"Ich habe die Privatsphäre immer sehr geschätzt", sagt Dana Schweiger gleich zu Beginn der Sendung. Dass sie zusammen mit fünf weiteren prominenten Mamas dennoch eine Ausnahme gemacht hat und das Fernsehen zu sich nach Hause kommen ließ, um sich in ihrem Familienalltag zu filmen, spricht zunächst mal für den guten Ruf, den sich Vox in den vergangenen Jahren erarbeitet hat. Man traut dem Sender nach "Sing meinen Song" oder dem "Club der roten Bänder" offensichtlich zu, sich auch intimsten Momenten respektvoll zu nähern – auch wenn man als Zuschauer sehr wohl erahnen kann, dass im Vorfeld der Dreharbeiten zu "6 Mütter" so manch harte Nuss geknackt werden musste.

Die Beharrlichkeit der Macher von Vox und Endemol Shine hat sich allerdings ausgezahlt, denn herausgekommen ist ein ganz wunderbares und warmherziges Format, das von heute Abend an auf gleich mehreren Ebenen mit Regeln bricht, die sich das Fernsehen irgendwann einmal aus unerfindlichen Gründen auferlegt hat. Das fängt schon damit an, dass am Ende der Staffel keine "Super-Mutti" gekürt wird, die über den Dingen schwebt. Der besondere Kniff ist ein anderer: Nicht nur die Zuschauer können die Mutter-Kind-Beziehung der Prominenten erleben, sondern auch sie selbst, weil sie sich all die gedrehten Einspieler gemeinsam mit den anderen Mamas ansehen und daher sehr schnell ins Gespräch kommen.

Auf diese Weise gewährt die Doku-Reihe, die auf dem erfolgreichen israelischen Format "Mothers" beruht, sehr viele sehr persönliche Einblicke in das Leben der Frauen, bei denen es sich glücklicherweise nicht um jene "üblichen Verdächtigen" handelt, von denen man auch sonst schon mehr erfährt als einem lieb ist. Die schillerndste der sechs Mütter ist gewiss Ute Lemper. Einst kehrte sie ihrer Heimat Deutschland den Rücken und avancierte in den USA zum Weltstar, wo sie heute ein erstaunlich unprätentiöses Leben führt. Gezeigt wird sie nicht etwa auf der großen Bühne, sondern im Bett mit ihren beiden Söhnen, die sie sehr spät bekommen hat.

"Bei uns wird geknuddelt und geknutscht", sagt sie und erzählt freimütig, dass ihr Jonas noch immer im Bett der Eltern schläft und auch Julian häufig unter der Decke schlüpft. "Wie süß ist das, seine kleine Hand zu halten und damit einzuschlafen. Es gibt doch nichts schöneres", schwärmt Lemper und ist später, beim Betrachten der Szenen im Kreis der übrigen Mamas, von sich selbst ganz überrascht. "Ich war so lässig in dem Interview. Wie auf Valium", wundert sie sich. Ihre Bemerkung erklärt ganz gut die Magie, die von "6 Mütter" ausgeht: Es ist Vox gelungen, eine Nähe aufzubauen, die selten ist für ein Doku-Format – erst recht, wenn darin Prominente im Mittelpunkt spielen.

"I think that was a lie."

Am schwächsten ist die Sendung ausgerechnet ganz zu Beginn, als sich Dana Schweiger mit ihrer Tochter Emma beim Zubereiten des Abendessens über Vor- und Nachteile von Dreharbeiten in den Sommerferien unterhält. Glücklicherweise gewährt die Ex-Frau von Til Schweiger im weiteren Verlauf der Folge dann doch noch echte Einblicke in ihre Gefühlswelt und die Herausforderungen, die es mit sich bringt, wenn der Mann plötzlich weg ist, aber die vier Kinder bleiben. "Wenn ich noch einmal von vorne anfängen könnte, würde ich alles genauso machen", sagt sie, schmunzelt, blickt nach oben und ergänzt: "I think that was a lie."

Dana Schweiger© Vox

Und doch wirkt sie zufrieden - auch, weil sie sonst nicht diese Kinder hätte, die sie so liebt. "Also nehme ich den anderen Scheiß in Kauf", erzählt Schweiger lachend, nachdem man sie freudig schaukelnd mit ihrer Tochter sieht, während im Hintergrund herzerwärmende Klaviertöne zu hören sind. Natürlich ist die Sendung mitunter ziemlich gefühlsduselig. Ihre große Stärke ist es aber, dass sich die Mütter ernsthaft auf sie einlassen und dadurch einen mehr oder weniger unverstellten Blick in ihre Gefühlswelten freigeben. So wie die Speerwerferin Christina Obergföll, der es sichtlich zu schaffen machte, dass ihr Sohn lange Zeit nur das Wort "Papa" kannte – ohne Zweifel eine Situation, in die sich sicher viele Eltern hineinversetzen können.

Das krasse Kontrastprogramm zur geerdeten Welt der Weltmeisterin von 2013 liefert dagegen die Schauspielerin Wilma Elles, die in der Türkei ein echter Superstar ist und ihre Zwillinge selbst dann nicht aus den Augen lassen will, wenn sie gar nicht mit dabei sind. Und so sieht man Elles, wie sie die Überwachungskameras in ihrer Wohnung mit Blick über den Bosporus penibel positioniert, um genau verfolgen zu können, was ihre beiden Kindermädchen während ihrer Abwesenheit anstellen. "Auf Zwillinge kann man nur mit zwei Personen aufpassen", sagt sie und erntet in der Runde der Mütter so manch skeptischen Blick. Doch auch Elles wird sich im Laufe der Staffel noch deutlich bodenständiger geben als in diesen Szenen.

"6 Mütter" ist kein Format, das man sucht. Das Format will entdeckt werden. Überwiegend leise erzählt, setzt es sich ab vom gewohnten Dokusoap-Einerlei – nicht zuletzt, weil es komplett ohne einen Sprecher auskommt, sondern den Zuschauer von Beginn an die Perspektive der Frauen einnehmen lässt. "Das ist das privateste, das ich je gezeigt habe", gibt die hochschwangere Schauspielerin Nina Bott während der Dreharbeiten zu, und wer sich auf die Sendung einlässt, kann keinen Zweifel an ihrer Aussage haben. Wie gut, dass "6 Mütter" zu keinem Zeitpunkt dem verlockenden Ruf des Voyeuristischen erliegt.

Vox zeigt "6 Mütter" dienstags um 21:45 Uhr.