Der tschechische Finanzkonzern PPF hat angekündigt, ein öffentliches Angebot zum Erwerb einer noch zu bestimmenden Anzahl von ProSiebenSat.1-Aktien abzugeben - und fährt damit Media for Europe (MFE), dem zweite Großinvestor bei ProSieben, gehörig in die Parade - was als nichts weniger als eine Art Gesellschafterkrieg gesehen werden muss, aber ganz im Sinne des Medienkonzerns sein dürfte, der offenkundig in die Pläne von PPF eingeweiht gewesen ist und dessen Angebot auch öffentlich begrüßt.

Das Angebot werde demnach eine vollständig in bar zu zahlende Gegenleistung in Höhe von 7,00 Euro je Aktie vorsehen. MFE bietet hingegen nur 5,74 Euro pro Aktie an, was dem von der Bafin ausgerechneten, gesetzlichen Mindestpreis entspricht. 4,47 Euro will MFE in bar entrichten, der Rest soll über die Ausgabe von MFE-Aktien erfolgen. Der ProSiebenSat.1-Aktienkurs lag zuletzt bei rund 6 Euro. 

Entscheidender aber noch für ProSiebenSat.1: Während MFE immer wieder auch öffentlich gegen den in Unterföhring eingeschlagenen Kurs poltert und beispielsweise moniert, dass die Strategie zu langsam umgesetzt werde, bekräftigte PPF jetzt "seine volle Unterstützung für die aktuelle Strategie des Unternehmens", wie es heißt. Das war nicht immer so: Noch bei der letzten Hauptversammlung verbündeten sich MFE und PPF überraschenderweise und arbeiteten in vielen Tagesordnungspunkten zusammen. So brachten sie die von ihnen vorgeschlagenen Kandidaten für den Aufsichtsrat ebenso durch und wie eine Satzungsänderung - und das alles gegen den Willen von ProSiebenSat.1. Seither hat zwischen beiden Großinvestoren allerdings eine Entfremdung stattgefunden - die sich jetzt für jedermann erkennbar in den Übernahmeangeboten niederschlägt. 

"Fortgesetzte Unterstützung des Vorstands"

PPF ist derzeit über Aktien und Finanzinstrumente mit knapp 15 Prozent an ProSiebenSat.1 Media beteiligt. Mit dem Angebot strebt PPF eine Beteiligung von bis zu 29,99 Prozent des Grundkapitals an - so viel wie aktuell auch MFE hält. Der Vorstand von ProSiebenSat.1 begrüßte das angekündigte Angebot ebenso wie "das verstärkte Engagement von PPF gegenüber ProSiebenSat.1 als langfristig orientierter Großaktionär, das durch die angestrebte Aufstockung der Beteiligung unter Zahlung einer Prämie belegt wird, sowie die fortgesetzte Unterstützung des Vorstands und der Umsetzung seiner Strategie", teilte der Konzern mit. 

Zugleich wies ProSiebenSat.1 darauf hin, dass das Angebot nicht auf den Erwerb von Kontrolle an der Gesellschaft gerichtet sei und entsprechend nicht den Erwerb aller ausstehenden Aktien umfasse. Es biete jedoch Aktionärinnen und Aktionären, "die ihre Beteiligung kurzfristig veräußern wollen, eine ausschließlich in bar zahlbare, bessere Alternative" zu dem vor wenigen Tagen von MFE veröffentlichen Übernahmeangebot. Damit beschreibt der Konzern erst einmal objektive Fakten. Eine offizielle Empfehlung von Vorstand und Aufsichtsrat zum jetzt auf dem Tisch liegenden PPF-Angebot wird es aber erst in einigen Wochen geben - wenn die Angebotsunterlagen der Tschechen veröffentlicht sind. Nach aktuellem Stand sieht es aber sehr so aus, als würde sich Unterföhring auf die Seite von PPF schlagen. 

