DWDL.de-Kritik zur Sky-Serie

"Funeral for a Dog": Sehnsüchte und Hoffnungen einer Generation

Funeral for a Dog © Sky/Flare Entertainment GmbH/Saddan Sanchez

Die achtteilige Sky-Serie "Funeral for a Dog" kleckert nicht, sondern klotzt mit einer ausladenden Reise um den Globus. Sie weiß sich aber auch zurückzunehmen und zu reflektieren – der Autor der literarischen Vorlage, Thomas Pletzinger, dürfte zufrieden sein.

TV-Kritik von Daniel Kreutzenberger am 16.03.2022 - 14:32 Uhr

Hoch über den Alpen übergibt sich der lädierte Journalist Daniel Mendelkern (Albrecht Schuch) in eine kleine Flugzeug-Toilette. Ist es Flugübelkeit oder liegt es an einer feucht-fröhlichen letzten Nacht? Beides unwahrscheinlich. Wer Daniel wirklich ist und warum er nicht einmal seiner Ehefrau von seiner Reise berichtet, wird in der Pilotfolge von "Funeral for a Dog" noch nicht klar. Bekannt ist nur sein Ziel: Auf einem abgelegenen See in Italien will er den Schriftsteller Mark Svensson zu dessen Buch "Astroland" interviewen.

Wovon besagtes Buch erzählt, erfahren wir Stück für Stück in einer Schachtelgeschichte, die im Jahr 1998 beginnt. Voller Farben, Energie und Enthusiasmus wird dort die (romantische) Verbindung zwischen dem jungen nachdenklichen Mark Svennson (Friedrich Mücke), dem unbeschwerten Schönling Felix (Daniel Sträßer) und der finnischen Ärztin Tuuli (Alina Tomnikov) beschrieben, die ihren Anfang im von Drogenkartells bestimmten Kolumbien findet. Die Erzählung der Geschichte der Drei entfaltet eine völlig andere Stimmung als die Jahrzehnte später stattfindende Sinnesreise von Daniel: Statt von bedächtiger und kontemplativer Ruhe ist die Zeit in Südamerika von Sorglosigkeit, Abenteuerlust und Hedonismus geprägt. So eilen die jungen Studenten von einem halsbrecherischen Gras-Deal in dem heruntergekommenen Heim eines Drogenbarons über ausgelassene Partys in überfüllten Salsa-Bars auf die romantisch eingerichteten Beton-Dächer der Stadt. Was dabei neben dem obligatorischen Abendrot nie fehlen darf: Die vielsagenden Blicke, die die drei sich ohne Unterlass gegenseitig zuwerfen.

Mit seinem ersten abgeschlossenen Projekt kleckert das von Flare Film ins Leben gerufene Label Flare Entertainment nicht, sondern klotzt: Die Kulissen umspannen den gesamten Globus vom sonnigen Südamerika über das urbane New York und ein beschauliches italienisches Städtchen bis hin zum verschneiten Finnland - die Event-Serie reiht sich damit problemlos in die Riege deutscher Sky-Original-Blockbusterserien ein und steht an der Seite von "Der Pass" und "Das Boot“. 

Funeral for a Dog © Sky/Flare Entertainment GmbH/Maria Marin

Und doch ist es gerade die große Diskrepanz zwischen dem lockeren und mitreißenden Anfang der Geschichte von Mark, Felix und Tuuli und der melancholischen, grüblerischen Stimmung mehrere Jahrzehnte später, die "Funeral for a Dog" besonders macht. Mit der Romanverfilmung von Thomas Pletzingers "Bestattung eines Hundes“ wird sich nicht an reinem eskapistischen Abenteuer-Bombast versucht, es wird auch über ebenjenen reflektiert. So steht das Abenteuer der jungen Figuren stellvertretend für ihre gesamte Generation. Einer Generation, die sich um die Jahrtausendwende ausprobieren konnte, weil ihr die Welt zu Füßen lag. Hier sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn Tuuli, Mark und Felix dann vor dem finnischen Tango "Satumaa" in den Sonnenuntergang fahren, sind die brennenden Demonstrationen, die in filmischen Nebensätzen von der angespannten politischen Situation Kolumbiens zeugen, ganz schnell vergessen.

Dass der Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart gelingt, liegt inszenatorisch nicht zuletzt an der geschickten Arbeit von Frank Griebe ("Das Parfum", "Cloud Atlas") an der Kamera: Während die träumerischen, aber bewegungsarmen Bilder des ruhigen italienischen Städtchens zur Melancholie und zum Sinnieren verleiten, strotzen die sonnenverstrahlten, übersättigten Aufnahmen im belebten Santa Marta nur so vor aktivierender Lebensenergie. Auch der durchaus hochkarätige Cast weiß in diesem Sinne zu überzeugen. Gerade Albrecht Schuch überzeugt schlurfend und mit hängenden Schultern als Trübsal blasender Journalist, Daniel Sträßer als lebensfroher und vitaler Sunny Boy Felix in Südamerika. Beide haben verstanden, worauf es ankommt. 

Die Frage, die einem nach der ersten dreiviertel Stunde also unter den Nägeln brennt: Wie konnte aus der lockeren Liebe unter Dreien das bedrückende Szenario entstehen, das Daniel Mendelkern in Italien vorfindet…? Beantwortet wird sie wohl genau wie das Rätsel um die Obsession von Daniel Mendelkern um "Astroland" in einer verwegenen Reise um den Globus. Das Finale der Auftaktfolge deutet jedoch auf ein fatales Ende der Dreier-Konstellation hin - ein Ende, das Daniel noch verfolgen wird. 

Sky zeigt die acht Folgen von "Funeral for a Dog" ab dem 17.3. wöchentlich um 20:15 Uhr in Doppelfolgen bei Sky Atlantic. Die komplette Staffel gibt es auf Sky Ticket und Sky Q auf Abruf.

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