"Sei niemals die oder der Letzte": Was so klingt, als habe sich Sat.1 eine neue Marschroute auferlegt, erklärt in Wahrheit die simple Regel einer neuen Fernsehshow, die am Freitagabend startet. Und tatsächlich: Der Ablauf von "99 - Eine:r schlägt sie alle", wie Sat.1 das ursprünglich aus den Niederlanden und Belgien stammende Format gendergerecht getauft hat, ist leicht zu verstehen. 100 Personen treten in 99 Spielrunden gegeneinander an und wer nicht ein einziges Mal den letzten Platz belegt, erhält 99.000 Euro.

Zunächst einmal: Optisch macht "99" einiges her: Wie sich die Teilnehmenden im weiten Rund versammeln, gegenseitig und miteinander spielen, sich gegenseitig Applaus oder Trost spenden, ist wirklich gelungen. Die Fabiola-Produktion, trotz Corona-Pandemie über mehrere Wochen hinweg mit großem Aufwand entstanden, überzeugt mit schnellen Schritten, sehenswerten Kamerafahrten und einer guten Dramaturgie - und sieht ganz nebenbei viel besser aus als die Original-Versionen aus den Nachbarländern.

Ausgerechnet die Vielzahl an Mitspielenden erweist sich jedoch gerade zu Beginn als größte Schwachstelle. Es dauert eine Zeit lang, bis man vor dem Fernseher eine Verbindung zu all den Menschen aufgebaut hat, die da gerade wahlweise mit einem Bein auf einer Dose stehen, einen Eisblock zum Schmelzen bringen oder, wie direkt zu Beginn, mit verbundenen Augen einen Sitzball zu ergattern versuchen. Entsprechend gut gelöst ist es, dass die einzelnen Runden nicht zu sehr in die Länge gezogen wurden und sich das Feld vergleichsweise schnell lichtet.

Auf diese Weise entwickelt die neue Sat.1-Gameshow im Laufe des Abends dann doch allmählich jene Spannung, die ihr zu Beginn noch fehlt. Der anfänglich behäbige Eindruck wird zudem durch Florian Schmidt-Sommerfeld und seine Kollegin Johanna Klum noch verstärkt, weil die beiden das Geschehen in der Halle mit ziemlich angezogener Handbremse kommentieren und dadurch weit entfernt sind von dem Drive, den Frank Buschmann und Jan Köppen mit der Zeit bei "Ninja Warrior" perfektioniert haben. Von dieser Benchmark ist das Sat.1-Duo in der ersten Folge weit entfernt.

Wo ist die Nadel im Heuhaufen?

Überhaupt täuscht der große Aufwand etwas darüber hinweg, dass "99" im Kern eine erstaunlich konventionelle Show ist. Menschen dabei zu beobachten, wie sie vergleichsweise unspektakuläre Spiele meistern, ist seit dem Start von "Schlag den Raab" kein Novum. In unzähligen Formaten wurde diese Mischung aus Geschicklichkeit und Sportlichkeit seither mehr oder weniger neu zusammengewürfelt.

Dass es den Verantwortlichen von "99: Eine:r schlägt sie alle" trotzdem gelingt, dem Genre einen neuen Twist zu verleihen, hängt nicht zuletzt mit einem glücklichen Händchen bei der Zusammenstellung des Casts zusammen. Da ist etwa die Mutter, die beim Blasrohr-Spiel ebenso scheitert wie ihre Tochter und so selbstlos aufgibt, dass sich nicht nur die beiden am Ende weinend in den Armen liegen. Oder der Landwirt, dem es tatsächlich nicht gelingen will, die nicht nur sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu finden. Davon abgesehen fällt auf, dass der Einhunderter-Tross erstaunlich divers daherkommt. 

Fraglich ist bloß, ob sich dem Publikum der Event-Charakter der Show vermittelt. Dass die drei aufeinander aufbauenden Folgen nicht enger programmiert wurden und stattdessen auch noch eine Fußball-bedingte zweiwöchige Pause die Dramaturgie stört, wirkt doch arg unglücklich. Vor allem, weil es Sat.1 an freien Sendeplätzen in diesen Tagen nun wahrlich nicht mangelt.

"99 - Eine:r schlägt sie alle", freitags um 20:15 Uhr, Sat.1