"Ich kann ja auch nichts dafür, dass Sie die beste Zeit Ihres Lebens mit mir verbringen", sagte Thomas Gottschalk im Spaß zu seinem Publikum, als er am Samstagabend auf der "Wetten, dass..?"-Bühne stand. Und wer sich im Vorfeld der Show im Foyer der Baden-Arena in Offenburg unter den Zuschauerinnen und Zuschauern umhörte, die gekommen waren, um Gottschalk ein letztes Mal als Moderator des Show-Klassikers zu erleben, der konnte ein Gefühl dafür bekommen, wie sehr dieser Mann mehrere deutsche Fernseh-Generationen geprägt hat.

Tatsächlich ist es ihm und dem ZDF in den vergangenen Jahren noch einmal gelungen, das viel zitierte und längst erloschen geglaubte TV-Lagerfeuer doch noch einmal zu entzünden. Zweistellige Millionen-Reichweiten, wie sie Gottschalk erzielte - das schaffte zuletzt nicht mal mehr die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Nun, nach seinem dritten Abschied von dieser mittlerweile mehr als vier Jahrzehnte alten Nummern-Revue, deren allergrößter Teil von Thomas Gottschalk präsentiert wurde, ist davon auszugehen, dass die Flamme endgültig erlischen wird. Auch wenn das ZDF erstaunlicherweise bislang davor zurückschreckt, das Ende von "Wetten, dass..?" zu verkünden - trotz zweier glückloser Versuche in der Vergangenheit, die Show mit anderen Gesichtern fortzuführen.

Klar ist: Ohne die Symbiose aus "Wetten, dass..?" und Thomas Gottschalk wird dem deutschen Fernsehen etwas fehlen. Dass er zum Abschied von einem Bagger von der Bühne gefahren wurde und aus der Schaufel ähnlich royal winkte wie es einst die Queen vom Balkon des Buckingham Palastes tat, hätte sinnbildlicher kaum sein können.

Gleichzeitig hat die letzte Ausgabe jedoch auch mehr als deutlich gemacht, dass der 73-Jährige zunehmend mit dem Medium fremdelt, das ihn zum Star hat werden lassen. Erkennbar wurde das in seinen Abschiedsworten, mit denen er sich etwas angestrengt in den Chor der "Man darf nichts mehr sagen"-Sänger einreihte, vor allem aber im Gespräch mit der Musikerin Shirin David, der Gottschalk attestierte, man sähe ihr nicht an, Opern zu mögen und Feministin zu sein. Und überhaupt passen all die Pickel ausdrückenden Influencer nicht so recht ins Gottschalk'sche Weltbild, in dem ungleich mehr Platz ist für Cher, die Rolling Stones und all die anderen Altstars, die wie Gottschalk auch mit über 70 noch auf der Bühne stehen.

Wetten, dass..? © ZDF/Sascha Baumann Helene Fischer, Shirin David und Thomas Gottschalk

Das alles kann man freilich kritisieren. Genauso wie man auch darüber lästern kann, dass er Schweighöfer zum Schweinsteiger und Schweinsteiger zum Schweigsteiger macht. Viel ärgerlicher als die Namensdreher war jedoch, dass die Redaktion ihrem Moderator mit der Wahl einiger Gäste zum Abschied keinen sonderlich großen Gefallen getan hat. Sie boten Gottschalk nur selten die Anspielfläche, die es braucht, um seine größte Stärke, die Spontaenität, zum Vorschein zu bringen. Selbst Matthias Schweighöfer, selten um einen kessen Spruch verlegen, wirkte über weite Strecken der Show seltsam zurückhaltend. Kein Wunder, dass Gottschalk ausgerechnet in seiner letzten Sendung um ein Haar gar nicht überzogen hätte.

Wie gut, dass zumindest die Wetten glänzten: Der Hund, der Zahlen lesen kann; der Mann, der seine Hähne an den Rufen erkennt; verrückte Schweizer, die eine tonnenschwere Seilbahn ziehen; zwei Kandidatinnen, die mit einem Gabelstapler ein Handy an eine Steckdose anschließen wollen; ein Kind, das den Rollstuhl gegen ein Skateboard tauscht. Dazu eine Frau, die alle Wettkönige aus bislang 216 Sendungen mittels eines Strichcode-Systems entschlüsselt - und die am Ende selbst verdiente Wettkönigin wird. 

Eigentlich wäre das ein perfekter Schlusspunkt für dieses Show gewordene Kuriositätenkabinett gewesen. Ob es irgendwann einen 218. Wettkönig geben wird, muss nun das ZDF entscheiden. All die Kandidatinnen und Kandidaten dieses Abends haben jedenfalls gezeigt, dass die Idee der Show auch nach all den Jahren noch das Zeug dazu hat, das Publikum zu unterhalten. Fehlt nur noch der Gastgeber, mit dem die Zuschauerinnen und Zuschauer am Samstagabend ihre Zeit verbringen wollen - wissend, dass sie die beste bereits mit Thomas Gottschalk hatten. Wie wär's mit einem Influencer?