Ein neues Format für einen Sendeplatz zu entwickeln, auf dem Langläufer 45 Jahre alt sind und auf dem es innerhalb des Genres stark konservativ zugeht, heißt immer auch mit äußerster Vorsicht zu agieren. Leider ist das ziemlich oft gleichbedeutend mit dem Verzicht, Grenzen allzu sehr auszuloten. Davon konnten sich auch die Macherinnen und Macher der irgendwie gar nicht so neuen ZDF-Freitags-Krimireihe "Mordsschwestern" frei machen. Die Serie wirkt daher wie ein kleines Best-of zahlreicher anderer (öffentlich-rechtlicher) Mörderjagd-Produktionen, traut sich aber immerhin, mit einem deutlich jüngeren Cast als andere ZDF-20:15-Uhr-Krimiserien an den Start zu gehen. Die Hauptdarstellenden Lena Dörrie, Caroline Hanke, Tamer Trasoglu und Claudiu Mark Draghici sind im Schnitt um die 40.

Doch vermeintlich jugendlicher Verve hat nicht verhindert, dass vor den zwischen Ostsee, Flensburger Förde und dänischer Grenze gelaufenen Kameras doch Plots gespielt wurden, die alles andere als jung sind. Im Fokus der Serie stehen die Schwestern Viktoria und Feli, die grundunterschiedlich sind. Mini-Spoiler vorab: Schaffen sie es, ihre Unterschiedlichkeit zu akzeptieren, dann fügen sie sich prima zusammen und alle Fälle lösen sich vor allem dann, wenn beide ihre unterschiedlichen Stärken kombinieren. Feli stößt, ganz wie es zum guten Ton neuer Serien gehört, in Folge eins neu zum Ermittler-Team und arbeitet fortan als Spurensicherin neben ihrer Schwester.

Während Viktoria sich streng an Richtlinien hält und somit ähnlich konservativ ist wie alle ZDF-Freitags-Krimis, kann man Feli fast schon als Rebellin bezeichnen, die auch mal in ein Haus einbricht, um Nachforschungen anzustellen. Sehr zum Missfallen ihrer Schwester natürlich. Ebenfalls zum Team gehören noch Dusi, der in der KTU eng mit Feli zusammenarbeitet und schon bald Gefallen daran findet, dass die Langeweile in seinem Büro vorbei ist, vielleicht auch, weil es ihn von der Sorge ablenkt, wie sein Coming-Out vor seinen Eltern aussehen könnte. Und Sami, Sohn einer Dänin und eines Iraners, ermittelt an Viktorias Seite und weiß bei der ein oder anderen Befragung mit seinem Charme zu punkten.

Mordsschwestern © ZDF / Sandra Hoever Dusi und Feli sichern Spuren (kniend und sitzend), während schon alleine Viktorias Körperhaltung eine gewisse Anspannung erkennen lässt.


Wo es irgendwie ging, hat "Mordsschwestern" sich schon um einen frischen Anstrich bemüht. Das lässt sich beispielsweise an der starken Kameraarbeit von  Timo Moritz erkennen, aber auch an gleichwohl eher schnellen und ungewöhnlichen Schnitten (Friederike Dörffler, Jeannine Compère). Geholfen hat sicherlich die maritime Landschaft, die nach zahlreichen anderen Sendeplätzen erstmals auch den ZDF-Freitagabend erobert und Regisseur Ole Zapatka zusätzlich half, ein bisschen frische Brise in den Krimi zu packen.



"Mordsschwestern" ist daher solide Krimiware mit dem nächsten ungleichen Ermittlerpaar, vorsichtig eingeflochtenen Privatgeschichten der vergleichsweise jungen Ermittelnden und eher moderner Optik. Weil durchaus anzunehmen ist, dass sich das traditionelle ZDF-Freitagspublikum, also Fans von "Staatsanwalt", "Die Chefin" und Co., nicht allzu sehr vom Einheitsbrei loslösen will, dürften die herstellenden Fiction Magnet und Akzente Film & Fernsehproduktion den vermuteten Anforderungen durchaus gerecht geworden sein. Fernsehfeinschmecker hätten sich mehr Mut gewünscht.

"Mordsschwestern", ab Freitag, 2. September, 20:15 Uhr im ZDF und bereits jetzt in der Mediatek.