Es gilt, eine Entdeckung zu feiern. Nicht dass Nora Tschirner bisher nicht angenehm aufgefallen wäre, aber in diesem „Tatort“, der eigentlich als einmaliges Event betrachtet wurde und nun doch in die Fortsetzung geht, spielt sie die hochschwangere Kommissarin Kira Dorn mit einer derartigen Lässigkeit, dass sie dem Zuschauer schon nach wenigen Szenen wie eine Vertraute wirkt. Sie kann ihre Sätze mit solch einer beiläufigen Selbstverständlichkeit ausstatten, dass man keine Sekunde auf die Idee kommt, da spiele irgendwer irgendwas.

Nun gut, da spielt auch noch Christian Ulmen mit. Er ist Kommissar Lessing, kommt frisch aus Hamburg und gerät an seinem neuen Wirkungsort Weimar flugs in eine Geiselnahme. Sofort mischt sich Lessing ein und überwältigt den Geiselnehmer, sehr zur Verblüffung aller Anwesenden einschließlich des Sondereinsatzkommandos. Erst danach geht es aufs Revier, wo sich Lessing auch nicht lange aufhalten darf, denn es liegt eine Vermisstenanzeige vor. Gesucht wird Brigitte Hoppe, Besitzerin einer Großfleischerei und Herstellerin der Fetten Hoppe, Thüringens angeblich bester Bratwurst. Dorn und Lessing machen sich also auf die Suche.

Bis aber die Bratwurst eine Rolle spielen darf, geht es um Blut im Kofferraum von Hoppes Auto. Viel Blut. Schnell ist der Sohn verdächtig, der sich ein bisschen ungelenk anstellt und sehr offensichtlich was mit der Stadtschlampe hat. Letztere ist Kommissarin Dorn wohlbekannt. Schließlich hat sie gemeinsam mit ihr die Schulbank gedrückt. Ohnehin gibt es kaum jemanden in Weimar, mit dem Dorn nicht bekannt ist, von dem sie nichts weiß. Ist halt doch ein Dorf, dieses Weimar.

Das ergibt einen schönen Kontrast zu ihrem ahnungslosen Kollegen Lessing, der indes durch eine sehr ausgeprägte Beobachtungsgabe der Kategorie Monk auffällt. Christian Ulmen spielt den Lessing mit jener Schnoddrigkeit, mit der Ulmen so ziemlich alle seine Figuren ausstattet. Das stört nicht weiter, weil diese überbärtige Art praktisch in jedes Setting passt. Ob er nun Dr. Psycho bei ProSieben ist oder der deutsche Alien in „Maria, Ihm schmeckt’s nicht“, stets fremdeln Ulmens Figuren auf höchst angenehme Art.

Dazu haben die Drehbuchautoren den beiden Stars ein paar angenehm witzige Dialoge und Bemerkungen ins Drehbuch geschrieben, die hier aus Gründen der Spannungssteigerung nicht verraten werden sollen. Die ermöglichen einen geradezu fulminanten Start.

Leider hapert es dann recht bald mit der Fortführung. Ungefähr nach einer halben Stunde hängt der Spannungsbogen schlapp im Raum herum, und dem Zuschauer wird relativ wurscht, worum es hier geht. Zu viel Wo-waren-Sie um-Fragerei. Zudem nerven ein wenig die Versuche, diesen „Tatort“ zum Weimar-Werbefilm umzufunktionieren. Hier wird die Anna-Amalia-Bibliothek erwähnt, und dort läuft irgendein Ersatz-Goethe durchs Bild, und dann gibt es noch eine Verfolgungsjagd mit Kutsche durch pittoreske Gassen. Schön anzusehen, aber nicht wirklich von dramatischem Wert.

Das ändert sich erst, als eine überraschende Veränderung im Verhältnis von Dorn und Lessing eintritt. Die bringt wieder ein bisschen Schwung in die Angelegenheit, und selbst der Witz kehrt zurück. Zur Belohnung bekommen die Ermittler am Ende schließlich eine Fette Hoppe in die Hand gedrückt, woraufhin klar ist, dass es doch immer irgendwie um die Wurst geht.

Guten Appetit wünscht man da und freut sich auf die geplante Fortsetzung, bei der bitte die kleinen Fehler des Debüts unterlassen werden mögen. Sonst gibt es am Ende keine Wurst mehr.