Die Jahre 2020 und 2021 werden wohl einen ganz besonderen Platz in der RTL-Geschichte erhalten. Es waren die Jahre, in denen man sich eine neue Ernsthaftigkeit und Familienfreundlichkeit auf die Fahnen geschrieben hatte. Dieter Bohlen? Den schmiss man hochkant raus. Und "Schwiegertochter gesucht"? Die oft kritisierte Kuppelsendung wurde damals in die Primetime geholt und war plötzlich gar nicht mehr so schlimm wie in den früheren Jahren.
Aber wie das eben so ist: Irgendwann muss man zurückblicken und prüfen, ob die Entscheidungen, die man mal getroffen hat, richtig waren. Bei den genannten Entscheidungen ist RTL offenkundig zum Fazit gekommen, dass sie katastrophal falsch waren. Dieter Bohlen ist bekanntlich längst zurück im Programm von RTL. Und nun feiert auch das alte "Schwiegertochter gesucht" ein Comeback.
Wobei, mit Angela Finger-Erben gibt es durchaus eine Veränderung. Die Moderatorin folgt auf Vera Int-Veen, die jahrelang durch das Format geführt hatte und bis heute wie keine andere für die Menschenverachtung steht, die Formate wie "Schwiegertochter gesucht" ausstrahlen. Dass Int-Veen 2020 und 2021 noch durch zwei vergleichsweise harmlose Staffeln führte, hat der Glaubwürdigkeit des angekündigten Neustarts nicht geholfen. Und nun muss auch Finger-Erben aufpassen, dass sie sich an dem Format nicht verbrennt.
Denn viele Stellschrauben, an denen man vor wenigen Jahren gedreht hatte, sind nun wieder zurückgesetzt worden. Am auffälligsten sind die Alliterationen, die Angela Finger-Erben, die sich nahtlos ins Konzept einfügt, fröhlich aus dem Off in die Sendung flötet. Da gibt es den fröhlichen Fleischer, die rüstige Rentnerin und natürlich auch einen appetitlichen Arbeitsplatz. Ein Kündigungsgrund für RTL und Warner Bros. International Television Production Deutschland dürfte es jedoch sein, dass der Alliterations-Beauftragte beim Satz "[...] mit ihren sieben Sachen samt Salat im Anmarsch [...]" vergessen hat einzubauen, dass die beschriebene Kandidatin Sarah aus dem Saarland kommt. Schlecht!
Und wenn die neue Moderatorin im Vorfeld des Starts via "Bild" mitteilt, es sei ihr und dem Sender wirklich "ganz wichtig" gewesen, dass man keine Menschen vorführe, muss man festhalten: Entweder ist das gelogen oder es gibt einfach sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, wann Menschen vorgeführt werden. Vordergründig gibt sich die Moderatorin gegenüber den Singles und ihren Müttern nett und zugewandt, durch Schnitt und Musik ist es aber natürlich ganz klar beabsichtigt, dass sich die Zuschauerinnen und Zuschauer über die Teilnehmenden erheben und lustig machen.
Für Fans fühlt sich die Staffel vertraut an
Und weil wir eben bei Dieter Bohlen waren: Mit Claudia gibt es in der neuen Staffel von "Schwiegertochter gesucht" natürlich auch direkt eine Kandidatin, die man in den zurückliegenden Jahren schon das eine oder andere Mal bei "DSDS" der Lächerlichkeit preisgegeben hat, was man auch noch stolz vor sich herträgt. Ein anderes Mutter-Sohn-Gespannt begrüßt sich zudem immer mit Hühner-Gegacker - und da ist es wieder, das altvertraute RTL, das ganz offenbar nicht kann ohne Dieter Bohlen und fragwürdige Unterhaltungssendungen. Oder wie es Senderchefin Inga Leschek vor einiger Zeit im DWDL.de-Interview sagte: "RTL ist nicht mehr RTL, wenn wir es weichgespült versuchen."
Für alteingesessene "Schwiegertochter gesucht"-Fans dürfte sich diese Staffel ziemlich vertraut anfühlen. Nichts ist mehr zu spüren von der einstigen Ernsthaftigkeit, die man sich auf die Fahnen geschrieben hatte. Denn inzwischen ist die Erkenntnis gereift, dass RTL "Ecken und Kanten" (O-Ton Leschek) braucht. Da wird die vor einigen Jahren noch von einem anderen Senderchef auferlegte Haltung schon mal lästig und kurzerhand wieder über Bord geworfen. Nur: In den Spiegel schauen sollte man schon noch können.
"Schwiegertochter gesucht" ist ab dem 10. März immer sonntags ab 19:05 Uhr zu sehen.