Es ist eine hochkarätige Premiere, die die ARD ihrem Publikum kurz vor dem Jahreswechsel serviert: Für „Kurzschluss“ stehen Anke Engelke und Matthias Brandt das erste Mal gemeinsam vor der Kamera und erleben in ihren Rollen die missliche Lage, wegen eines technischen Defekts in einer Bankfiliale eingesperrt zu sein und das ausgerechnet 30 Minuten vor Mitternacht. Gezeigt wird in Echtzeit, wie erst erfolglos Maßnahmen zur Befreiung getroffen werden bevor dann alles eine Wendung nimmt.

Engelke spielt die Moosbacher Bürgermeisterin Bettina Maurer, die noch eben Geld abholen will, bevor sie um Mitternacht das zentrale Silvester-Feuerwerk entzünden soll. Ihre Karte wird allerdings eingezogen, woraufhin ein weiterer Kunde, der Berliner Geschäftsmann Martin Hofmann (Matthias Brandt), einen Rettungsversuch mit einer Haarnadel unternimmt und einen Kurzschluss verursacht. Nicht nur die Karte ist weg, auch die elektronisch gesteuerte Tür verweigert das Verlassen des Selbstbedienungsbereichs der Bank. 

In einer Situation wie dieser liegt viel Potenzial. Schon 1984 versuchten die Protagonisten um Götz George im Spielfilm „Abwärts“ verzweifelt, sich aus dem steckengebliebenen Fahrstuhl zu befreien. Oder wie war das mit Chandler Bing aus der Serie „Friends“, der sich wegen eines Stromausfalls in einer, genau, Bank eingeschlossen findet, und zwar mit dem Model seiner Träume. Aber am naheliegendsten ist natürlich der Vergleich mit der brillanten Folge „Der Aufzug“ aus „Pastewka“, in der Bastian und Anke nach der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises im Fahrstuhl stecken bleiben – und Anke dringend auf Toilette muss.

Da kommt es gerade recht, dass „Pastewka“-Regisseur Erik Haffner auch bei „Kurzschluss“ die Fäden in der Hand hält und mit Claudius Pläging („Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt“, „Der Vorname“, „Der Nachname“) und Max Bierhals („Die Carolin-Kebekus-Show“, „Neo Magazin Royale“) zwei erfahrene Autoren an Bord der btf-Produktion sind.

Kurzschluss © WDR/btf Bettina (Anke Engelke) und Martin (Matthias Brandt) werden gemeinsam durch einen technischen Defekt in einer Bankfiliale eingeschlossen. Ausgerechnet nachts, ausgerechnet am Silvesterabend, eine halbe Stunde vor dem Jahreswechsel.

Umso ärgerlicher, dass der Druck der beiden Protagonisten, dieses „Um-jeden-Preis-aus-dieser-Situation-herauswollen“, in dem Halbstünder etwas auf der Strecke bleibt. Engelkes Bürgermeisterin muss zwar zum Feuerwerk, wie wir erfahren, „aber das kann auch jemand anderes machen“. Die Rolle ist geradezu entspannt angelegt, was sich später ein Stück weit durch vermeintlich rettenden Besuch (sehr gut gespielt von Vincent Krüger) erklärt. Sorge um ihren Ruf oder ihre Pflichten hat sie nicht, da sie gar keine Lust mehr auf den Job verspürt.

Martin Hofmann ist da schon etwas gestresster, seine Tochter ist betrunken auf einer Party, braucht ihn „zum ersten Mal und er ist nicht da“. Gleichzeitig wartet in seinem vor der Bank geparkten Auto eine von ihm bezahlte Escort-Dame. Dass diese Hilfe holen könnte, darauf kommt hier keiner, aber das Warten, „das kostet“. Etwas mehr Not seitens der Protagonisten hätte sich also durch die Geschichte ziehen dürfen, um noch mehr hineingezogen zu werden. Immerhin, die Gespräche werden im Verlauf intensiver, überraschender. Hier entstehen Wärme und Vertrautheit, man sieht dieser Annäherung gerne zu. Dann aber wird wieder Witz über die Glaubwürdigkeit gestellt.

Die Voraussetzungen für ein gelungenes Kleinod der Fernsehkunst waren gegeben, doch so manche Ungereimtheit wäre für ein derart herausragendes Produktionsteam sicher vermeidbar gewesen. Das verzeiht man über weite Strecken hinweg angesichts des tollen Ensembles. Anke Engelke und Matthias Brandt sind die Idealbesetzung und überzeugen bei den lauteren Tönen ebenso wie bei den leisen – die Chemie stimmt. Die Regie geht Erik Haffner locker von der Hand, wirkt nur mitunter etwas unentschlossen, ob hier eine Komödie mit leicht überzeichneten Figuren oder ein authentisch gespieltes Kammerspiel vorliegen soll. Das sorgt für leichtes Knirschen im Gewinde. Ein Knirschen, das jedoch wirkungsvoll übertönt wird vom Abba-Evergreen „Happy New Year“ und dem Knall der Befreiung von Bettina und Martin. 

"Kurzschluss", ab Freitag in der ARD-Mediathek sowie am Freitag um 23:30 Uhr und am Samstag um 19:30 Uhr im Ersten