Datingshows haben derzeit Hochkonjunktur – insbesondere beim RTL-Streamingdienst "TVNow", der Treue auf "Temptation Island" testet, "Prince Charming" verkuppelt oder neuerdings die Frage stellt: "Are You The One?". Der Konkurrent Joyn konnte da bislang nicht mithalten und fokussierte sich bei seinen Eigenproduktionen bislang vorwiegend auf fiktionale Formate wie die sehenswerten Comedys "Frau Jordan stellt gleich" oder "Check Check". Nun hat aber auch Joyn das Reality-Fach für sich entdeckt. Doch wenn man sich die neue Kuppelshow "M.O.M." so ansieht, dann hätte sich Joyn den Ausflug in den siebten Himmel auch ganz gut sparen können.

Gemessen an der erstaunlichen Viefalt, die das Fernsehen im Dating-Bereich mittlerweile zu bieten hat, kann der Neustart, hinter dem die Produktionsfirma Constantin Entertainment steht, kaum neue Akzente setzen, auch wenn sich die Macher zumindest redlich bemühten, einen anderen Ansatz zu finden. "M.O.M.", das muss man wissen, steht für "Milf oder Missy" – und zumindest "Milf" bezeichnet eigentlich etwas abschätzend eine ältere Frau. Oder eben eine "Mother I'd Like To Fuck". Anders als beim "Bachelor" geht es also nicht nur um alleinstehende Mädels, die gerade erst die Volljährigkeit vollendet haben.

Dazu passt, dass es in der Joyn-Show auch nicht nur einen Junggestellen gibt, sondern gleich zwei: Einmal den älteren Unternehmer Felix, der so reich ist, dass er schon mal ein Flugzeug mietet, um seine Dates bei einem Rundflug die Stadt von oben zu zeigen. Und den 27-jährigen Marko, der, so erzählt es der Off-Sprecher, ein "Traumtyp wie aus dem Bilderbuch" ist. "Das einzige, das er mir voraus hat, sind seine Jahre – mehr aber auch nicht", sagt der Junior über den Senior, mit dem er fortan um die Gunst der jeweils sieben "Milfs" und "Missys" buhlt.

Triste Kulisse statt schöner Bilder

Wer jedoch schöne Bilder und viel Romantik erwartet hat, wird enttäuscht. Die erste Folge besteht ausnahmslos aus einem Kennenlernen in den dunklen Räumlichkeiten eines Münchner Hotels. Wo andere Datingshows mit weißen Villen in traumhaft schönen Locations aufwarten können, findet die ersten Dates also bei "M.O.M." vor ziemlich trister Kulisse statt. Auch sonst wirkt alles wie eine abgespeckte Variante bekannter Formate. Dazu kommt, dass die beiden Männer vor der Kamera nur wenig Präsenz und Glanz versprühen. Wer da am Ende wen bekommt, scheint noch mehr egal zu sein als anderswo.

Bezeichnend ist folgender Dialog: "Du riechst auch so gut", lobt eine Kandidaten den Senior, woraufhin dieser kaum mehr als ein fragendes "Echt?" über die Lippen bekommt. Der Junior wiederum spricht nach Ansicht der potenziellen Herzdamen von einem "echt krassen Dating-Experiment" und sagt, dass "beide Parteien" – er meint die "Milfs" und "Missys" – extrem attraktiv und anziehend seien. Danach entschwindet er mit zwei von ihnen zum Backen kroatischer Pfannkuchen, während sein Kontrahent zur Weinverkostung lädt. Viel mehr passiert nicht.

Auch die zweite Folge macht nur bedingt Lust auf mehr. Dass die Frauen in den Schubladen der Männer wühlen dürfen (Überraschung, da sind ja Kondome!), besitzt allenfalls den Charme eines Nachmittags-Formats. Schmunzeln lässt sich höchstens über manch unfreiwillige Komik. "An Gabriela reizt mich das Geheime", verrät der Junior und spielt damit nicht etwa auf ihren Charakter an, sondern auf die Tatsache, dass sie Vegetarierin ist. Sein Fazit: "Man kann sich an sowas gewöhnen."

Eigentlich besäße "M.O.M. - Milf oder Missy" mit der Mischung aus Jung und Alt das Potenzial, sich spürbar von jenen Datingshows abzugrenzen, in denen es schwer fällt, die nach dem stets gleichen Muster gecasteten Protagonistinnen voneinander unterscheiden zu können. Doch leider wirkt die neue Joyn-Show bloß wie ein liebloser Klon. Da ist nichts zu spüren von Fantasie und Kreativität, ganz zu schweigen von Charme und Glamour. Alles plätschert vor sich hin und nichts von dem, was hier zu sehen ist, wird auch nur ansatzweise in Erinnerung bleiben. Die einzige gute Nachricht ist, dass Joyn kein Geld dafür verlangt. 

Ab sofort stehen zwei Folgen von "M.O.M - Milf oder Missy" bei Joyn zum Abruf bereit. Die weiteren Folgen erscheinen jeweils freitags.