Mit dem Satz "es ist schön, dass es da ist, allerdings sehr schade, dass wir es brauchen" meldet sich die eigentlich in den zurückliegenden Jahren von RTL bekannte Sonja Zietlow vor dem Berliner Tierheim zu Wort. Es ist der Auftakt zu ihrer neuen Feel-Good-Sonntagnachmittags-Sendung "Mein Hund fürs Leben" im ZDF. Die zunächst fünfteilige Sendung, die Tower Productions als Adaption des international erfolgreichen Factual-Entertainment-Formats "The Dog House" von Five Miles Film aus dem All3Media International Katalog umsetzt, verfolgt dabei einen ebenso begrüßens- wie ehrenwerten Ansatz:

Nämlich, die Sehnsucht von Paaren und Familien nach einem neuen Vierbeiner mit Hunden aus dem größten Tierheim Europas zu stillen. Gut, dass Tierheime und dort festsitzende Fellnasen nach "Haustier sucht Herz" (Sat.1 Gold) und diversen Rubriken in den Dritten einen weiteren Sendeplatz im deutschen Fernsehen haben. Doch so warm die Grundtemperatur des neuen ZDF-Formats ist und so ehrlich authentisch auch Moderatorin Sonja Zietlow durch die rund 45 Minuten führt, täuscht all das nicht über einige Schwachstellen im Grundkonzept der Sendung hinweg.

Nach kurzer Vorstellung der jeweiligen Interessenten geht es in eine kleine Kennenlernrunde mit je zwei Mitgliedern des Tierheimteams – in diesem Gespräch werden grundsätzliche Wünsche und Vorlieben der potentiellen künftigen Halter abgeklopft. Dass es in der Sendung dabei viel eher um die Menschen als um die Hunde geht, mag noch zu verschmerzen sein. Der Zuschauer erfährt im ZDF-Format etwa viel mehr darüber, wie sich das Pärchen Bastian und Sasha kennenlernten als über wesentliche Charakterzüge der zur Wahl stehenden Hunde. Die lernt der Zuschauer gar nicht kennen – das Tierheim-Team klickt sich stattdessen nach dem Kennenlern-Gespräch im Büro am Computer durch Hundeprofile, auf der Suche nach "dem Richtigen" für die jeweiligen Interessenten. Das erschwert eine mögliche Bindung. Die Kandidaten sollen später nur den für sie in Frage kommenden tierischen Kandidaten zu Gesicht bekommen. Der grundlegende Aufbau der Sendung dürfte eine nur wenig authentische Abbildung von Tiervermittlung in Deutschland sein – und möglicherweise daher das falsche Bild vermitteln.

Für den Spannungsaufbau innerhalb der ZDF-Sendung ist all dies freilich von Nutzen. Der Sache an sich wäre vermutlich mehr gedient, wenn die Paare schlicht selbst durch das Tierheim schlendern und nach potentiellen Hunden Ausschau halten könnten. Dann wäre aber quasi Stufe drei der Sendung hinfällig. 

Es geht nicht um die Hunde, sondern um die Menschen

Da kommt es also in einem kameraüberwachten kleinen Gartenstück zum großen ersten Kennenlernen zwischen dem vorausgesuchten Vierbeiner oder den ausgesuchten Vierbeinern und der möglichen neuen Familie. Was emotional klingt und emotional sein soll, funktioniert erwartungsgemäß weniger gut. Wie auch? Freudensprünge und heftiges Schwanzwedeln sind in solchen Situationen schlicht keine erwartbaren Verhaltensweisen. Es geht deshalb auch hier weniger um die Hunde, sondern hauptsächlich um die Reaktionen der Menschen, die Zietlow und die Tierheimmitarbeiter hier nicht etwa anleiten, sondern in einem Nebenraum über einen Bildschirm beobachten.  

Direkt dem ersten Pärchen, älteren Eheleuten, wird zudem ganz ohne Vorwarnung versucht, ein Doppelpack schmackhaft zu machen. Also zwei Hunde, die man nicht guten Gewissens voneinander trennen könne und die deshalb nicht an unterschiedliche Haushalte vermittelt werden sollen. Freilich: Die Frage, ob sich die etwas überrumpelt wirkenden Eheleute letztlich dafür entscheiden, mag für den Zusehenden interessant sein. Doch abseits jedes TV-Formats sollte eine solche Entscheidung erst recht wohl überlegt sein und nicht einem Spannungsbogen folgend in Erwägung gezogen werden.

"Liebe auf den ersten Blick" funktioniert nicht

Im schlechtesten Fall führt das nur zu Entscheidungen, die bereut werden – und das Tier ist am Ende der Verlierer. Zwar wird in der Sendung betont, dass alle Interessenten ausreichend Zeit bekommen haben, ihr neues Familienmitglied kennenzulernen - nur ist das nicht der Kern der im TV zu sehenden Bilder. "Mein Hund fürs Leben" fokussiert sich konzeptionell ohnehin zu sehr auf den Menschen und lässt völlig außer Acht, dass das Kennenlernen zwischen Vier- und Zweibeiner nie dem Motto "Liebe auf den ersten Blick" folgen sollte, sondern im wahrsten Sinne eher ein vorsichtiges Beschnuppern ist - zumindest von Hundeseite aus.

Als etwa Hund Willy in den ersten Minuten des Kennenlernens seinen potentiellen neuen Herrchen so gar keine Beachtung schenkt, und diese damit sichtlich verunsichert, bekommt der Zuschauer zumindest kurz eine Ahnung der klischeelosen Realität. Doch wie sich die Bindung zwischen den dreien dann doch entfaltet und wie es dazu kommt, dass der Vierbeiner am Ende zufrieden in der Wohnung seiner neuen Herrchen herumturnt, wird so gar nicht thematisiert. Das erwartbare Happy End kommt so letztendlich etwas plötzlich und verkleinert das gewisse Bauchgrummeln beim Zuschauen nicht.

So bleiben also nur die grundsätzliche Motivation des Formats sowie Sonja Zietlow als Moderatorin in guter Erinnerung. Immerhin vermittelt die Sendung den Eindruck, die Tierheimmitarbeiter würden sich ehrlich, ernst- und gewissenhaft mit den potentiellen Haltern auseinandersetzen - und die Tiere nicht unbedacht einfach abgeben. Dennoch: Die Vermittlung von Hunden haben andere Formate besser dargestellt, etwa Jochen Bendels "Haustier mit Herz", das seit einigen Staffeln von Sat.1 Gold gezeigt wird. Zu hoffen ist auch, dass ein neues Martin-Rütter-Projekt, das sich um vermeintlich unvermittelbare Tierheimhunde dreht, die Fehler des ZDF-Formats nicht wiederholt. 

Das ZDF zeigt fünf Folgen von "Mein Hund fürs Leben" ab Sonntag, 27. Juni 2021 um 14:55 Uhr.