Das erfreut ihre Kassen und die von Simon Cowell...

Er ist vor allen Dingen einen weißen Fleck auf seiner Weltkarte los. Bei einer MIP-Keynote zeigte er letztes Jahr eine Weltkarte mit nur zwei Ländern, in denen seine Formate noch nicht zu sehen sind: Nordkorea und Mongolei. Unsere Vertriebschefin für Asien hat das gesehen, hat den Ehrgeiz entwickelt das zu ändern und kürzlich erst erfolgreich in die Mongolei verkauft. Jetzt bleibt nur noch Nordkorea übrig. Aber man braucht ja Ziele (lacht). Also: Die Unterhaltungsshows sind weiterhin weltweit stark unterwegs, aber dazu kommen wieder deutlich mehr Initiative in Richtung Serien.

Welche Initiativen meinen Sie?

Beispielsweise sind vor anderthalb Jahren Craig Cegielski and Stefanie Berk an Bord gekommen, die sich bei Fremantle North America um Drama kümmern und kürzlich mit "The Returned" - einer Adaption der französischen Serie - ihren ersten Launch bei A+E hatten. Und mit Netflix zusammen haben wir mit der Serie Geschichte geschrieben. "The Returned" ist als Netflix Original außerhalb der USA zuerst bei Netflix zu sehen. Zum ersten Mal hat sich Netflix hier bei einer für einen US-Sender produzierten Serie die internationale Erstverwertung gesichert.

Moment. War das nicht auch bei Serien wie "Fargo" schon der Fall?

Da hat Netflix die Rechte nur für wenige Märkte erworben. Bei "The Returned" haben wir Netflix die Welt geschenkt.

Ich bin mir irgendwie sehr sicher, dass sie es nicht verschenkt haben...

(lacht) Sie wissen, was ich meine. Für uns ist das ein wichtiger Anker: FremantleMedia North America und A+E koproduzieren und wir als Distributor könnten einen starken Partner für den Launch gewinnen. .

Woher bezieht FremantleMedia International sein Drama-Portfolio?

Die Kollegen in den USA arbeiten sowohl an High-Concept-Produktionen als auch Mainstream-Drama. In UK haben wir inzwischen vier Produktionsfirmen für fiktionale Unterhaltung. Zwei sind in den letzten Monaten dazu gekommen – Euston Films und Corona Television. Wir haben auch vermehrt Drama aus Australien im Angebot, wo wir "Wentworth" international platzieren konnten - auch bei Netflix übrigens. Dort wollte man "Orange is the new black" erst keine Konkurrenz machen, aber hat "Wentworth" dann als passende Ergänzung verstanden. Auch in Deutschland, Niederlanden, Skandinavien und Italien sind wir im Serien-Bereich stark, dabei auch verstärkt gestützt von unabhängigen Produzenten. Wir haben Georgia Brown an Bord geholt, die zuvor bei Shine zuvor Einkauf und Ko-Produktion verantwortet hat. Sie wird zusammen mit Sarah Doole daran arbeiten, unser Serien-Portfolio weiter auszubauen.

Mit welchen Portfolio-Highlights reisen Sie zur MIPTV nach Cannes?

Als erstes Highlight aus diesen Zusammenarbeiten kann ich "No Offence" präsentieren - zur Hälfte Comedy, Hälfte hartes Drama. Die Serie ist eine sehr ungewöhnliche Kombination aus der Feder von Paul Abbott, der auch "Shameless" und "State of Play" umgesetzt hat. "No Offence" wird in Großbritannien als Leuchtturm-Format bei Channel 4 seine Premiere feiern und ist auf mehrere Staffeln angelegt. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die großen kommerziellen Sender, die mehr brauchen als kleine, feine Miniserien. Über „Deutschland 83“ sprachen wir schon. Dann haben wir noch ein Reihe weiterer Serien, darunter zwei von DirecTV -  "Billy & Bille" mit Adam Brody und "Full Circle" sowie ein starkes Cyber-Crime-Procedural namens "Eye Candy" (von MTV. Und dann die Comedy, etwa das urkomische "Top Coppers". Und wir freuen uns darauf in Cannes in die Gespräche zu "Modus", produziert von Miso Schweden. Die Serie basiert auf den Krimis von.

Und abseits der Serien?

Natürlich unsere großen Entertainment-Marken wie „Got Talent“ und „X Factor“, aber wir haben auch viel Factual im Gepäck wie zum Beispiel "The Seventies" - nach dem Erfolg von "The Sixties", die von Tom Hanks' Produktionsfirma Playtone für das US-CNN produziert wurde und sich weltweit gut verkauft hat. Oder auch "Bondi Ink“, "Connected" von Warrior Poets für AOL, „An Hour to Save Your Life“ von unseren FremantleMedia UK-Kollegen und "Planet's Got Talent", was die Highlights und unglaublichsten Auftritte aus "Got Talent"-Shows und um den Globus bündelt. In allen Bereichen zeigt sich Fremantle Media International bei der diesjährigen MIPTV als Vertriebsplattform auch für unabhängige Produzenten.

Spannend bleibt ja auch die Frage, ob SVoD-Anbieter wie Netflix neue Serien künftig stets auf einen Schlag oder in Intervallen veröffentlichen. Je nach vorliegendem Material sind SVoD-Anbieter schon jetzt zu unterschiedlichen Release-Formen gezwungen.

"The Returned" ist bei Netflix auch wöchentlich zu sehen und man hat auch gar nicht danach verlangt, Folgen vorab zu erhalten, um mit mehreren Episoden gleichzeitig online gehen zu können. Alle SVoD-Dienste sind sich bewusst, dass es auf der einen Seite den Vorteil für die Konsumenten gibt, wenn man Serien zum Binge-Watching anbietet. Auf der anderen Seite geht mir in der Kommunikation Einiges verloren, wenn ich nicht wöchentlich aufs Neue Aufmerksamkeit schaffen kann sondern nur einmal alles freischalte. Viele dieser Plattformen werden auf Dauer also eine Mischung fahren: Binge-Watching und wöchentliche Veröffentlichung, weil ich sonst den Watercooler-Effekt nicht hinbekomme. Über "House of Cards" kann sich kaum jemand unterhalten, weil jeder auf einem anderen Stand ist. Nochmal zurück zur eben angesprochenen Schere. Das ist  die erste von zwei elementaren Fragen, die uns in naher Zukunft beschäftigen werden.

Welche ist die zweite?

Welchen Einfluss die Digitalisierung der Kundenseite auf unsere Lizenzierungskette hat. Da wird noch sehr viel experimentiert. Selbst wenn sich dort aber langsam eine standardisierte Auswertungskette abzeichnet, so wird das international eine Herausforderung, weil die Märkte in extrem unterschiedlichen Phasen stecken. Es gibt Märkte, da boomt das Pay-TV - etwa in Lateinamerika. Da spielt SVoD eine untergeordnete Rolle, aber andere wo SVoD auf Kosten des Pay-TV sehr stark geworden sind. Dann gibt es ganz unterschiedliche Geschmäcker und Trends. In Australien beispielsweise spielen US-Serien zur besten Sendezeit bei den großen Sendern kaum eine Rolle mehr in diesem Jahr. Im Free-TV wird dort und woanders lieber wieder lokal produziert. Das kommt uns als Fremantle sehr entgegen, weil wir nicht nur weltweit distribuieren sondern auch vor Ort produzieren können mit den eigenen Töchtern.

Herr Richter, herzlichen Dank für das Gespräch.