Wenn es um Mallorca geht, dann haben die meisten vermutlich Sauf-Tourismus vor Augen und peinliche Schlagertexte im Ohr. Das Bild vom Ballermann ist prägend für die Balearen-Insel, die eigentlich so viel mehr zu bieten hat als das Bild, das Tom Gerhardts Film-Klamotte "Ballermann 6" vor 25 Jahren zu zeichnen versuchte. Umso spannender ist es, dass sich RTL der berühmten Partymeile jetzt erstmals in Drama-Form widmet.

"Der König von Palma" erzählt die Geschichte von den Anfängen der Partymeile; von einer Zeit also, als das Geschäft noch in den Händen der lokalen Mafia war. Mit der bekommt es Matthias "Matti" Adler schnell zu tun, nachdem er eine leerstehende Strandkneipe pachtet – während Ehefrau Sylvie (Sandra Borgmann) mit den beiden Kindern (Lea Selinger und Milo Eisenblätter) in der deutschen Heimat die Stellung hält. Dass Matti für den Traum von El Arenal die eigenen vier Wände verhökert, sorgt für Streit, doch nachdem die Dinge nicht mehr zu ändern sind, zieht die Familie nach und Sylvie gibt sich schnell pragmatisch.

Trotz mancher Längen weiß die sechsteilige Miniserie der beiden Showrunner Veronica Priefer ("Legal Affairs") und Johannes Kunkel ("Betonrausch") zu unterhalten – schon alleine, weil dem Publikum das Mallorca-Gefühl aus einer anderen Zeit vermittelt wird. Angesiedelt ist "Der König von Palma" zu Beginn der 90er Jahre, als Deutschland gerade unter Franz Beckenbauer Fußball-Weltmeister wurde und der Mauerfall das Land veränderte.

Der König von Palma © RTL / Pep Bonet Lucas Cordalis verkörpert in "Der König von Palma" seinen inzwischen verstorbenen Vater Costa.

Priefer und Kunkel nutzen die Zeitreise, indem sie geschickt Original-Aufnahmen von damals einbauen und zusätzlich einen DDR-Blick in die Handlung einflechten. Als Erzählerin der Geschichte fungiert Bianca (Pia-Micaela Barucki), eine Frau, die in der DDR aufwuchs und nun als Barfrau auf Mallorca ihr Geld verdienen möchte. Und dann ist da natürlich noch die Musik: Sicher, hin und wieder klappern die Kastagnetten, doch vorwiegend gibt’s den typischen Soundtrack der 80er und 90er zu hören – von "Sweet Dreams" über "La Isla Bonita" bis hin zu "Live is Life".

Freilich darf irgendwann auch der typische Ballermann-Sound nicht fehlen. Dass Lucas Cordalis seinen Vater Costa verkörpert, der seine Karriere einst in den mallorquinischen Party-Tempeln neu befeuerte, ist nur folgerichtig. Der eigentliche Star aber ist freilich Henning Baum, dem die Rolle des muskelbepackten "Bieradler"-Wirts auf den Leib geschneidert ist. Mit typischem Ruhrpott-Slang versehen, mimt Baum den Anpacker, von dem man in jedem Moment den Absturz erwartet. Dass "Der König von Palma" keine glänzende Erfolgsstory erzählt, macht letztlich den Reiz der Handlung aus.

Zum Gelingen hat wohl auch die Zusammenarbeit mit Ingo Wohlfeil, dem früheren Mallorca-Redakteur der "Bild"-Zeitung, beigetragen, der, so schildert es Autorin Veronica Pfeifer, viele Kontakte herstellte – etwa zu der Bookerin der legendären Ballermann-Disco "Oberbayern". "Kaum einer weiß, was hinter den Kulissen des Massentourismus geschieht", sagt Priefer. "Bereits die erste Recherche hat uns die Augen geöffnet. Wir konnten nicht glauben, was sich hier für eine spannende, hochkomplexe Welt auftat, voller Themen, die wir uns für die UFA Fiction gut vorstellen konnten. Von da an war klar: Das wollen wir erzählen." Wie schön, dass das Vorhaben in die Tat umgesetzt wurde.

"Der König von Palma", ab sofort bei RTL+ und ab dem 15. April bei RTL