Für Quizfans scheint 2021 ein gutes Jahr zu werden. Mit dem von Florida Entertainment entwickelten "Wer stiehlt mir die Show?" legte ProSieben einen inhaltlich starken Start hin, der auch aus Quotensicht überzeugen konnte. Und nun steht bei Vox der Auftakt von "Die Rote Kugel" an. Auch das ist eine Eigenentwicklung und auch hier hat man sich eine Neu-Interpretation des Genres Quiz vorgenommen. In Sachen Progressivität muss Vox den Kollegen von ProSieben wohl den Vortritt lassen, aber auch "Die Rote Kugel" ist über weite Strecken sehr sehenswert. 

Das liegt vor allem an der Kombination von Quiz und Geschick. Die Kandidatenpaare müssen Fragen richtig beantworten, wobei auch das etwas anders ist als in klassischen Quizshows - doch dazu später mehr. Antworten sie richtig, erhalten sie eine Kugel. Die können sie nun einsetzen, um das erspielte Geld, das zunächst nur im Jackpot liegt, zu sichern. Dazu müssen sie die Kugel in ein Loch befördern. Das wird von Runde zu Runde schwieriger, weil sich das Spielfeld, ein XXL-Schlitten, immer weiter vom Loch entfernt. Außerdem können sich die Kandidaten mit dem Einlochen der Kugeln sichern, sollten sie mal eine Frage falsch beantworten. 

Haben die Kandidaten am Ende keine Kugel mehr und antworten falsch, sind sie raus. Dann nehmen sie aber das Geld mit, das sie vorher gesichert haben. Zugegeben: In der Theorie klingt das alles etwas verkopft. Letztendlich ist es aber ein Konzept, das sich schnell selbst erklärt. Dafür muss man "Die Rote Kugel" nur mal in Action sehen. Und weil das auch die Macher von Endemol Shine Gernany und Vox wissen, geht es zum Auftakt der neuen Show schnell los - und dann erschließt sich das Spielprinzip auch vor dem Fernseher sehr rasch. 

Moderator Martin Rütter, eigentlich als "Hundeprofi" für Vox im Einsatz, erklärt den Kandidaten, aber wohl in erster Linie den Zuschauern zu Hause, nach so ziemlich jeder Runde, wie es jetzt weitergeht bzw. weitergehen könnte - viel hängt eben auch von dem ab, was die Kandidaten machen. Dass in der ersten Ausgabe der neuen Quizshow insgesamt nur zwei Kandidatenpaare zu sehen sind, liegt auch an den immer sehr ausschweifenden Erklärungen des Spielprinzips. Zum Auftakt geht das in Ordnung, in Zukunft sollte man hier mehr spielen und weniger reden. 

Das verflixte Minigolf-Loch

Aber tatsächlich herrscht immer eine gewisse Grundspannung, weil das Geld eben erst dann sicher ist, wenn eine Kugel einlocht wurde. Dass das mit schwitzigen Händen in einem Fernsehstudio gar nicht so leicht ist, stellt sich sehr schnell heraus. Und wer soll sich überhaupt beim Einlochen versuchen? Immer einer der Kandidaten, der dann im Verlauf der Zeit ein Gefühl für Kugel und Untergrund bekommt? Oder doch beide, weil es fairer ist? Auch hier geht es um Taktik. Und wer schon einmal Minigolf gespielt und Bälle gesehen hat, die kurz das Loch küssen, um dann doch nicht reinzugehen, der weiß, wie nervenaufreibend so etwas sein kann. 

Die Rote Kugel © TVNow/Boris Breuer Die Kugel muss eingelocht werden, um sich weiterhin im Spiel zu halten, oder um das erspielte Geld zu sichern.

Wie erwähnt wagt man sich auch bei den Fragen auf neues Terrain. So setzt die neue Vox-Show nicht auf eine klassische Frage samt A/B/C/D-Antwortmöglichkeiten, sondern größtenteils auf Bilder. Da geht es dann darum, diese korrekt zu vervollständigen. Welche Farbe hatte das Kleid von Emma Stone auf dem "La La Land"-Poster oder welcher Hund sitzt da eigentlich neben der Queen? Die verschiedenen Antwortmöglichkeiten können dann via Touchscreen ins Bild eingefügt und begutachtet werden. So können die Spielerinnen und Spieler auch mit völliger Ahnungslosigkeit zur richtigen Antwort gelangen, weil sie ein bestimmtes Bild eben schon einmal gesehen und irgendwo im Hinterkopf gespeichert haben. 

Überhaupt macht "Die Rote Kugel" optisch einiges her. Sei es mit dem großen Schlitten, auf dem Rütter und die Kandidaten sitzen, oder mit den Kugeln, die jedes Mal angesaust kommen, wenn eine Antwort korrekt ist. Was fehlt, ist aber das Publikum, das in Normalzeiten wie in einer Arena in U-Form um das Spielfeld sitzen würde. Da die Show immer wieder kleinere und größere Höhepunkte hat, wäre es toll, hier die Reaktionen der Zuschauer zu sehen - was derzeit aber freilich schlicht nicht möglich ist. Der eingespielte Applaus vom Band stößt an dieser Stelle einfach an seine Grenzen. Das ist aber etwas, wofür die Macher nichts können. Statt Publikum hat man wieder mal Pappfiguren aufgestellt. Und sogar die nehmen die Coronaregeln ernst, zum Teil sind zwischen den verschiedenen Papp-Menschen auf den Stühlen immer Plätze frei, was natürlich so gar keinen Sinn macht. 

Rütter ist noch kein Jauch, aber...

Um etwas Abwechslung zu schaffen, gibt es in der Show auch Temporunden, in denen die Kandidaten innerhalb von 30 Sekunden antworten müssen. Ein anderes mal fragt Moderator Martin Rütter nach einer falschen Aussage von Günther Jauch, die dieser auch vorab eingesprochen hat. Apropos Günther Jauch: Ein Vergleich mit Rütter wäre an dieser Stelle unfair. Dem Hundetrainer fehlt noch die Abgebrühtheit und der Witz des langjährigen Quizshow-Moderators, er wirkt an der ein oder anderen Stelle etwas blass, weil er zu viel Dienst nach Vorschrift macht. Hier noch ein ausgiebiger Talk mit den Kandidaten, da noch das exzessive Erklären des Spielprinzips. Ansonsten aber fügt sich Rütter mit seiner lockeren Art gut in das Konzept der Sendung ein und beweist, dass er mehr für Vox sein kann als der Typ mit den Hunden. Mit ein wenig mehr Routine wäre schon viel gewonnen. Wie viel Routine er im Verlauf der vier produzierten Ausgaben aufbauen konnte, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. 

Bis zu 100.000 Euro können die Kandidatenpaare bei der "Roten Kugel" gewinnen. Ob diese Summe schon in Ausgabe eins erspielt wurde, sei an dieser Stelle noch nicht verraten. Nur so viel: Der Weg von himmelhoch jauchzend bis hin zu Tode betrübt ist manchmal ein sehr kurzer. Vox wäre ein Erfolg auch deshalb zu gönnen, weil es sich bei "Die Rote Kugel" um eine eigene Idee handelt. Sollte das Format hierzulande überzeugen, könnte man es demnächst auch ins Ausland verkaufen. Das Potenzial ist in jedem Fall vorhanden - und funktionieren würde das Konzept sicher auch bei Sendern, die keine Kugel im Logo haben. 

Vox zeigt ab sofort vier Ausgaben von "Die Rote Kugel" immer mittwochs ab 20:15 Uhr. 

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