Es ist wieder eine Woche der Atemlosigkeit gewesen in der härtesten People-Redaktion der Welt. Paparazzo Uwe Stemmler war bei einer Modenschau von Guido Maria Kretschmer und hat per Fotobeweis rausgefunden, dass Rolfe Scheider – anders als vor vier Jahren! – nicht mehr in der ersten, sondern nur noch in der zweiten Reihe sitzen durfte. Anschließend ist er dummerweise am Bodyguard abgeprallt, ohne Kretschmer dazu befragen zu können. An die Weltstars ranzukommen, das ist "für'n Paparazzi wirklich das Härteste", erläuterte der Promijäger mit der Mickymauskappe nachher in der Redaktion, und sein Chefredakteur hatte Verständnis: "Dranbleiben!"

Chefreporter Bastian May ist es derweil gelungen, für seine Kolumne "Promi Insider" ein Gespräch mit – halten Sie sich fest: Tanja Tischewitsch zu ergattern, die mal bei DSDS teilgenommen hat und im Wartezimmer eines Beautyschuppens, der ihr per "Coolsculpting" die Fettzellen nach der Schwangerschaft wegeisen sollte, erzählt, dass sie's doof fand, wie Daniela Katzenberger von Charlotte Würdig bei Twitter wegen ihres Bodys gedisst wurde. "Die hat sich ja auch von ihrem Freund getrennt!", wusste May bei der Recherchepräsentation noch über Tischewitsch zu berichten. "Aber nicht wegen der Figur?", hat der Chefredakteur gleich nachgehakt. Und May: "Ich hab sie so direkt jetzt nicht gefragt."

Ja, beim Bauer-Promilaberblättchen "InTouch" arbeiten eben knallharte Profis, die alles geben, um auch noch das Letzte aus den Stars rauszuholen, die nichts mehr zu erzählen haben.

Deshalb schenken ihnen ihre Fernsehkumpels von RTL II seit dieser Woche jeden Montag ein Stündchen Sendezeit, in der die Magazin-Redakteure Geschichten nachjagen, die nachher in einer dämlich gestellten "Redaktionskonferenz" gleich wieder aus dem Blatt gewischt werden: "Das war jetzt nicht so, dass man's unbedingt mitnehmen muss." – "Nee, seh ich auch nicht." Aber für RTL II hat's allemal gereicht.

InTouch – Stars. Styles. Stories.© Screenshot RTL II

Eine "spannende Mischung aus Redaktionsalltag und exklusiven Geschichten, direkt am Ort des Geschehens" traute sich der Sender vorab zu versprechen, und wer gerne Klatschheftchentextern dabei zusieht, wie sie in Großraumbüros rumstehen und sich über später in pink gesetzte Print-Prominichtigkeiten beömmeln, kommt bei diesem Goldschatz der Produktionsfirma Joker voll auf seine Kosten. Alle anderen haben womöglich Probleme, den aktuellen Hefttitel ("Die neue Diät-Spritze der Stars") rechtzeitig vom "TV-Thema der Woche" ("Der Schönheitswahn der Stars") abzugrenzen, bevor es nächstes Mal schon um "Die Psychoprobleme der Stars" geht.

Wie gut, dass für "InTouch – Stars. Styles. Stories." die Interpunktion. Im. Titel. Wichtiger. Ist. Als jegliche Form des Erkenntnisgewinns. Warum flüchten manche Stars förmlich vor ihren Fans, haben sich zwei Redakteurinnen gefragt, sind mit einem Justin-Bieber-Double vors Brandenburger Tor gezogen und haben den Jungen dort Selfies mit freundlich-zivilisierten Teenagern schießen lassen, um hinterher zu bilanzieren: "Justin Bieber ist auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut." (Obwohl: Mit Bestimmtheit lässt sich's nicht sagen, der echte war ja nicht abkömmlich, wahrscheinlich wegen Skat-Abend bei Guido Maria Kretschmer.)

Weitere Hammer aus der Promi-Parallelwelt: Sophie Meis droht von Sophia Thomalla verdrängt zu werden (fragen Sie nicht, wo jetzt genau); Desirée Nick ist kein Urlaubstyp; "Der angesagteste Trend [bei den Hollywood-Stars] im Moment ist das Trampolinspringen"; und Palina Rojinski steht auf den "perfekten Oktoberfestzopf", wobei diese Information bei mir womöglich aus der zwischenzeitlichen Haarshampoo-Werbung hängengeblieben ist, für die sich Rojinski hoffentlich sehr, sehr, sehr gut bezahlen lässt, um ihren Kindern später erklären zu können, warum die Mama damals öffentlich unter dem Spruch "O'Zopft is" in die Kamera gegrinst hat.

Dass die Zeit zwischen den Werbepausen nicht als "Dauerwerbesendung" gekennzeichnet worden ist, braucht in fünf bis acht Jahren nicht einmal die Landesmedienanstalten zu beschäftigen; es ließe sich eh nicht so genau beziffern, wer hier eigentlich wen mehr zur Eigenwerbung benutzt hat. "Einschalten lohnt sich", lügt die "InTouch"-Redaktion auf einer Doppelseite im aktuellen Heft, musste dann jedoch zur TV-Premiere erdulden, wie sich die Promi-Reporterkonkurrenz von den "RTL II News" mitten in ihre Sendung schaltete, um "InTouch"-Chefredakteur Tim Affeld zu referieren, was es eigentlich für tolle neue Shows bei RTL II gibt: "Schaun wir doch einfach mal rein!"

InTouch – Stars. Styles. Stories.© Screenshot RTL II

Ein von der eigenen News-Moderatorin vorgetragener Programmtrailer in der Werbesendung für das Magazin, das im Verlag erscheint, der mit 31,5 Prozent am Sender beteiligt ist, auf dem der ganze Kokolores läuft – dieses Kunststück macht RTL II definitiv so schnell keiner nach.

"Ja, Chef, und was wird jetzt Titel?", fragte Chefreporter May, im Schmuddelhoodie-Look völlig unbeeindruckt von seinen eigenen Beauty-OP-Recherchen, zum Schluss. Und Affeld antwortete entschieden: "Ich würd mich da noch nicht festlegen wollen." Wie heißt's so schön? Print wirkt. In diesem Fall (und im Fernsehen) halt nur leider: einschläfernd.

(Und wenn's das nächste Mal wieder nicht klappt mit dem Wunsch-Interviewpartner: Sagt doch was, liebe Kollegen. Der Guido und ich, wir kennen uns schon ewig!)