"Can you use a million Dollars?"

Die Kandidatin der amerikanischen "Glücksrad"-Version hatte ihr Rätsel in der Bonusrunde kaum gelöst, da öffnete Moderator Pat Sajak den Umschlag, um ihr mit dieser simplen Frage unverzüglich mitzuteilen, dass sie durch die beiden erratenen Wörtchen "Loud Laughter" soeben zur Millionärin wurde.

Auf deutsche Fernsehzuschauer mag dieser Moment merkwürdig erscheinen, weil hierzulande vermutlich noch niemand in einer TV-Show so schnell einen siebenstelligen Betrag sein Eigen nennen konnte. Das liegt einerseits daran, dass ein Millionengewinn auch über 20 Jahre nach dem Start von "Wer wird Millionär?" nicht unbedingt auf der Tagesordnung steht. Aber eben auch daran, dass schon die Verkündung deutlich kleinerer Preise meist ziemlich in die Länge gezogen wird.

Auch wenn besagter Ausschnitt aus "Wheel of Fortune" nun schon rund acht Jahre zurückliegt – eine Ausnahme war er nicht, wie ein Blick ins Archiv zeigt. Als einige Monate zuvor erstmals eine Millionen-Gewinnerin gekürt wurde, gab Sajak nach dem Öffnen des goldenen Umschlags lediglich zu Protokoll, sie könne nun wirklich mit dem Geld für ihren Hund einkaufen gehen. Ein anderes Mal begnüge sich der Moderator mit der Aussage: "Wir haben eine Millionen-Dollar-Gewinnerin!"

Rätsel, Lösung, Umschlag, Jubel – fertig ist die Show. Von der Art und Weise, wie dieser Show-Höhepunkt zelebriert wird, könnte sich so mancher hiesige Fernsehmacher gewiss etwas abschauen. Der Kollege Peer Schader hat kürzlich in seiner Kolumne den Begriff "Dehntertainment" erfunden und damit vor allem die unfassbare Länge kritisiert, auf die deutsche Fernsehshows mittlerweile aufgebläht werden – was im Übrigen nicht zwangsläufig dafür sorgt, dass zum Ende hin hohe Quoten gemacht werden, sondern eher dazu führt, dass viele Zuschauerinnen und Zuschauer von Beginn an erst gar nicht einschalten, weil sie schlicht keine Lust auf XXL-Unterhaltung haben (es sei denn, es ist so kurzweilig wie kürzlich das Duell zwischen Bully Herbig und Rick Kavanian bei "Schlag den Star").

Wenn sich der Tresor einfach nicht öffnet

Die eigentlich gut gemachte "100.000 Mark Show", die vor wenigen Wochen ihr Comeback bei RTL feierte, ist ein gutes Beispiel für eine unnötig in die Länge gezogene Show. Aus unerfindlichen Gründen sahen sich RTL oder die Produktionsfirma Endemol Shine Germany dazu genötigt, den simplen Parcours zu Beginn der Sendung durch einen langatmigen Erklärfilm einzuleiten – ganz so, als traue man dem Publikum nicht zu, zu verstehen, was es da gerade sieht. Und am Ende wurde das Öffnen des Tresors mit unzähligen Schnitten derart in die Länge gezogen, dass es beinahe schon lächerlich wirkte. Weiter weg als von Pat Sajaks "Can you use a million Dollars?" hätte die Show in diesem zähen Moment kaum entfernt sein können.

Sicher, auch die Hinauszögern mag seine Berechtigung haben – doch so oft wie dieses Stilmittel über die Jahre hinweg vom deutschen Fernsehen verwendet wurde, etwa wenn es darum geht, den Sieger einer Castingshow auszurufen, so hat es sich inzwischen schlicht verbraucht. Dabei kann auch doch in der Kürze nicht nur die Würze liegen, sondern auch ein Überraschungseffekt, der weitaus größere Emotionen hervorruft als das gewohnte Dehntertainment.

Generell ist ausgerechnet das amerikanische "Glücksrad", das aktuell schon in der 40. Staffel läuft, ein schönes Beispiel für eine temporeiche Vorabendshow. Meist liegt nur eine knappe Minute zwischen dem Opening der Show und der ersten Schnellraterunde. Vorgestellt werden die Kandidaten erst danach – weil es nach mehr als 7.000 Ausgaben letztlich auch schlicht egal ist, ob da nun Sarah oder Jessica hinterm Rad steht. Ihre Smalltalk-Vorstellung geht danach so schnell, dass in Minute drei schon das zweite Rätsel ansteht.

An dieser Geschwindigkeit hat sich vor einigen Jahren übrigens auch das deutsche "Glücksrad" orientiert, das kurzfristig eine Wiederauferstehung beim damaligen Spartensender RTLplus feierte. Ob sich Thomas Hermanns daran bei der bereits angekündigten erneuten RTLzwei-Neuauflage des Klassikers ein Beispiel nehmen wird? Unklar. Sicher ist jedoch, dass das deutsche Fernsehen gut daran täte, auch abseits des "Glücksrads" wieder mehr aufs Tempo zu drücken.

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