Es ist die gute Nachricht vorweg: Die der neuen ZDF-Vorabendserie "Hotel Mondial" seinen Namen gebende Herberge scheint zu brummen ohne Ende. Wenn zwei Figuren sich in der großflächigen, aber doch ziemlich nach Studio aussehenden Lobby unterhalten, flanieren im Hintergrund mehr Personen als an einem durchschnittlichen Einkaufsfreitag in der Kaufbeurer Altstadt. Gut, Schwerin hat auch doppelt so viele Einwohner wie das beschauliche Städtchen im Allgäu. Und Schwerin ist, was prinzipiell zu begrüßen ist, Handlungsort der neuen Serie, auch wenn von der Hauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns in der Serie nur wenige Bilder zu sehen sind und besagtes Hotel Mondial auch in Ummerstadt, Regensburg, Aalen oder Bad Homburg stehen könnte.

Wichtiger als die lokale Verortung sind ohnehin die Figuren – und da sticht in erster Linie der diverse Cast heraus, der teils mit vielen Klischees beladene Charaktere darstellt. Dass es schon sehr 08/15 ist, dass Nhung Hong die natürlich sehr intelligente, strebsame und besonders in Mathe starke Asiatin Linh gibt, wird sogar in der ersten Episode mit einem Augenzwinkern erwähnt. Linh kann zunächst gar nicht gut mit der Neuen, doch das geschulte Serien-Auge ahnt, spätestens in Folge 12, dem Staffelfinale, werden beide gute Freundinnen sein. Die Neue, das ist die von Joy Ewulu sehr herzlich gespielte Lara, die im Vier-Sterne-Hotel anheuert, um eigentlich ihre Mutter zu finden.

Das ist eine der Storys, die sich quer durch die erste Staffel ziehen soll – und Suchen eignen sich irgendwie immer, um Stück für Stück mehr Preis zu geben (der RTL-"Schiffsarzt" lässt grüßen). Jenes Hotel, in dem Lara auch die ersten Lebensjahre verbracht hat, soll nun also mehr Aufschluss darüber geben, was in einer für sie sehr traumatischen Nacht passierte. Jener Nacht, die die letzte war, in der sie mit ihrer Mama zusammen war. Das klingt grusliger und tragischer als die Serie letztlich ist. Durch die jeweils knapp 45 Minuten zieht sich eine vom ZDF-Vorabend bekannte Leichtig- und Herzlichkeit, das stete Bestreben nirgends zu sehr anzuecken und sich von einigen bekannten und beliebten Gesichtern in die Primetime tragen zu lassen.

Hotel Mondial © ZDF und Maik Fløder Hotellobby mit Studioflair: Geräumig gebaut, aber eben doch an eine Kulisse erinnernd: Dort spielen viele Geschichten der neuen ZDF-Serie.

Gast-Stars der Serie, die vermutlich unter anderem bei sich auf Social Media für den Neustart werben und somit Publikum anlocken sollen, sind unter anderem Steffen Groth, Larissa Marolt, Jochen Horst, Simon Böer, Reiner Schöne, Daniela Ziegler, Leander Lichti und Bruce Darnell. Mitunter komisch bleiben die Vorgänge im fiktiven Schweriner Hotel dennoch – stellt sich den Mitarbeitenden des Mondial doch urplötzlich und ohne jegliche Vorankündigung plötzlich eine neue Chefin vor. Gesine Cukrowski spielt Eva, die von einer internationalen Kette nach Meck-Pomm strafversetzt wurde und mit ihren rigiden Sparplänen eigentlich für Fallhöhe in den Geschichten sorgen soll. Auch ein Vorhaben, das in der Lieblichkeit der Storys versumpft.

Dass das ZDF eine Hotel-Soap startet und darauf verzichtet, die x-te Mörderjagd am Vorabend zu veranstalten, kann per se schon mal nicht schaden. Dass der Cast abwechslungsreich und in vielen Fällen jung besetzt ist, auch nicht. Und dass der Schauplatz ein Hotel ist, dessen Drehtür "fortwährend neue Geschichten wie Gepäck in der Lobby spült", wie Produzent Johannes Pollmann von der ndF: Hamburg sagt, kommt den Kreativen gelegen. Was er als "un­endliches Kraftwerk an faszinierenden Geschichten" bezeichnet, findet sich in den wöchentlich unterschiedlichen Storys, die Gäste mitbringen – und die in der Regel eine Happy-End-Garantie eint. Da wird Eltern geholfen, sich um die Tochter zu kümmern, da wird ein ruppiger Manager ausfällig und bekommt den Kopf gewaschen oder ein royaler Sohn steht vor seinem Coming-Out gegenüber seiner Mutter, die für ihn eigentlich eine Frau sucht.

Wer akzeptieren kann, dass "Hotel Mondial" dem Seriengenre keine neuen Impulse geben wird, dass die Serie für sich vermutlich weder Anspruch nach "High-End" noch nach Auftauchen auf Listen renommierter Serienpreise stellt, sondern der liebenswerte und mit etwas Spannung versehene Vorabendbegleiter ist, wird sich vermutlich auch in Woche zwei ein Zimmer im Mondial buchen. Wer von einer deutschen Serie 2023 grundsätzlich mehr erwartet, ist woanders willkommen.

"Hotel Mondial", mittwochs, 19:25 Uhr im ZDF