Bert Habets © ProSiebenSat.1 Bert Habets
"PPF ist ein langjähriger Investor von ProSiebenSat.1 und hat ein tiefes Verständnis für unser Geschäft", erklärte Bert Habets, Vorstandsvorsitzender von ProSiebenSat.1, in einer ersten Stellungnahme am Montagmorgen. "Der Vorstand unterstützt das verstärkte Engagement von PPF bei ProSiebenSat.1, das sich in den Bedingungen des Angebots widerspiegelt, und weiß die Unterstützung von PPF für unsere Strategie der digitalen Transformation zu schätzen."

Unklar ist, was die Italiener zu dem überraschenden Schritt sagen. Dass er ihnen nicht gefallen wird, darf aber mit Sicherheit angenommen werden. Die Schwelle von 30 Prozent wird MFE mit dem eigenen Übernahmeangebot gleichwohl ungeachtet des nun bekannt gewordenen PPF-Angebots überschreiten: Erst am vergangenen Donnerstag hatte MFE erklärt, mit einem namentlich nicht genannten ProSiebenSat.1-Aktionär eine Vereinbarung geschlossen zu haben, in der dieser sich "unwiderruflich" dazu verpflichtet habe, das Übernahmeangebot für einen Teil der gegenwärtig gehaltenen ProSiebenSat.1-Aktien anzunehmen. Dadurch stellt MFE sicher, auch wirklich über die Schwelle von 30 Prozent zu kommen.

Die Auseinandersetzung zwischen MFE und PPF kommt zu einem strategisch interessanten Zeitpunkt. Am 28. Mai findet die nächste Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 statt - bis dahin muss sich der Konzern auch öffentlich zum Übernahmeangebot von MFE geäußert haben. Der Wettstreit der beiden Großinvestoren dürften dann dort fortgeführt werden - mit einem unklaren Ausgang. PPF wird bis dahin seinen Anteil an ProSiebenSat.1 mit ziemlicher Sicherheit noch nicht wesentlich aufgestockt haben - und doch scheint schon jetzt klar, dass es einen Paarlauf der beiden Großaktionäre wie im vergangenen Jahr nicht geben wird. 

PPF kündigte am Montag schon einmal an, dass man nach dem Abschluss des Angebots auch eine entsprechende Vertretung im Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 anstrebe. Die Tschechien wollen ihren Einfluss hier also vergrößern - da wird es zum Machtkampf mit MFE kommen, die ebenfalls mehr Sitze für sich beanspruchen. Jiří Šmejc, Chief Executive Officer (CEO) der PPF Group, sagt: "Wir unterbreiten ein überzeugendes Barangebot und beabsichtigen, im Aufsichtsrat künftig eine deutlich aktivere Rolle einzunehmen. Wir hoffen, dass dieses Angebot sowohl für die Aktionäre als auch für alle Stakeholder attraktiv ist und den Weg dafür ebnet, das volle Potenzial von ProSiebenSat.1 zu heben."

Und Didier Stoessel, Chief Investment Officer der PPF Group, ergänzt: "Wir sind ein langfristiger Investor und verlässlicher Partner für die Unternehmen, in die wir investieren. Trotz der Herausforderungen für ProSiebenSat.1 und des turbulenten Marktumfelds bin ich davon überzeugt, dass das Management von ProSiebenSat.1 die richtige Strategie verfolgt, die wir uneingeschränkt unterstützen. Ich glaube auch, dass sich alle Stakeholder grundsätzlich darüber einig sind, dass Unternehmensteile, die nicht zum Kerngeschäft gehören, zu einem angemessenen Wert zu veräußern sind und die dringend erforderliche digitale Transformation des Kernsegments Medien voranzutreiben ist. Mit einer stärkeren Beteiligung und einer entsprechenden Vertretung im Aufsichtsrat werden wir das ProSiebenSat.1-Management mit unserer Erfahrung noch aktiver unterstützen können, insbesondere bei der digitalen Neuausrichtung linearer TV-Geschäftsmodelle."