Normalerweise spielt Mario Barth für RTL dem Dauer-Empörten und regt sich in seinen Sendungen wahlweise über Steuerverschwendungen oder vermeintlich seriöse Studien und Statistiken auf. Insofern war es schon eine Überraschung, als RTL ankündigte, mit "Hundeprofi" Martin Rütter das Format "Achtung, Vorschrift!" machen zu wollen. Weil Sat.1 mit "Vorschrift ist Vorschrift" aber ein ziemlich ähnliches Format ankündigte und auch früher auf Sendung brachte, taufte man bei RTL das eigene Format lieber noch einmal um und nannte es "Rütter reicht’s!". 

Dankenswerterweise unterscheiden sich die beiden Sendungen nicht nur im Namen und der Moderation, "Vorschrift ist Vorschrift" wird von Frank Rosin moderiert, auch inhaltlich gibt es Unterschiede. Während das Sat.1-Format als offizielle Adaption der österreichischen Sendung "Vurschrift is Vurschrift" als eine Art "Genial daneben" mit Einspielfilmen daherkommt, ist das neue Format mit Martin Rütter nicht ganz so steif an das Comedy-Panel, das unbedingt eine Frage möglichst lustig erraten muss, gebunden. 

Auch bei "Rütter reicht’s!" geht es aber um besonders irrsinnige Fällte von Behörden-Wahnsinn, wie ihn jeder wohl schon einmal erlebt hat. Und auch hier begrüßt Rütter einige bekannte Gesichter, die mit den Zuschauern absurde Geschichten teilen und Anekdoten erzählen. In der ersten von zwei Ausgaben im Studio zu Gast waren Mirja Boes, Michael Kessler, Detlef Steves, Steffen Hallaschka und, das unterscheidet das Format wesentlich von dem in Sat.1, Dr. Alexander Stevens. Letzterer ist Anwalt und soll einen objektiven Blick auf die Fälle geben, das klappt auch immer ganz gut. 

Wenn sich also wieder mal alle im Studio echauffieren, wie Behörden Menschen bestrafen können, obwohl diese scheinbar doch gar nichts dafür können, rückt er die Dinge das ein oder andere Mal zurecht. Das ist auch der Anspruch der Sendung: Es soll zwar witzig sein, aber nicht so populistisch wie etwa "Mario Barth deckt auf". Man wolle nicht nur nörgeln, sondern immer beide Seiten hören und auch Lösungen aufzeigen, erklärt Rütter zum Start in die Sendung. Das gelingt zwar nicht immer, aber "Rütter reicht’s!" kommt weniger aufgeregt daher als vergleichbare Formate. 

Laute Kühe und Hunde-Führerscheine

"Sie werden sich jetzt sicher fragen: ‘Was macht dieser Hundetyp eigentlich in meinem RTL?’", sagt Rütter zu Beginn der Sendung. Diese Frage stellt sich tatsächlich, doch Brainpool als zuständige Produktionsfirma hat das clever gelöst und stellt am Anfang direkt einen Fall vor, in dem Rütter selbst betroffen ist. So wurde der "Hundeprofi" (!) von der Stadt Bergheim dazu verdonnert, einen Hunde-Führerschein zu machen. Das ist nicht nur deshalb absurd, weil Rütter eben bundesweit als "Hundeprofi" bekannt ist, er agiert auch vor Gericht als Sachverständiger für Hunde. "Gleiches Recht für alle", könnte man denken. So richtig sehenswert wird "Rütter reicht's!" aber gerade dann, als der "Hundeprofi" den vermeintlichen Expertentest für Hunde-Besitzer auseinandernimmt, weil er vor Fehlern strotzt. 

In weiteren Einspielfilmen werden noch andere Fälle Besprochen. Etwa der von Kühen, die aus Sicht von Nachbarn aufgrund ihrer Glocken zu laut sind oder der einer Frau, die einer Stadt netterweise Strom für eine Ampel zur Verfügung stellte und später angezeigt wurde, weil eben diese Ampel ausfiel. Die Promis dürfen im Studio meist ihren Unmut zu Protokoll geben, ganz so steif, wie sich das anhört, ist es aber nicht. Da begrüßt Rütter zum Beispiel auch eine Betroffene im Studio und plaudert mit ihr über den aktuellen Stand von Ampel-Gate, oder die Promis müssen erraten, was lauter ist: Ein Feuerwerk oder eine Heckenschere? Natürlich folgt postwendend der Praxistest im Studio. 

Rütter macht das bessere "Vorschrift ist Vorschrift"

Als sich schließlich in einer kurzen Diskussion über bisherige Fehltritte der Promis herausstellt, dass alle Anwesenden (selbst Steffen Hallaschka!) schon einmal ihren Führerschein abgeben mussten, platzt es aus dem Hundeprofi heraus: "Ich hab mir hier Kriminelle eingeladen!".

Generell reklamiert man in "Rütter reicht’s!" den "gesunden Menschenverstand" für sich. Da ist es dann aber eben auch nicht richtig, sich einmal über Lärm durch Kuhglocken lustig zu machen und andererseits das nächtliche Hupen von ICE-Zügen ganz anders zu bewerten. Im direkten Vergleich mit "Vorschrift ist Vorschrift" ist "Rütter reicht’s!" das angenehmere Format, weil nicht auf Teufel komm raus Witze gemacht werden müssen und durch den Anwalt etwas mehr Ernsthaftigkeit in der Sendung steckt. 

RTL zeigt am 11. Dezember um 20:15 Uhr eine weitere Ausgabe von "Rütter reicht’s!".