Nach 15 Jahren, zehn Staffeln und offiziell 99 Episoden ist „Pastewka“ beendet. Anders als bei einer linearen Ausstrahlung ist das Ende bei einem Streamingdienst natürlich relativ. Jeder schaut schließlich in eigener Geschwindigkeit. Deswegen sei über die zehnte Staffel, insbesondere über die letzte Folge, nicht viel verraten. So gerne man sich darüber austauschen würde. Nur so viel sei gesagt: Nach zwei eher experimentellen Staffeln kehrt „Pastewka“ zum Finale zurück zu Mechanik, Dynamik und Running Gags früherer Jahre, maßgeblich geprägt durch das Verhältnis zwischen Anne und Bastian. Und wie Pastewka es selbst sagt: „Ein bisschen Erbe der Guldenburgs wehte durch unsere letzte Folge.“



Und dann läuft er, der Abspann mit einem Dank für die „unglaubliche gemeinsame Reise“ und alles ist vorbei (sagen zumindest alle Beteiligten derzeit). Selten fiel der Abschied von einer deutschen Serie so schwer wie bei „Pastewka“. Selten war eine Serie so lange on air und versammelte dabei so viel Fernsehprominenz vor der Kamera. In einigen Wochen werden „Lindenstraßen“-Fans vermutlich das Gleiche sagen können. Doch während die ARD-Weekly immer Spiegelbild aktueller gesellschaftlicher Themen war und damit besonders im Moment funktionierte, hat „Pastewka“ eine zeitlose Qualität, so dass man sie gerne als Sammleredition ins Regal stellen würde, würde man nicht heutzutage digital streamen.

Außerdem zeichnet die Comedyserie aus dem Hause Brainpool inhaltlich und durch ihre Existenz den Wandel der Branche nach: „Pastewka“ begann einst auf der Höhe des Erfolges von Sat.1, litt in den folgenden Jahren mit dem Sender sowie Sendeplätzen und wurde nach einiger Pause zu einer der ersten Auftragsproduktionen bei Prime Video, auch weil Deutschland-Chef Christoph Schneider bewiesenermaßen Fan der Serie war. Auch deshalb gibt es nach dem Ende doch noch ein Extra: „Der letzte Trip“ ist sozusagen die 100. Folge, eine Dokumentation zur Serie in der Bastian Pastewka als Bastian Pastewka noch einmal in den roten Saab steigt.

Autos sind dem privaten Bastian Pastewka völlig egal, lernen wir dabei auch gleich. Aber die Fans hätten den Saab ins Herz geschlossen. In einer Mischung aus Roadtrip mit Weggefährten, die zum kurzen Gespräch ins Auto steigen, Szenen rund um die letzten Drehtage und Bastian Pastewka, der manche Geheimnisse der Serie ausplaudert, ist das natürlich sehr selbstreferentiell,  aber was ist das schon nicht bei einer Serie in der der Hauptdarsteller eine fiktionale Version seiner selbst spielt.

„War unsere Serie Kunst für Euch?“ will Matthias Matschke, der Pastewka Bruder spielte, wissen „Ich halte das nicht für Kunst“, sinniert Pastewka. Es sei einfach Unterhaltung. „Ich halte es aber auch nicht für Gebrauchsfernsehen“, schiebt er hinter her. Sie sprechen darüber wie anders die Serie, die mal Comedy über die Branche aber immer auch eine Familiengeschichte sein wollte, nun wirklich war. „Ich hatte immer den Eindruck, dass das so familienlastig ist, das war am Anfang vielleicht gar nicht klar. Ich nenne es mal das Simpsons-Prinzip. Du hast so so starke Figuren, aber die können alles erleben letzten Endes“, so Matschke.

„Die Sitcom Pastewka hat das Genre Sitcom nicht neu erfunden“, bilanziert Pastewka in der knapp 50 minütigen Dokumentation. „Die Geschichten sind manchmal sehr simpel. Viele sagen, ‚Eure Geschichten sind gar nicht so gut, aber man guckt Euch trotzdem gerne zu‘. Das ist für mich das größte Lob. Nicht ihr seid die lustigsten oder die besten. Das ist alles Quatsch. Das ist genau der Trick: Dass wir uns mit der eigenen Begeisterung an der Sache uns gegenseitig ein bisschen hochjazzen und dass man uns deswegen so gerne zuschaut.“

Pastewka trifft u.a. Hugo-Egon Balder („Alles Gute, auch beruflich“) und seine Managerin in der Serie gespielt von Sabine Vitua („Ich bin der festen Überzeugung, dass Regine ein Mann ist.“). Über seine fiktive Managerin sagt Pastewka: „Sie lebte in einer völlig anderen Welt und managte ein Künstlerleben, wie man es vor 20 Jahren gemacht hat.“ „Alle haben immer so gute Laune, da wär es doch schön, wenn sie ein bisschen übellaunig ist. Irgendwie ist aus der Pampigkeit etwas entstanden, so dass sie entweder Durst hat - oder nen Kater“, entgegnet seine Schauspielkollegin.

Michael Kessler bekommt auf Pastewkas letztem Trip den Pinocchio-Eisbecher geschenkt, den Fans der Serie noch in Erinnerung haben dürften. Diverse Kolleginnen und Kollegen schicken Grüße und erinnern sich an ihre Rollen in der Serie. In einer besonders in der TV-Branche sehr legendären Folge aus der 2. Staffel, die Sat.1 seinerzeit gar nicht wiederholen durfte, spielte Carolin Kebekus eine Prostituierte. Damals noch unbekannte Nebenrolle, heute selbst erfolgreich. Ihr Kommentar heute: „So, war das jetzt ein Türöffner- oder ein verschließer?“ Annette Frier gibt zum Serien-Aus zu Protokoll: „Ist vielleicht auch besser für alle, dass er freiwillig aufhört. Er ist ja bald auch zu alt für die Rolle.“

Natürlich kommt auch Anne, gespielt von Sonsee Neu zu Wort: „Ich möchte am liebsten jetzt auch meine Karriere aufhören mit diesem Dreh. Das ist wie so ein Präzedenzfall. Ich glaube nicht, dass man so etwas nochmal erleben darf.“ In diese Melancholie stimmen fast alle Beteiligten ein. Auf besondere Art und Weise Kim alias Christina do Rego. "Dadurch, dass ich so jung war als wir angefangen haben und ich jetzt mit den ganzen Heiopeis erwachsen geworden bin, ist es für mich mit die prägendste Zeit gewesen.“ „Mit Kim hat die Serie angefangen, mit Kim hört sie wieder auf.“ Und nach ihrem letzten Dreh sagt sie, bevor die Tränen kommen: „Ich fühle mich so, als würde ich nochmal von zuhause ausziehen.“

Was Frau Bruck a.k.a. Bettina Lamprecht, Anke Engelke und Dietrich Hollinderbäumer („Ich bleibe dein Papa“) zu sagen haben und was zum Teufel eigentlich John Cleese in dieser Doku macht, sei an dieser Stelle nicht verraten. Ein Blick in die außergewöhnliche Dokumentation einer nach anderthalb Jahrzehnten endenden deutschen Serie lohnt in jedem Fall. Auch weil „De Höhner“-Frontmann Henning Krautmacher allen Fans aus der Seele spricht, wenn er Pastewka mit auf den Weg gibt: „Denk dran, ne 11. Staffel wäre nicht falsch. Macht Howard Carpendale doch auch.“