Man soll ja nichts versprechen, was sich nicht halten lässt, aber: Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bei „RTL Samstag Nacht - Das Wiedersehen“ nach spätestens zehn Minuten laut lachend vor dem Fernseher sitzen, ist extrem hoch. Anders als bei dem irrelevanten Quatsch zum soundsovielten Geburtstag von „Dirty Dancing“ ist dieser Samstagabend eine Feier für alle, die gepflegten Unsinn mögen - egal ob sie „RTL Samstag Nacht“ damals gesehen haben oder noch nicht kennen. Gut ausbalanciert sind die Erinnerungen an früher mit neuen Sketchen von heute, alles verbunden von Hugo Egon Balder, der als damaliger Produzent durch das große Wiedersehen führt, bei dem mit Ausnahme des im vergangenen Jahr verstorbenen Mirco Nontschew noch einmal die gesamte Stammbesetzung von damals zusammen kam.

So auch Wigald Boning und Olli Dittrich, die mit einer Neuauflage von „Zwei Stühle, eine Meinung“ nach nur wenigen Minuten eine vorzügliche Demonstration von Talent und Timing liefern, dank der man zum ersten aber nicht letzten Mal an diesem Abend vor Lachen vom Sofa rutscht. Fast hätte man vergessen, dass Comedy auch so geht. Firlefanz statt Relevanz. Und das läuft zur besten Sendezeit, fragt man sich angesichts mancher auch sperrigen Comedy-Nummer. Dieser Freiraum für den ganz großen Quatsch - den traut sich kaum noch jemand, wenn er sich nicht gerade im Mantel der Retro-Welle verpacken lässt. Im Vorfeld dieses Wiedersehens von „RTL Samstag Nacht“ war viel darüber spekuliert worden, wie viel Humor von damals heute noch zeitgemäß wäre. Und mit Sicherheit: Zahlreiche Gags von damals wären heute unangebracht.

Doch Lust am Wortwitz und Albernheit sind zeitlos, das beweist die von Banijay Productions realisierte Show. Deplatziert wirken lediglich manche eingestreuten StandUp-Auftritte, insbesondere ausgerechnet der erste des Abends von Atze Schröder, der völlig sinnfrei ist. Spätere Gäste stellen in ihren Auftritten immerhin den Bezug zur früheren RTL-Kultshow her. Zwischen den Auftritten und Sketchen geht es immer wieder zurück zum auf der Bühne versammelten Ensemble im Gespräch mit Hugo Egon Balder. Dort erinnern sich neben Dittrich und Boning auch Tommy Krappweis, Esther Schweins, Tanja Schumann und Stefan Jürgens an ihre Lieblings-Sketche und den Erfolg von damals. Auf kurze Rückblicke von damaligen Ideen folgt oft eine Neuauflage und nicht nur „Die Doofen“ bekommen mit ihrem neuen Song „Krokodile im Herbst“ einen Bühnenauftritt gewährt.

Mit dabei sind zahlreiche Rubriken von früher: Neben „Zwei Stühle - eine Meinung“ auch die „Samstag Nacht News“, natürlich mit Karl Ranseier und "Neues vom Spocht“ - wo Olli Dittrich einmal mehr zur Höchstform aufläuft und das Highlight des Abends liefert. Auch frührere Rubriken wie „Kentucky schreit ficken“, „Wigalds Welt“ und „Far Out“ fehlen nicht. Anders als Mirco Nontschew, der spürbar fehlt. RTL widmet ihm in der Nacht sogar noch eine eigene Sendung, doch auch innerhalb der großen Show wird sein Talent mehrfach gewürdigt - ob in alten Einspielern oder Erinnerungen seiner Kolleginnen und Kollegen. Gegen Ende hin wird die Wiedersehens-Show dann etwas egaler: Mark Weigel, damals in der letzten Staffel noch mit dabei, darf sich kurz an seine Höhepunkt erinnern, bevor die Doofen zusammen mit den Prinzen ein Vollplayback-Medley zum Besten geben, was irgendwer für ein gelungenes Finale hielt.

Doch nach zweieinhalb Stunden wirklich guter Unterhaltung zuvor kann das verzeihen, denn das Wiedersehen mit „RTL Samstag Nacht“ dreht dankenswerterweise weiter an jenem Ventil, das seit dem Erfolg von „LOL“ bei Prime Video endlich mal wieder gelockert wurde: Es nimmt Druck raus aus der in den vergangenen Jahren ständig um Bedeutung und Wirkung bemühten deutschen Comedy. Endlich wieder mehr Platz für Quatsch, den Ravensburger bewerben würde mit „Für Kinder von 3 bis 99“. Dafür kann man dankbar sein. Oder wie Torsten Sträter es in seinen Grußworten zu Beginn des Abends formuliert hat: „Entweder ist irgendwem bei RTL ein göttlicher Funke in den Schädel gefahren ob dieser brillianten Idee oder man hat sich gesagt: ‚Komm, wir holen ja auch den Bohlen zurück, jetzt ist eh alles egal‘ Wessen Idee es auch immer war - Hut ab.“

"RTL Samstag Nacht - Das Wiedersehen" läuft am Samstag, den 29. Oktober um 20.15 Uhr. Im Anschluss um 23.30 Uhr folgt ein "RTL Samstag Nacht - Mirco Nontschew Spezial".