Beinahe jeden Tag kann man etwas über eine neue Serie lesen, die in Auftrag gegeben wurde, oder über eine nunmehr neunte Staffel einer Produktion, die ihren Zenit längst überschritten hat. Sowohl bei den Streamingdiensten als auch im linearen Fernsehen ist serieller Content gefragt und präsent wie nie. Dementsprechend hat sich der ARD-Spartensender One überlegt, ebene jenen medialen Überfluss zu kommentieren. Mit "Seriös – Das Serienquartett" versammeln Kurt Krömer und Annie Hoffmann nun die Drehbuchautoren Ralf Husmann ("Stromberg") und Annette Hess ("Weissensee") um sich und besprechen ab dem 27. September immer am letzten Freitag im Monat den Serienstoff, den sie im Moment für außerordentlich gut befinden.

"Seriös" hätte also ebenfalls leicht als Podcast realisiert werden, vor allem in Anbetracht des derzeitigen Hypes - und da gibt es ja bereits einige Vertreter wie etwa "Bada Binge" von den Rocket Beans oder "Cinema Strikes Back" von funk. Doch warum ein solches Format nicht dort stattfinden lassen, wo man auch die Serien sieht: Auf dem Fernsehbildschirm. Die Kölner Produktionsfirma eitelsonnenschein hat sich beim visuellen Auftritt für einen gemütlichen Wohnerzimmerlook entschieden, der durch die Weite des Raumes jedoch den Wert einer Fernsehsendung ausstrahlt, die sich vor jeglichen anderen Talk-Sendungen nicht zu verstecken braucht. Auch nicht vor der klaren Inspirationsquelle "Das Literarische Quartett".

Tatsächlich ist "Seriös" nicht nur die erste Serien-Talk-Show im Fernsehen, sondern vom Start weg direkt das "Anne Will" des Genres. Das liegt vor allem an der hervorragenden Besetzung, die zusammengetrommelt wurde: Während Krömer zwar alle Serien dieser Welt gesehen zu haben scheint, kann er sich aber kaum Namen merken oder die handwerklichen Begebenheiten hinter manch einer Szene erklären. Hess kommt als dauer-nörgelnde Expertin anfangs zugegebenermaßen etwas anstrengend rüber, kann dies mit hilfreichen Einblicken in ihr Autorenhirn jedoch leicht ausgleichen. Moderatorin Hoffmann und Schreiber Husmann wirken passenderweise wie die Yangs zu Hess und Krömers Yins und runden damit eine Gesprächsrunde ab, die kaum professioneller, intelligenter und alberner über das Thema Serien sprechen könnte. 

So wird in einem Moment über das verkorkste "Game of Thrones"-Finale hergezogen, das wie die "Lindenstraße mit Ratten" daherkommmt, während im nächsten Gesprächsthema "Babylon Berlin" zerpflückt wird, auch wenn sich das deutsche Autoren offenkundig kaum im Öffentlich-Rechtlichen erlauben dürften. Und auch die Kollegen von Sky bekommen ihr Fett weg: "Wie lange brauchst du, um Sky Ticket in Gang zu bekommen?", fragt Krömer seine Sitznachbarin Hess: "Morgens sollte es gestartet werden, wenn ich abends schauen möchte." 

Hinzu kommen nette Anekdoten, wie Husmanns kurzer Ausflug zu "Stromberg" beweist. Seine Kollegin Hess konnte die Serie "Derek" nur präsentieren, weil sie Ricky Gervais durch Husmann einst entdeckt hatte. Husmann hat jedoch gar nicht den allzu besten Draht zu Gervais, da es durch die Originalversion von "The Office" zu rechtlichen Schritten gegen "Stromberg" gekommen war. Husmann geht anschließend allerdings leider nicht näher auf das Thema ein.

So wie auch die Kabbeleien unter den vier Talk-Hosts nie ganz ausgelebt werden. Hier und da herscht zwar Unverständnis und auch halbironische Drohungen gen Social-Media-Entfernung werden ausgesprochen. Doch im Ganzen wirken Krömer und Co. wie langjährige Freunde, denen es schlicht Spaß macht, über eine gemeinsame Leidenschaft sprechen zu können. Während in vielen Talk-Shows stets eine gewisse professionelle Distanz zu spüren ist, beweist "Seriös", dass erstklassiger Inhalt auch mit flapsigen Seitenhieben gemixt werden kann. Die Einzigen, die beim "Serienquartett" nicht reinschauen sollten, sind diejenigen, die Angst vor Spoilern haben. 

"Seriös" ist ab sofort jeden letzten Freitag im Monat um 21 Uhr auf One zu sehen.