Es sind lauter kurze Videos, in denen die beteiligten Schauspielerinnen und Schauspieler sich mal bitterböse, mal ironisch über die Corona-Maßnahmen empören - und es beschränkt sich dabei nicht auf die deutsche Politik, sondern Maßnahmen gegen die Pandemie generell, wenn in den kurzen Videoclips etwa die Gefahr von Aerosolen heruntergespielt wird oder vorgeworfen wird, es würde unnötig Angst vor dem Corona-Virus verbreitet. Und Medien, die seien alle gleich, so Jan Josef Liefers. Die Argumentation ist wirklich nur noch einen Steinwurf von gleichgeschalteter Lügenpresse entfernt.
Was mehr als 50 teils namhafte Schauspielerinnen und Schauspieler über ihre Instagram-Accounts, einen YouTube-Kanal sowie die zwischenzeitlich überlastete Aktions-Website www.allesdichtmachen.de verbreiten, soll ein Hilfeschrei der Kultur sein, der verständlich wäre. Herausgekommen ist allerdings in dieser Umsetzung nicht weniger als ein Leugnen der Gefahren dieser Pandemie. Zu diesen neuen Querdenkern der Republik gehören erschreckenderweise bekannte Namen wie Ulrike Folkerts, Ulrich Tukur, Nadja Uhl, Wotan Wilke Möhring, Kostja Ullmann oder Volker Bruch.
Nichts bricht den giftigen Tonfall der Kampagne, die so geschliffen feingeistig wirken will, aber doch nur den Holzhammer auspackt. Und beim Thema Timing hätte man von sonst geschätzten Schauspielerinnen und Schauspielern mehr erwartet. Aber die Reaktionen auf die Kampagne ließen am Donnerstagabend nicht lange auf sich warten. Während natürlich Applaus von Tichys Einblick, Hans-Georg Maaßen oder Ken Jebsen kam, gab es deutlichen Gegenwind in den sozialen Medien, von Schauspielkolleginnen und -kollegen und vielen anderen Medienschaffenden.
Drüben bei Twitter auch unzählige empöre Reaktionen auf die zynische und verstörende Kampagne. „Volle Intensivstationen und tausende Tote schön und gut. Aber hat mal wer an die Situation unserer armen Schauspieler gedacht? Die müsse schon seit Monaten in ihren Mitte-Lofts ganz ohne Applaus überleben“, schrieb TV-Produzent Arne Kreuzfeldt (Florida TV) auf Twitter. TV-Moderator Jan Köppen urteilte: „Alle nicht so dicht bei #allesdichtmachen“. Er sei „irritiert und auch ein bisschen fassungslos“. Und mehr als nur einmal Unverständnis für die privilegierten Künstler hinter der Aktion: Filme und Serien werden seit Monaten gedreht, oft finanziert von Rundfunkbeitrag und Fördermitteln aus Steuergeldern.
Perfide ist übrigens der schnell eingesetzte Automatismus, mit dem die Kritik an dieser misslungenen Aktion von sympahisierenden Corona-Leugnern und Querdenkern gedeutet wird: Sie zeige nur einmal mehr, dass man in Deutschland nicht mehr diskutieren könne und Mut brauche, seine Meinung zu sagen. Dabei mangelt es nicht an Diskussionen und Mut zur Meinung braucht es nicht, Mut zu einer so unsäglichen Aktion wie #allesdichtmachen hingegen in der Tat, die mit dem Herunterspielen der Pandemie und der Notwendigkeit ihrer Bekämpfung Corona-Opfer verhöhnt. Ein in diesem Fall sehr irritierendes Outing vieler auch namhafter Schauspielerinnen und Schauspieler.
Update (8:26 Uhr): Schauspielerin Heike Makatsch hat ihr Video am Morgen zurückgezogen. Sie distanziere sich "klar und eindeutig von rechtem Gedankengut und und rechten Ideologien", schrieb sie auf Instagram und versah ihr Posting mit dem Hashtag #womöglichgescheitert. "Ich erkenne die Gefahr, die von der Corona-Pandemie ausgeht und will niemals das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen schmälern und sie womöglich dadurch verletzen. Sollte das geschehen sein, so bitte ich um Verzeihung."