Die Schulglocke klingelt, zwei Mädchen sitzen auf einem Dachboden und schließen Blutsschwesternschaft. Sie wollen für immer zusammenhalten, schwören sie sich. Es würde nicht überraschen, wenn im nächsten Moment Hendrik Duryn als "Der Lehrer" in die Situation reinplatzen würde, die beiden Mädchen mit seinem schelmischen grinsen anschauen würde und in die Klasse befördert. Das Problem nur: Stefan Vollmer aka. Hendrik Duryn spielt gar nicht mehr den "Lehrer" und die Serie hat RTL zuletzt auch schon abgesetzt. 

Die beschriebene Szene ist der Anfang der neuen TVNow-Serie "Gefährliche Nähe", die später auch bei Vox zu sehen sein wird. Und die Macherinnen und Macher wollten sicherlich alles lesen - nur keine Vergleiche mit "Der Lehrer". Schließlich ist "Gefährliche Nähe", der Titel deutet es schon an, als dunkle Thrillerserie angelegt und nicht als lustige Dramedy, in der man Dinge fürs Leben lernen kann. 

Die Handlung ist schnell erklärt: Hugo, ein pflichtbewusster Finanzbeamter und Marius, ein verurteilter Mörder, der frisch aus dem Gefängnis kommt, leben in völlig verschiedenen Welten und könnten unterschiedlicher nicht sein. Ihre Wege würden sich wohl niemals kreuzen, wären ihre beiden Töchter, die gerade Blutsschwesternschaft geschlossen haben, nicht beste Freundinnen. In der Serie treffen die beiden Väter aufeinander und geraten in einen Strudel aus Lügen, Betrug und Gewalt - und das allen voran wegen Marius, der noch Schulden zu bezahlen hat und der in Hugo einen Helfer sieht. Der denkt aber gar nicht daran, winkt ihm doch gerade eine Beförderung. 

Die Überraschung kommt zu kurz

Leider verlässt die Serie in den ersten drei Folgen, die TVNow Journalistinnen und Journalisten vorab zur Verfügung gestellt hat, den "Strudel aus Lügen, Betrug und Gewalt" allzu oft, um kleinere und größere Familiendramen zu erzählen. Da geht es dann um die Frau von Hugo, die vor einigen Jahren gestorben ist, was vor allem die Kinder nach wie vor mitnimmt. Oder Hugos neue Freundin, die deutlich jünger ist als er. Als Hugo beschließt, dass seine Tochter ihre Freundin nicht mehr sehen darf, weil es für sie zu gefährlich wird, eskaliert ein Familienstreit und geht in größtmöglichem Kitsch zu Ende. Überraschungen sucht man dabei vergeblich. 

Hinzu kommt, dass "Gefährliche Nähe" sich oft nicht nur anfühlt wie "Der Lehrer", sondern auch so aussieht. Einen düsteren Thriller-Look sucht man in den ersten drei Folgen jedenfalls vergebens, was schade ist. Die Serie überzeugt nämlich immer genau dann, wenn sich Marius mal wieder Hals über Kopf aufmacht, um seine Probleme zu lösen, damit aber alles nur noch schlimmer macht. Oder Hugo, der zwischen Job und Familie hin und her springt und dabei ständig mit sich hadert. Barnaby Metschurat als Hugo beamtet sich so wundervoll zerrissen durch die Serie und Klaus Steinbacher als vermeintlich geläuterter Ex-Krimineller Marius ist immer unter Strom, sodass seine scheinbar ausweglose Situation das beste Argument ist, die Serie zu sehen. 

Zwischen Soap und Thriller-Light

"Gefährliche Nähe" krankt eher daran, was die Autorinnen und Autoren den beiden Hauptdarstellern ins Drehbuch geschrieben haben. Da muss es dann eben nach der Haftentlassung direkt die heiße Sex-Szene im Auto sein, das vermeintlich tiefgründe Gespräch beim Angeln oder auch die Fähigkeit, alleine mit dem Gehör einen Safe zu knacken. Das Problem der überdrehten Storylines haben aber auch die anderen Darsteller. So ist der Freund von Hugos Tochter schon fast penetrant selbstbewusst und das Kind von Ex-Verbrecher Marius so clever, dass es erst einmal die Pistole von Papa vor der Polizei versteckt.

Das ist leider alles so schablonenartig angelegt, dass man sich ein paar unerwartete Wendungen wünscht. Das bleibt, zumindest in den Folgen eins bis drei, aber ein unerfüllter Wunsch. Und so hangelt sich "Gefährliche Nähe" zwischen Soap und einer Art Thriller-Light von Folge zu Folge. Unspannend ist die Kernstory der deutsche Adaption des niederländischen Originals "Klem" übrigens nicht, nur ein bisschen mehr Fokus wäre gut gewesen. 

Umgesetzt wurde die TVNow-Serie, für deren Free-TV-Ausstrahlung bei Vox es noch keinen Termin gibt, übrigens von Sony Pictures und Produzentin Astrid Quentell, Executive Producer ist Christian Munder. Als Autoren zeichnen Stefan Scheich und Robert Dannenberg verantwortlich, Regisseur ist Nico Zingelmann. Sie alle dürften sich kennen. Zumindest haben sie alle schon einmal für eine andere Serie aus dem Hause RTL gearbeitet - die einen länger, die anderen kürzer. Wie diese Serie hieß?

"Der Lehrer".