Elf Monate Pause gönnte sich Jan Böhmermann, ehe er sich am Freitagabend zurückmeldete. Und was für ein Comeback das war: Alexander Gauland kam zu Wort, Jan Fleischhauer, der Anwalt von Donald Trump – ja sogar Vera Int-Veen, deren RTL-Show "Schwiegertochter gesucht" das "Neo Magazin Royale" einst auf köstliche Weise entlarvte. Innerhalb weniger Sekunden führte das Nachfolge-Format, das – Sendeplatz im lang ersehnten Hauptprogramm sei Dank – nun auf den Namen "ZDF Magazin Royale" hört, eindrucksvoll vor Augen, wen das Böhmermann-Team schon so alles ärgerte.

Die Messlatte für die Rückkehr hat man also selbst ziemlich hochgelegt. So gesehen konnte Böhmermanns Rückkehr eigentlich nur schiefgehen. Dass der Auftakt der auf eine gute halbe Stunde komprimierten Sendung jedoch derart fad daherkam, ist dann doch einigermaßend überraschend. Vielleicht liegt es an der falschen Erwartungshaltung: Eine Show nur zwei Tage nach der spannendsten US-Präsidentschaftswahl zu starten, aber nicht mit einem Satz darauf einzugehen, ist schwach. Und stattdessen Witze über Corona zu machen, wirkt ein bisschen too late to the party. 

Als Hauptthema nahm sich Böhmermann Verschwörungstheorien vor, was nicht überraschend ist, hatte sich der Satiriker doch vor einer Woche aufmerksamkeitswirksam einen Account bei Telegram ("das WhatsApp für Leute, denen WhatsApp zu seriös ist") zugelegt, um – ja, warum eigentlich? 

Offensichtlich ist Böhmermann gewillt, den Verschwörungstheoretikern die Augen zu öffnen. "Es braucht gar keine Verschwörung", sagt er am Ende eines viel zu lang geratenen Monologs, der mit einem ebenso langen Interview mit dem einstigen Star der Puppen-Show "Hallo Spencer" begonnen hatte. "Wir sind Opfer der größten Verschwörung: Der Wirklichkeit." Und wie schlimm die ist, bekommt das Publikum zuvor zu hören – in Form eines ebenso wilden wie wirren Ritts ohne roten Faden, der von Michael Wendler ("Dinslakener Pimmelfürst") bis hin zur Familie Klatten reicht und dazwischen den Milliardär Heinz-Hermann Thiele und den Chef von Lidl streift. Bloß um herauszuarbeiten, dass einigen wenigen ganz schön viel Geld gehört.

Premiere ohne echten Aha-Effekt

Ein Augenöffner-Moment? Fehlanzeige. Genauso wie ein guter Witz. Dafür, dass Böhmermanns neue Firma auf den Namen Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld hört, war die Premiere des "ZDF Magazin Royale" erstaunlich wenig unterhaltsam und stattdessen in den meisten Momenten viel zu moralinsauer. Diesen Eindruck kann auch nicht ändern, dass man zwischendrin Roy Black zu Dieter Schwarz und Bernhard Hoecker zu Jeff Bezos machte oder den Wendler-Hit "Sie liebt den DJ" in "Sie liebt den Deep State" umtaufte. Kleine Schmunzler waren das, aber große Lacher suchte man an diesem Freitagabend vergebens. Nach elf Monaten Vorbereitungszeit sah das nicht aus.

Ein Stück weit macht das "ZDF Magazin" da weiter, wo das "Neo Magazin" vor knapp einem Jahr aufhörte. Das wirkt zwar vertraut, ist aber auch ein wenig schade. Schon damals konnte man den Eindruck gewinnen, dass der Böhmermann-Show die Leichtigkeit abhanden gekommen ist. Nun, da sich der Moderator offensichtlich auf ehrenwerte Satire im Stile seiner preisgekrönten Rubrik "Eier aus Stahl" konzentrieren möchte, bleibt der Quatsch vollends auf der Strecke. Das wäre nicht weiter schlimm, wäre denn wenigstens der Erkenntnisgewinn groß. Die Verschwörungs-Aufdeckung dürfte jedoch nur bei wenigen Zuschauern für einen echten Aha-Effekt gesorgt haben.

Natürlich litt das "ZDF Magazin Royale" zum Auftakt auch darunter, dass Jan Böhmermann weder Studio-Publikum noch Studio-Band als Anspielstationen zur Verfügung standen. Dass man ihm aber nicht mal einen Gast zur Seite stellte, machte die Sache nicht besser. Stattdessen durfte Scooter zum Schluss in einem vorab aufgezeichneten Video das beschissene Jahr besingen. "FCK 2020", haha. Und so ging die beste Bewertung des Abends letztlich an den Aldi-Primitivo, den sich Böhmermann im Laufe der Sendung schmecken ließ. 88 Punkte bei Fallstaff. Ausdrucksstark und leichte Süße mit aromatischem Abgang. Die Beschreibung des Weins, nicht der Show.