"Oh doch", möchte man Timucin entgegnen als er davon spricht, dass "die ganze Situation nicht mehr lustig ist." Timucin ist der erste Kandidat der neuen RTL+-Sendung "Meine neue Freundin", die genauso funktioniert wie "Mein neuer Freund" vor knapp 20 Jahren – aber besser ist, was in erster Linie an der schlicht überragenden Luisa Charlotte Schulz liegt, die mit ihrer Figur Cordula voll ins Schwarze trifft – und das mit maximal monotoner Stimme und einer Körperhaltung, anhand der man schon denken kann, dass irgendetwas nicht stimmt.



Auch in der Neuauflage, umgesetzt von Pyjama Pictures unter der Leitung von Produzent Carsten Kelber ("Jerks", "Die Discounter") und Executive Producerin Linda Kaiser, gilt es, diese unbekannte Person ein ganzes Wochenende lang als neue Freundin vorzustellen. Bei Freunden, Bekannten oder der Familie. Das "Vergnügen" – und ja, es ist zumindest am Bildschirm ein großes – hat Unternehmer Timucin, von dem wir schnell wissen, dass er viel Wert auf seine Außenwirkung und sein erfolgreiches Business legt. Allzu bald muss er offen zugeben, dass er sich später um die Kinder kümmern würde, weil Cordula fünf Mal so viel verdient. Sein Lagerfeld-Shirt hat er da längst schon gegen einen hässliches Schildkröten-Shirt getauscht. Aber mal ehrlich: Was soll der Mann auch anderes tragen, da er doch die Wiedergeburt einer Schildkröte ist?! Zumindest ist Cordula davon felsenfest überzeugt.

Um 10.000 Euro zu gewinnen, muss Timucin all das über sich ergehen lassen. Er muss Bekannte verprellen, er muss unhöflich und respektlos sein und bei all dem natürlich wie ein Fels in der Brandung an Cordulas Seite stehen. Meist gelingt ihm das. Nicht immer. "Das ist Stoff", raunzt er sie bei einem Abendessen in der eigenen Wohnung an, als Cordula gewohnt emotionslos, aber sehr bestimmt ansagt, dass ihre Plüschschildkröten eigene kleine Teller erhalten müssen.

Dass "die neue Freundin" teils sogar als solcher Kaltblüter verkleidet herumläuft, setzt dem Ganzen die Krone auf. Eine Kunst ist es auch, die Situation zuerst auf die Spitze des Unangenehmen zu treiben, nur um dann kurz auf Toilette, zum Telefonieren oder Frische-Luft-Schnappen zu gehen, um Timucin dann den fragenden Gesichtern der Umstehenden auszusetzen. Ein bisschen schade ist, dass die Auflösung des Fakes am Ende recht kurz ausfällt und bei Weitem nicht alle Betroffenen darauf reagieren können. 

 

Nicht gebraucht hätte es derweil, dass Christian Ulmen in seiner (deutlich platteren) Rolle als Uwe Wöllner die jeweiligen Konstellationen zu Beginn der Folge einführt. Das ist eine gut gemeinte Verneigung vor der ersten Staffel in den Nuller-Jahren, ein Zuckerl für die Fans von damals, das allerdings deutlich verblasst, wenn man Cordula monoton-gelangweilt nach einem Dreier fragen hört. So lustig war ein RTL+-Original schon lange nicht mehr. Chapeau Luisa Charlotte Schulz!

"Meine neue Freundin", ab Montag, 18. Dezember, bei RTL+.