Viele Kreative in Deutschland würden sich ja wünschen, dass das ZDF bzw. ZDF Enterprises eben bei internationalen Koproduktionen nicht einfach nur das Geld gibt - während die Kreativität von woanders kommt.

Das verstehe ich, möchte aber zum Beispiel bei "The Team" darauf hinweisen, dass da zu skandinavischen Autoren ein deutscher Produzent kommt, unsere Tochter Network Movie. Es sind deutsche Schauspieler dabei, auch deutsche Regisseure. Über diesen kreativen Input aus Deutschland bin ich sehr glücklich. Solche Zusammenarbeiten werden wir immer häufiger erleben, was irgendwie auch die Frage aufwirft, ob die Diskussion über den Begriff deutsche Serien nicht etwas engstirnig ist. "The Team" ist eine hervorragende europäische Serie. Wenn uns die letzten Jahre etwas gelehrt haben, dann doch, dass es sowohl in der Produktion, Finanzierung als auch Distribution keine Denkverbote geben sollte.

Ist denn dann eine Zusammenarbeit wie die zwischen Sky und der ARD auch für Sie ein interessantes Modell?

Also ich bin da frei von Ideologie. Es muss für alle Beteiligten stimmen, also den Pay-TV-Sender, die öffentlich-rechtliche Seite und in dem Fall den Distributor. Auch wenn es ein Allerweltsbegriff ist, so würde ich dieses Projekt mal als sehr interessant bezeichnen. Der Zweitverwerter in solch einer Kette - wobei es zweitrangig ist, ob Privatsender oder Öffentlich-Rechtlicher - muss sich nur sicher sein, auch einen Stück vom Kuchen abzubekommen, wenn es um das Prestige eines solchen Projekts geht.

Neben dem Distributionsgeschäft ist ZDF Enterprises auch an diversen Unternehmen, meist Produktionsfirmen beteiligt. Da kamen immer mal wieder neue Aktivitäten hinzu...

Unser strategisches Ziel ist, dass wir so breit aufgestellt sind, dass uns eine konjunkturelle Delle oder Veränderungen im Markt möglichst nicht umwerfen. Deswegen spielt unser Beteiligungsportfolio neben dem operativen Distributionsgeschäft eine unverändert wichtige Rolle - beide Bereiche halten sich im Geschäftsergebnis ungefähr die Waage. Ich sehe da in der nahen Zukunft keine großen Verschiebungen.

Also erst einmal keine weiteren Investments oder Beteiligungen?

Wir schauen immer nach Opportunitäten. Vielleicht schaut man mal ins Ausland oder man investiert in digitalen Content. Das sind Überlegungen, die uns beschäftigen. Aber das eignet sich jetzt nicht für Ihre Überschrift: Wir stehen nicht akut vor weiteren Beteiligungen. Im deutschen Markt sehe ich derzeit nicht allzuviele attraktiven Gelegenheiten, aber Überlegungen, sich bei unseren engen Verbindungen nach Skandinavien oder den angelsächsischen Bereich dort an Produktionsfirmen zu beteiligen sind weder ganz neu, noch dürften sie jemanden überraschen. Aber bei den Preisen, zu denen derzeit Produktionshäuser gehandelt werden, werden wir nicht mitmischen. Der Markt muss sich erst einmal beruhigen.

Welchen Beitrag leistet ZDF Enterprises als kommerzielle Tochter des ZDF eigentlich zum Budget des Mutterhauses?

Wir haben sechs Jahre in Folge einen niedrigen zweistelligen Millionen-Betrag als Vorsteuer-Ergebnis erwirtschaftet, jeweils zwischen 10 und 15 Millionen Euro.

Kurz noch zur MIPTV selbst. Welche Stimmung erwarten Sie in Cannes?

Eine nach wie vor sehr gute Stimmung. Das Schlagwort vom "Golden Age of Television" gilt immer noch. Wir spüren wieder eine weitaus positivere, interessierte Haltung als noch in den Jahren der Wirtschaftskrise. Da kommt also die wirtschaftliche Entwicklung und die Lust an gut erzählten Geschichten zusammen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass diese Stimmung im Markt anhält. Aber je attraktiver der Markt, desto mehr Teilnehmer wollen mitmischen. Das dürfte die mittelfristige Herausforderung sein. Ich meine zum Beispiel die skandinavischen Produktionen. Wir haben sie einst entdeckt für den internationalen Markt, aber wir konnten ja schlecht einen Zaun drum rum ziehen, also mischen dort inzwischen auch viele Konkurrenten mit.

Haben Sie abschließend Tipps für erstmalige MIP-Besucher? Oder  persönlichen Rituale?

Ich persönlich versuche immer, mir einen Abend in Cannes freizuhalten von geschäftlichen Terminen, um mit zwei drei guten Freunden ein Bier trinken zu gehen und vielleicht ein Steak oder eine Pizza zu essen. Wer zum ersten Mal nach Cannes fährt, sollte versuchen, sich nicht von der Masse des Angebots in und um das Palais herum erschlagen zu lassen. Wer durch die Straßen der Altstadt oder die Croisette entlang bummelt, trifft oftmals auch die richtigen Leute.

Herr Coridaß, herzlichen Dank für das Gespräch.