Bild:WDR/Bettina Fürst-FastréIm Streit um den WDR-Film "Eine einzige Tablette", der sich mit dem Contergan-Skandal des Pharma-Herstellers Grünenthal beschäftigt, kam das Oberlandesgericht Hamburg bei seiner Verhandlung vorerst zu keinem Ergebnis. Die Entscheidung über eine Ausstrahlung des Films wird voraussichltich erst im April fallen. Allerdings habe das Gericht laut Mitteilung des WDR und der Produktionsfirma Zeitsprung zu erkennen gegeben, dass die Verbote im Wesentlichen aufgehoben werden könnten. Vorher müssen aber noch - und das teilt der WDR nicht mit - gewisse Vorbehalte seitens des Gerichts aufgelöst werden.

In dem Streit geht es darum, dass sowohl das Pharma-Unternehmen als auch ein in den Skandal involvierter Rechtsanwalt durch den Film ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sehen. Da sich der Film verhältnismäßig detailliert an die historischen Fakten hält, muss nun durch das Gericht beurteilt werden, wie weit die dramaturgischen Verfremdungen seitens der Filmhersteller in diesem Fall gehen dürfen. Der Streit könnte zum Präsedenzfall für die filmische Aufarbeitung historischer Inhalte werden. Gegenüber stehen sich in diesem Fall die beiden grundgesetzlich verankerten Interessen des Persönlichkeitsschutzes und der Kunstfreiheit.
 
WDR-Fernsehdirektor Ulrich Deppendorf (Bild) zeigt sich zuversichtlich, dass der Film, der eigentlich schon im vergangenen Herbst gesendet werden sollte, in absehbarer Zeit gesendet werden könne. Dafür allerdings werden Sender und Produktion einige Zugeständnisse machen müssen. So will der WDR bei einer Ausstrahlung auf die fiktionalen Elemente hinweisen und den realen Hintergrund deutlich hervorheben. Beide Parteien haben nun eine Woche Zeit, eine Einigung in einem Vergleich zu erzielen. Die Chancen hierfür stehen allerdings nicht besonders gut, heißt es.
 
 
Gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de betont das Unternehmen Grünenthal, dass es in der Auseinandersetzung nicht um ein generelles Verbot des Filmes gehe, sondern vielmehr um eine korrekte Darstellung einzelner historischer Schlüsselmomente. Von den ursprünglich 15 beanstandeten Szene hat das Gericht derzeit nur noch über acht zu entscheiden, da sieben Sequenzen bereits geändert wurden, teilt Grünenthal mit. Zudem ziehe das Unternehmen die Freiheit der Kunst nicht in Zweifel, sondern wehre sich lediglich gegen unwahre Darstellungen, die die Verhaltensweise des Unternehmens in der fraglichen Zeit betreffen, zumal der Film generell den Anspruch habe, sich nah an den Fakten zu bewegen.
 
Der zehnte April, an dem das Urteil verkündet wird, dürfte ein spannender Tag für Produzenten und Sender werden, da das Verfahren zu einem Musterfall werden könnte. In einer Zeit, in der die Aufarbeitung historischer Stoffe für fiktionale Filme in Mode ist, sicherlich ein wichtiges Signal.