„Ich war letztens bei der Darmspiegelung.“ Der Assistent von Ritter und Stark sagt das, aber keiner will hören, wie das so war. Das ist sehr ungewöhnlich in diesem Film, weil ansonsten alles, was gesagt wird, als Vorlage für eine ausschweifende Erklärung dient. Ein Mann mit Morbus Crohn ist gestorben. „Ist das ansteckend“, fragt Stark und liefert damit das Sprungbrett, von dem dann die Erklärung hüpft, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt. Danach wird noch weiter erklärt und erklärt. Es ist nicht nur ein bisschen ermüdend, dass „Tatort“-Kommissare immer so komplett strunzdoof sein müssen. Es nervt sehr.
Kurz darauf ist die Rede von einem Immunsuppressivum, und natürlich fragt der doofe Stark „Immun was?“ Doch das ist nur der Anfang dieses überaus öden Falles, in dem es einmal durch das komplette deutsche Gesundheitssystem geht. Obwohl, das stimmt nicht ganz. Es geht vor allem durch die Missstände. Als da wären: Alte Ärzte wollen nicht von ihrem Job lassen, sie agieren zunehmend als verbissene Einzelkämpfer und überziehen regelmäßig ihre Budgets zum Wohle der Patienten. Sie lassen auch mal fünf gerade sein, ohne den bösen Krankenkassen das mitzuteilen. Das Gesundheitssystem setzt vor allem auf Kosteneffizienz, weniger auf das Wohlergehen der Patienten. Junge Ärzte wollen die alten verdrängen, aber die blöden Banken machen das nicht so mit wie sie eigentlich sollten. Schon ein bisschen müde geworden von dieser Aufzählung?
Pech, es kommt noch mehr. Es folgen lange, lange Pausen zwischen den Dialogen. Lange Pausen sind gut für diese Art von Machwerk, weil dann Ritter und Stark viel Zeit haben, um entweder entsetzt, staunend oder entrüstet zu gucken. Zusätzlich stehen andauernd irgendwelche Menschen in der Gegend herum und schauen aus Fenstern hinab auf die Straße. Zwischendrin soll es dann ein bisschen wie im Western wirken. Dann gucken sich die Menschen lange an, bevor sie reden. Allerdings schwirren die Worte danach nicht wie Revolverkugeln durch die Luft. Es sind ja Ritter und Stark am Werk.
Die passen in der schauspielerischen Interpretation von Dominic Raacke und Boris Aljinovic ziemlich gut zum Thema Gesundheitssystem. Sie sollten nämlich eigentlich auch verschreibungspflichtig sein - als Schlaftabletten vom Dienst. Besonders Aljinovic verbreitet gerne das Flair einer Selbsthilfegruppe. „Ich heiße Boris und bin Tatort-Kommissar“, könnte er gut sagen. In der Folge würden dann alle betonen, dass sie ihn sehr bedauern.
Man fragt sich währenddessen, warum Sender, wenn sie schon keine neuen Episoden ins Programm liefern, sich solcher misslungener Ausgaben bedienen. Wenn schon Wiederholung, dann doch bitte das Beste, was die letzten Jahre zu bieten hatten und nicht solch einen zwei Jahre alten Mist.
Der Mist fällt nämlich doppelt auf, weil es um die eigentliche Krimifrage, wer denn nun der Mörder ist, nur sehr am Rande geht. Im Mittelpunkt steht der ewige Zwist von Menschen, die Gutes wollen, aber auf dem Weg zum Guten auch mal Schlechtes hinterlassen. Am Ende tritt Kommissar Ritter nach einem unschuldigen Krankenhausstuhl, damit man sieht, wie frustriert er ob der gesellschaftlichen Missstände ist.
Spannend ist das zu keiner Sekunde, weshalb man dann doch gerne nochmal auf die Erzählung des Assistenten eingehen würde. Schließlich ist gegen solch einen „Tatort“ jede Darmspiegelung eine hochspannende Angelegenheit.