Wenn es einen Preis für den wandelbarsten Schauspieler gibt, man müsste überlegen, ihn an Damian Hardung zu verleihen. Todkranker Jugendlicher ("Club der roten Bänder"), arroganter Schönling ("Maxton Hall"), Drogendealer ("How to Sell Drugs Online (Fast)") oder auch einen späteren Mörder in Jugendjahren ("Gestern waren wir noch Kinder") - Damian Hardung hat schon einige prägende Rollen hinter sich. In der neuen, von Studio Zentral und U5 produzierten ZDFneo-Serie "Love Sucks" spielt er nun einen introvertierten Vampir, der auf der Suche nach Liebe ist.
Und obwohl Horror im Allgemeinen und Vampire im Speziellen aktuell einen wahren Boom erleben, ist "Love Sucks" etwas Besonderes. Der Serie von Marc O. Seng (Gesamtkonzept & Headautor) gelingt ein fast schon unmöglicher Spagat zwischen der Neuinterpretation von Romeo und Julia sowie der Integration von Vampir-Elementen, die nicht albern wirken. Herausgekommen ist ein in sich stimmiges Teenie-Drama, in dem Horror-Elemente gut dosiert eingesetzt werden.
Da ist dann also der Liebessuchende Vampir Ben (Damian Hardung), der das krasse Gegenteil zu seinem Bruder Theo (Rick Okon) ist. Während Ben am liebsten stundenlang mit seiner (sterblichen) Freundin zusammen sein würde, weil sie absehbar bald sterben wird, stürzt sich Theo von einem ins nächste Abenteuer. Als Theo seinen Bruder auf den Rummel schleppt, ist es dort - zack - um ihn geschehen. Ein einzelner Blick hat gereicht, um sich in Zelda (Havana Joy) zu verlieben. Sie ist eine junge Frau, die mit ihrer Familie auf dem Festplatz lebt und als Schaukampf-Boxerin ihr Geld verdient.
Bei der Geschichte von Ben (Romeo) und Zelda (Julia) wird immer wieder sichtbar, wie sehr die Macherinnen und Macher in die Trickkiste gängiger Teenie-Dramen gegriffen haben, obwohl die Figuren diesem Alter natürlich bereits entsprungen sind. Natürlich verliebt sie sich auch schnell in ihn und die gesamte Beziehung ist in den ersten vier von ZDFneo vorab zur Verfügung gestellten Folgen einen Hauch zu theatralisch, auch die Dialoge erinnern ein paar Mal zu oft an plumpe Vorabendserien. Aber nachdem die Einführung in das gesamte Setting in Folge eins etwas zu lange dauert, geht es dann so richtig los.
Hauptfiguren zwischen den Stühlen
Bei einer vermeintlichen Party sieht Zelda die Wahrheit über Ben und seine Familie. Ben, Theo und die anderen müssen sich, wie Vampire das eben machen, von Menschenfleisch- und Blut ernähren. Und während das Blut gut abgepackt in Konserven im Kühlschrank lagert, dient die Party vor allem der Aufnahme fester Nahrung. Zelda kann gerade so entkommen, dabei kommt aber Theos Freundin Agata (Dana Herfurth) zu Tode. Der ohnehin aufbrausende Vampir schwört fortan Rache und will alles dafür tun, um herauszufinden, wer seiner großen Liebe das angetan hat.
Und so gerät zunächst Ben in einen inneren Konflikt, denn er weiß sehr bald, dass Zelda in Notwehr gehandelt hat. Seine neue, große Liebe an den Bruder zu verraten, kommt für ihn aber nicht infrage. Und auch Zelda befindet sich bald zwischen den Fronten, ihre Familie ist nämlich schon seit langer Zeit im Geschäft der Vampirjäger unterwegs - ausgestattet natürlich mit Holzpflöcken. Da ist es eher ungünstig, sich in einen solchen verliebt zu haben. Und natürlich wird das im Verlauf der Serie noch zu einer großen Auseinandersetzung führen.
Der innere Konflikt der Hauptfiguren und die Tatsache, dass in "Love Sucks" nicht auf Teufel komm raus Blut fließt oder Vampire die Nacht unsicher machen, macht die ZDFneo-Serie sehenswert. Aus den genannten Gründen gibt es auch keine Fremdschäm-Momente, die es in Vampir-Produktionen fast zwangsläufig gibt, wenn sich Macherinnen und Macher an Horror-Elementen verheben. "Love Sucks" überzeugt dagegen auch optisch, weil man die Geschichte auf einem Frankfurter Rummelplatz angesiedelt hat. Auf der einen Seite ist es also laut und bunt, in den Tiefen der Vampir-Villa dagegen dunkel und unwirklich. Es sind scharfe Kontraste wie diese, die Regisseur Andreas Prochaska in den ersten vier Folgen herausstellt und die die Serie auch optisch ansprechend machen. Die Folgen fünf bis acht wurden von Lea Becker inszeniert.
Der Damian-Hardung-Dackelblick
"Love Sucks" lässt die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen, denn die Vampire sind nicht grundsätzlich die Bösen, die die Menschen vernichten wollen. Und auch Vater und Sohn der Rummel-Familie sind nicht die selbstlosen Weltretter, als die sie sich vielleicht sehen. Die neue ZDFneo-Serie punktet darüber hinaus mit einer starken Besetzung in allen Rollen. Vor allem Rick Okon überzeugt als böser Vampir-Bruder auf Rachefeldzug, der sich auch nicht vor körperlichen Auseinandersetzungen scheut, während Ben und Zelda schwer verliebt durch Frankfurt flanieren.
Und auch Damian Hardung und Havana Joy spielen ihre Rollen so überzeugend, dass man zwischenzeitlich vergessen kann, dass sich da zwei sehr gegensätzliche Figuren gegenüberstehen. Für Hardung ist es eine weitere Facette, die er seinem Portfolio hinzufügen kann. Nur eins, das war bei bislang allen Rollen gleich: Der Damian-Hardung-Dackelblick. Den gibt’s in jeder Serie zu sehen. Den macht er auch bei Ben, diesem introvertierten Vampir, der mit sich und seinem Schicksal schon seit einiger Zeit hadert. Und da soll noch einer sagen, Vampire können nicht einfühlsam sein!
"Love Sucks" steht ab sofort in der Mediathek des ZDF zum Abruf bereit. Die lineare Ausstrahlung erfolgt ab dem 31. Oktober an drei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils ab 20:15 Uhr.