Zehn Jahre nach seiner letzten Gesprächssendung im ZDF moderiert Johannes B. Kerner wieder eine klassische Talksendung. Bei MagentaTV präsentiert er ab sofort in loser Reihenfolge die "Bestbesetzung", produziert von Streamwork. Darin trifft Kerner auf Persönlichkeiten aus der ganzen Welt und spricht mit ihnen über ihr Leben und ihre Karriere. Zum Start war Liverpool-Coach Jürgen Klopp zu Gast. Der gewann in der letzten Saison die Champions League und wurde gerade zum Welttrainer des Jahres gewählt. 

Bei der Ankündigung des Formats hatte man bei der Telekom mächtig auf den Putz gehauen. "Johannes B. Kerner trifft seine Gäste an deren Wunsch-Ort. Plätze, mit denen sie individuelle Eindrücke und Erlebnisse verbinden. So entsteht eine ganz besondere Atmosphäre, die tiefe und authentische Einblicke in das Leben der Stars ermöglicht. Die Zuschauer können sich auf intensive Gespräche und berührende Momente freuen", hieß es damals vom Unternehmen. Nach Ansicht der ersten Ausgabe lässt sich festhalten: Das war zu hoch gegriffen. 

Es wird zwar immer auf den jeweiligen Gast ankommen, ganz so besonders war das Gespräch mit Klopp dann aber nicht. Der Liverpool-Trainer hatte sich zwar das Stadion seines derzeitigen Vereins als Ort des Interviews ausgesucht, das spielte während des Gesprächs aber nur kurz eine Rolle. Kerner wollte ganz zu Beginn des Interviews wissen, ob der Ort auch ohne die mehr als 50.000 Zuschauer ein besonderer für ihn sei. Kurz darauf geht es auch schon darum, ob sich Klopp überhaupt unerkannt durch die Stadt bewegen kann (Spoiler: kann er nicht). 

Dass nicht wirklich Gänsehaut-Feeling aufkommen will, liegt auch an den Gesprächsthemen. Die sind nicht unspannend, es geht nur eben nicht so viel um Fußball, wie man das vielleicht hätte erwarten können. "Ich bin überrascht, dass ich kein kompletter Volltrottel geworden bin", sagt Klopp und erklärt: Er sei der Jüngste in der Familie gewesen und habe immer nur gewusst wo die Küche ist, als von dort der Geruch des Essens kam. Zuhause sei ihm immer alles abgenommen worden. 

Klopp kann aber auch durchaus ernst. Das merkt man spätestens dann, als es um das Thema Populisten geht. Kerner und Klopp unterhalten sich über Boris Johnson, den Brexit, Donald Trump, die Flüchtlingskrise und Angela Merkel. Klopp spricht auch darüber, weshalb er nicht gerne über seine Meinung zum Brexit spricht: Er fühlt sich oft einfach nicht gut genug informiert, um wirklich fundiert diskutieren zu können. Jeder kenne gewisse Überschriften in den Medien, aber nur selten die echte Geschichte dahinter. Zu anderen Dingen hat Klopp sehr wohl eine eindeutige Meinung: Angela Merkel etwa hält er für eine gute Politikerin, die Deutschland voran gebracht hat. "Dass gerade eine ganze Generation laut wird, ist die beste Nachricht überhaupt", sagt er außerdem über die Freitagsdemos von Schülern und Studenten. 

Als Kerner Klopp fragt, ob er seine Fähigkeiten nach der Karriere im Fußball vielleicht auch mal in einem Unternehmen einsetzen will, fängt der an zu lachen. "Genau. Und dann komme ich da jeden morgen rein und sage: So Leute! Arschbacken zusammen, jetzt geht’s los!". Nein, darauf hat Klopp keine Lust. Außer dem Fußball könne er "wirklich nichts", sagt er. Mit einem Augenzwinkern hält er sich aber die Option offen, künftig (wieder) als TV-Experte zu arbeiten ("Die Leute, die da stehen, sehen immer so aus als würden sie gerade aus dem Urlaub kommen").

Doppelte "Bestbesetzung" zum Auftakt

Wirklich spannend wird es, als Klopp von Franz Beckenbauer erzählt und der Tatsache, dass sie beide regelmäßig Kontakt haben. Als Kerner nachfragt, ob dieser ihm nach den vielen Schlagzeilen rund um finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der WM 2006 Leid tue, nimmt er den Weltmeister von 1974 in Schutz und zeigt sich überzeugt von dessen Unschuld. 

"Bestbesetzung" ist kein Must-See-TV. Doch für alle, die an den jeweiligen Gästen Interesse finden, sicherlich eine gut investierte Stunde. Das liegt auch an Johannes B. Kerner, der in lockerer Atmosphäre ein Interview führt, statt pseudo-investigativ nachzuhaken. Der Moderator nimmt sich nicht zu wichtig und gibt sich angenehm unaufgeregt, was sich auch auf die Gäste übertragen wird. Im Fall von Klopp ist das gar nicht nötig gewesen, der ist sowieso die Lockerheit in Person. In diesem Sinne war es gleich eine doppelte "Bestbesetzung".