längst, wie so viele Unternehmen, sehr genau wann wo welche Aussage getroffen wird. Beim ZDF jedoch, so scheint es auf den ersten Blick, hat man sich mit einem „Handelsblatt“-Interview (Dienstagsausgabe) ein Eigentor geschossen. Anderthalb Wochen vor der letzten „Wetten, dass..?“-Sendung vor der Sommerpause löst ZDF-Intendant Thomas Bellut scheinbar ohne Not höchst selbst eine weitere Diskussionswelle über die Zukunft der Show aus.



„Ich weiß es wirklich nicht. In diesem Jahr werden wir sehen, wie stark die Marke noch ist“, antwortet Bellut dem „Handelsblatt“ auf die Frage, wie lange es „Wetten, dass..?“ noch geben werde. Man fragt sich: Warum nur prescht der Intendant jetzt vor? Warum wird nicht noch die nächste Sendung abgewartet? Beinahe fühlt man sich an einen echten Fauxpas von Bellut erinnert, der bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren völlig unnötiger- und heutzutage auch unüblicherweise öffentlich eine Quoten-Messlatte für das neue „Wetten, dass..?“ mit Markus Lanz festlegte - die inzwischen längst unterschritten wurde.

Nein, diesmal ist das Interview von ZDF-Intendant Thomas Bellut im „Handelsblatt“ ganz gezielt geführt - und seine Aussagen über „Wetten, dass..?“ wohl überlegt und ganz bewusst formuliert. Des Rätsels Lösung liegt in zwei weiteren Aussagen, die Bellut im gleichen „Handelsblatt“-Interview tätigt. Da heißt es auf die Frage, wann seine Quoten-Schmerzgrenze erreicht sei: „Die wäre erst erreicht, wenn Markus Lanz wirklich Schaden nähme. In seiner Late-Night ist er von den Debatten weitgehend unbeschadet.“

Und über „Wetten, dass..?“ sagt der ZDF-Intendant weiter: „Ein weiterer Quotenschwund würde die Show sehr schwächen. Dann müssten wir wirklich verhindern, dass auch noch Markus Lanz demontiert wird.“ Belluts Interview mit dem „Handelsblatt“ ist damit ein gut überlegter Einstieg in den Ausstieg bei „Wetten, dass..?“ und kommt wenig überraschend genau so, wie es Beobachter aus der Branche schon erwartet hatten, denn viel Spielraum hat das ZDF beim Thema „Wetten, dass..?“ nicht. Das pikante Problem: Wie trennt man sich von der Show ohne Markus Lanz zu demontieren?

Niemals würde es deswegen so kommen, wie manche Boulevardmedien es seit Monaten immer wieder mal spekulieren: Niemand wird Markus Lanz rauswerfen. So drastisch kann es nicht passieren, schließlich will das ZDF ihn als Talkmaster weiterhin behalten, der mit seiner Gesprächsrunde immerhin drei Shows pro Woche mit guten Quoten beisteuert. Ein Rauswurf kann es also nicht werden und mit diesem „Handelsblatt“-Interview wird jetzt sehr klar, wie die in Mainz gewählte Strategie aussieht: Das ZDF will Markus Lanz schützen - und dafür im Zweifelsfall mit „Wetten, dass..?“ vom Sender nehmen.

Plötzlich macht auch der zunächst irritierende Zeitpunkt von Belluts Aussagen Sinn: Damit nach dem nächsten Negativ-Quotenrekord nicht alles wie plötzlich aus dem Hut gezaubert wirkt, bereitet ZDF-Intendant Thomas Bellut in diesem  „Handelsblatt“-Gespräch, bei dem Lanz und „Wetten, dass..?“ im Übrigen nur Randthema sind, die Argumentation für den Fall der Fälle schon einmal vor. Zuletzt gehörte Gedankenspiele, wonach Helene Fischer eine mögliche Erbin der Show sein könnte, um eine Show-Revue daraus zu machen, sind nicht mehr als fantasiereiche Gedankenspiele. Zu negativ ist inzwischen das Image von „Wetten, dass..?“ besetzt.

Und somit ist an diesem Dienstag der Einstieg in den Ausstieg bei „Wetten, dass..?“ vom ZDF clever in Szene gesetzt. Einziger Haken an der Sache: Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Das „Handelsblatt“-Interview verbreitet die offensichtliche Skepsis des ZDF-Intendanten sehr effektiv. Belluts Aussagen haben es bereits auf die Titelseite der „Bild“ vom Dienstag geschafft. Hielt man sich in Mainz bislang stets zurück mit Bewertungen der Sendung, so sind jetzt die Dämme gebrochen. Markus Lanz moderiert die „Wetten, dass..?“ ab sofort tatsächlich auf Abruf.

Bleibt für Lanz nur die Überlegung, ob er sich nach dem nächsten Negativ-Quotenrekord vom ZDF beschützen lassen will oder noch rechtzeitig selbst hinwirft. Auch das ginge natürlich nur gut überlegt, um seinen Talk nicht schädigen. Dass „Wetten, dass..?“ noch einmal die Kurve kriegt, glaubt kaum noch jemand. Zu viel hat man schon probiert - hin und her geändert. Zuletzt 5,8 Millionen Zuschauer sind immer noch eine starke Reichweite gemessen am Wettbewerb, wie zuletzt auch noch einmal Programmdirektor Himmler in der „FAZ“ betonte - aber mit zwei bis zweieinhalb Millionen Euro pro Show und zu vielen Nerven bei allen Beteiligten sehr teuer erkauft.