Beim Setbesuch im Juni an der französischen Atlantikküste bemühten sich noch alle Beteiligten darum, einen naheliegenden Eindruck zu vermeiden: Man wolle bei „Deutsch-Les-Landes“ nicht zu tief in die Klischee-Kisten greifen. Die Geschichte einer Münchener Firma, die aufgrund einer Laune ihres Inhabers kurzerhand in ein südfranzösisches Dorf umzieht, bietet schließlich eine Steilvorlage dafür. Unglücklicherweise muss man jetzt, wo die zehn halbstündigen Folgen der Serie seit 1. November bei Magenta TV vorliegen, sagen, dass die Vorlage verwandelt wurde - zum bedauerlichen Eigentor.



„Deutsch-Les-Landes“ ist die erste Koproduktion der Deutschen Telekom für ihr neues TV-Produkt. Einst angekündigt als „Germanized“ firmiert die Serie nun unter dem vom Partner Amazon, der die Serie außerhalb Deutschlands zeigt, gewählten Titel. Gedreht wurde in Frankreich, in Zusammenarbeit von Bavaria Fiction und Telfrance. Der Cast - halb deutsch, halb französisch. Regie führten der Franzose Dennis Dercourt sowie seine deutsche Kollegin Annette Ernst nach Büchern von Thomas Rogel, Alexandre Charlot und Franck Magnier. Rogel hat sich als Comedyautor u.a. für die „heute show“ einen Namen gemacht, Charlot und Magnier schrieben den französischen Kinohit „Willkommen bei den Sch’tis“.

Finanznot treibt die von Marie-Anne Chazel gespielte Martine, Bürgermeisterin im südfranzösischen Jiscalosse, dazu, einen Teil der Gemeinde an den zufällig im Ort abstürzenden, deutschen Unternehmer Gerhard Jäger (Rufus Beck) zu verkaufen, der dann in einer seiner Launen seinen Mitarbeitern in München per Videoschalte den Umzug der Firma nach Südfrankreich verkündet. Das zu organisieren ist Aufgabe von Manfred, COO des Unternehmens, Hobby-Nudist und alleinerziehender Vater eines Teeanger-Sohns - routiniert gut gespielt von Christoph Maria Herbst. Der Sohn und zahlreiche Kolleginnen und Kollegen machen sich mehr skeptisch als begeistert auf nach Jiscalosse. Der deutsche Nörgler in Person, Chefkontroller Karsten, wird unausstehlich (gut) verkörpert von Sebastian Schwarz.

Leider weiß „Deutsch-Les-Landes“ in vielerlei Hinsicht nicht, was es sein will. Da mischt sich französische Komödie im Slapstick-Stil mit deutschem Humor der trockeneren Art, den Christoph Maria Herbst und Sebastian Schwarz gut bedienen können. Aber als wäre die Kombination zweier Comedy-Stile nicht schon genug, versucht sich „Deutsch-Les-Landes“ trotz halbstündiger Episodenlänge noch an ein bisschen Tiefe und Drama. Das ist schon in der Theorie überambitioniert und in der Praxis zeigt sich: Es rettet nichts und verhindert sogar, dass die platten, aber flotten Gags wenigstens für sich wirken könnten. Dann wäre „Deutsch-Les-Landes“ zwar auch nicht anspruchsvoller, aber vielleicht kurzweiliger. Denn für eine Comedy lacht man doch recht selten.

Und das Desaster hätte man kommen sehen können, denn schon die ersten Minuten der ersten Folge dürften manche Zuschauer abschrecken. Wann immer der französische Cast Szenen unter sich spielt, ist das von der französischem Slapstick, Gestik und Hektik geprägt wie man es einst schon von Louis de Funès kannte. Christoph Maria Herbst umschrieb es am Set so: „Deutsche Schauspieler neigen dazu, Szenen durchdenken und dramaturgisch zu erfassen. Die französischen Kollegen spielen einfach los, sie emotionalisieren stärker und erzählen die Geschichte mit ihrem ganzen Körper.“

Das Schlimme daran: Bei „Deutsch-Les-Landes“ wird das in Zeiten, in denen sich Serienfans immer häufiger auch mal auf Untertitel einlassen, leider komplett in deutsch sychronisiert, was alles ruiniert. Deutsch und Französisch - es gibt wenige Sprachen, die so wenig lippensychron sind. So wirkt ausgerechnet der Anfang von „Deutsch-Les-Landes“ besonders altbacken, wie Fernsehen vor Jahrzehnten, und das Dilemma zieht sich auch durch spätere Folgen: Es ist gänzlich sinnfrei, wenn wir dank Synchronisation deutschsprechenden Franzosen dabei zuschauen, wie sie deutsch lernen, um sich mit den Deutschen im Ort zu verständigen.

„Deutsch-Les-Landes“ hat seine guten Momente, viele davon später, wenn sich die naheliegenden Klischee-Gags erschöpft haben. Es darf aber angezweifelt werden, ob viele Zuschauerinnen und Zuschauer überhaupt so weit kommen. Dafür wirkt die erste Telekom-Koproduktion zu unausgegoren und aus der Zeit gefallen. Man fühlt sich an die frühen europäischen Koproduktionen erinnert, die aus heutiger Sicht gerne als Euro-Pudding bezeichnet werden: Nur weil die Zutaten und beteiligten Talente unbestritten sind, muss das zusammengemixte Ergebnis noch lange nicht munden. Und wer Christoph Maria Herbst glänzen sehen will, sollte ins Kino gehen: Dort überzeugt er gerade in „Der Vorname“, einer insgesamt schlüssigeren Produktion.