In den vergangenen Monaten sind die Töne bereits schärfer geworden, nun ist es auch offiziell zum Bruch gekommen. Am Donnerstag ist bekanntgeworden, dass die AGF und Google ihre Zusammenarbeit nicht fortsetzen werden. Seit 2015 saß man zusammen am Tisch und verhandelte über eine Integration von Youtube in das AGF-System. Eine konvergente Reichweite sollte entstehen, durch die TV- und Youtube-Zahlen vergleichbar werden würden. Das ist ein Anliegen, das vor allem Werbungtreibende immer wieder fordern. Nun also der große Rückschlag. 

Dennoch ist nicht ganz klar, woran es nun tatsächlich lag und wer schuld an dem ganzen Dilemma hat. Die AGF sprach zunächst von einer Entscheidung beider Parteien. Kurz darauf konterte Google und erklärte, es sei eine Entscheidung der AGF gewesen und man bedauere den "Abbruch der Gespräche". Sehr wahrscheinlich ist ein Mix: Hier die schwerfällige AGF mit ihren Gesellschaftern, die zumindest mit ihren Mediatheken längst weit hinter Youtube liegen. Und auf der anderen Seite der vermeintliche Online-Star, der den lokalen Playern am liebsten seine eigenen Regeln aufdrücken würde. 

So sah es vor Jahren auch schon in Großbritannien aus - dort wiesen die Quotenermittler der BARB ein Angebot von Google zur Integration von Youtube zurück, weil sich der US-Konzern nicht den geltenden Standards beugen wollte. Das war offenbar auch in Deutschland so - nur hier verhandelte man fünf Jahre lang. Von Google heißt es, man habe der AGF auditierte Youtube-Daten geliefert und sich zudem auf einen Fahrplan verständigt, um die Bereitstellung der von der AGF geforderten Detaildaten verbindlich zu definieren.

Google liefert nicht

Doch die tatsächliche Bereitschaft von Google, die von der AGF geforderten Daten zu liefern, hielt sich offenbar in Grenzen. Schon in den vergangenen Monaten wurde der Ton rauer und einige Branchenvertreter kritisierten Google ganz offen. Die OWM etwa sprach von einer "Hinhaltetaktik". Klaus-Peter Schulz, Chef des Verbands der Mediaagenturen (OMG) sagt im März im Interview mit "Horizont", Google müsse Werbedaten an die AGF liefern - das tue der Konzern aber nicht. "Tatsächlich hat sich Google bei diesem Thema in den vergangenen Jahren sehr ambivalent verhalten", so Schulz damals. Für Google ist das Ende der Zusammenarbeit ein verschmerzbarer Verlust. Die Werbeeinnahmen sprudeln seit Jahren, es läuft beim US-Riesen. Der OMG-Chef sprach im März von einer "Brexit-Situation", in der man klare Signale setzen müsse. Das Ende der Zusammenarbeit ist nun erst einmal so ein Signal. Wie es aber weitergeht, ist unklar. 

Die AGF versprach am Donnerstag zwar, dass die Konvergenz-Messung "unverändert hohe Priorität" habe, das scheint aber nichts weiter als ein Lippenbekenntnis zu sein. Alles andere wäre schließlich das Eingeständnis, gescheitert zu sein. Große andere Partner, die die Konvergenz-Messung entscheidend vorantreiben könnten, sind derzeit jedenfalls nicht in Sicht. Und auch die AGF selbst hat sich in den letzten Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert, wenn es um die Zusammenarbeit mit Google ging. 

Eine Kommunikations-Katastrophe

Das fing schon 2015 an, als man von einem "Meilenstein" sprach und ankündigte, erste Ergebnisse solle es noch im gleichen Jahr geben. Daraus wurde nichts, erst 2019 gab es einen kleinen Einblick in die Daten (DWDL.de berichtete). Immer wieder stellte man bei der AGF einen Zeithorizont auf, in dem man Ergebnisse versprach - nur um die Branche dann doch wieder zu vertrösten. Es war vor allem die Kommunikation, die zu wünschen übrig ließ. Auch heute, die AGF hat längst eine andere Geschäftsführung und eine neue Pressesprecherin im Vergleich zu 2015, bleibt vieles im Unklaren. So wäre es doch jetzt mal an der Zeit, die Probleme klar zu benennen. Woran ist es aus Sicht der AGF gescheitert? Warum gibt es nach fünf Jahren so ein ernüchterndes Ergebnis? Statt Antworten zu liefern, verweist man bei der AGF lediglich auf eine Verschwiegenheitserklärung, die man mit Google abgeschlossen habe. Der US-Konzern interpretiert die recht eigenwillig und lässt es nun so aussehen, als sei es an der AGF gescheitert. So einfach kann es sich aber auch der Online-Riese nicht machen. 

Und dann ist da ja auch noch die Tatsache, dass es neben der AGF mit der AGOF ein weiteres Joint Industry Committee (JIC) gibt, das neben Online-Angeboten auch deren Bewegtbildangebote mitmisst. Forderungen, die JICs endlich zu reformieren und gegebenenfalls auch zusammenzulegen, gibt es seit Jahren. Es tut sich nur nichts. Daran sind die Gesellschafter schuld, bei der AGF die TV-Vermarkter und bei der AGOF die großen Online-Vermarkter. 

Letztlich stellt sich ohnehin die Frage, inwieweit der gesamte Bewegtbild-Bereich überhaupt in seiner ganzen Größe durch die AGF erfasst werden könnte. Selbst, wenn man mit Google und Youtube jetzt eine Einigung geschafft hätte. Was ist mit Netflix, Prime Video, DAZN oder auch Facebook? Während die klassischen Streamingplattformen meist keine Werbung verkaufen und sich das Interesse der Werbungtreibenden hier in Grenzen hält, sieht die Sache bei Facebook schon ganz anders aus. Dennoch macht es derzeit nicht den Eindruck, als würden die konvergenten Reichweiten über die verschiedenen Plattformen hinweg jemals Realität. Nicht heute, nicht vor fünf Jahren und auch nicht 2025.