„Es wird nicht mehr lange dauern, bis dieses ganze Event hier, das uns zusammenbringt, aus KI-Bots besteht, die Werbung in Shows kaufen, die von KI-Bots produziert werden und die Menschen auf Plattformen ansehen, die von KI-Bots programmiert und betrieben werden. Also: Wer will also mit auf das Dach gehen und Rattengift trinken?“ Jimmy Kimmel zog zum Abschluss der Disney Upfronts am Dienstagnachmittag in New York traditionell nicht nur Disney sondern die ganze Industrie durch den Kakao. Ein dringend benötigtes Ventil nach 75 Minuten Verkaufsshow der Superlative der es an nichts mangelte außer Bescheidenheit. Disney demonstrierte eindrucksvoll die Größe und Vielfalt seiner Marken - allerdings mit Fokus auf das US-Angebot. Die Upfronts in New York sind die alljährliche Tradition der großen Networks und Medienhäuser in den USA, um den Werbekunden und Agenturen unter Einsatz maximaler Prominenz zu präsentieren, was in der kommenden Saison an Highlights geplant ist. Es ist die große Leistungsschau um Gunst und Gelder, in einer Zeit die für US-Medienhäuser genauso schwierig ist wie für die deutschen.
Und bei Disney endete die Präsentation einmal mehr mit Jimmy Kimmel und einem emotionalen Auftritt. Seit mehr als 22 Jahren prägt er die Late Night bei Disneys Network ABC. Mehrfach schon kokettierte Kimmel mit dem Abschied und sein aktuell laufender Vertrag endet auch noch dieses Jahr. Auf der Bühne in New York nahm er vorsichtshalber schon mal Abschied von denen, die seine Show finanzierten: „Wissen Sie, vielleicht sehen wir uns nie wieder. Das könnte es für mich gewesen sein. Deshalb möchte ich Ihnen sagen, dass ich diese Arbeit sehr genossen habe und Sie alle sehr schätzen gelernt habe. Ich hatte das Vergnügen, viele von Ihnen in den letzten 23 Jahren kennenzulernen.“ Kimmel weiter: „Letztendlich geht es in diesem Geschäft um Beziehungen, auch wenn das vielleicht kitschig klingt. Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Wir standen noch nie auf so wackligem Boden. Es könnte ein steiniger Weg vor uns liegen, aber wir werden ihn meistern.“
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Eine Aussage irgendwo zwischen Zuversicht und Hoffnung. Wie in so vielen seiner Auftritte vor den Werbekunden über all die Jahre balancierte Kimmel einmal mehr zwischen dem Ernst der Lage, der Großartigkeit von Disney und bitterbösem Humor in der amerikanischen Tradition des Roasting. Und das traf diesmal Disney, die Werbekunden und die Fernsehbranche als Ganzes. Verpackt in deftige Worte, mit einem wahren Kern, der selten so ausgesprochen wird. „Ich weiß, dass viele von Ihnen befürchten, KI könnte Ihnen Ihre Arbeitsplätze wegnehmen. Aber ich glaube nicht, dass das passieren wird. Ich glaube nicht, dass ein Computer, selbst der leistungsstärkste Computer der Welt, jemals das leisten kann, was ihr leistet. Und wisst ihr warum? Weil kein Computer das tun will, was ihr tut. Eure Jobs sind scheiße. Jedes Jahr wird unser Publikum kleiner und wir sagen euch, es wird größer - und wir wollen mehr für weniger, und das ist anstrengend. Deswegen sind Eure Jobs so beschissen, aber wenigstens habt ihr die beschissenen Jobs. All die jungen Leute, die gerade ihren Abschluss machen - wer weiß - vielleicht bekommen sie nicht einmal einen beschissenen Job.“
"Ihr habt die Macht, weil ihr das Geld habt"
Kimmels Vorschlag: „Also lasst uns nicht dumm sein. Lasst uns diese Gelddruckmaschine so lange wie möglich am Laufen halten. Ihr gebt uns das Geld anderer Leute, wir schalten die Werbespots, alle werden bezahlt und dann betrinkt ihr euch mit Darth Vader auf der Afterparty.“ Doch bevor er sich von der Bühne verabschiedete, wurde es noch einmal ernst. In einer Woche, in der jeder bestmöglich für sich trommelt und der Konkurrenz keinen Erfolg gönnt, erlaubte sich Jimmy Kimmel einen Appell, der ihm sichtlich am Herzen liegt. „Ich weiß, es ist nicht Teil unserer Multiplattform, aber unterstützt „60 Minutes“. Die haben es verdient. Ihr habt die Macht, weil ihr das Geld habt. Unterstützt den Journalismus. Er ist wichtig und ohne euch funktioniert er nicht. Und glaubt mir, ich bin sehr weise. Ich bin fast Großvater. Oder vielleicht bin ich sogar schon Großvater. Ich habe seit einer Stunde nicht mehr auf mein Handy geschaut.“
Das CBS-Format „60 Minutes“ ist eines der renommiertesten und ältesten Nachrichtenmagazine im US-amerikanischen Network-Fernsehen. Nicht ohne Fehler und Aufreger, trotzdem unzählige Male ausgezeichnet und gemeinhin als integer angesehen. Nicht allerdings von US-Präsident Donald Trump, der CBS und Paramount Global wegen eines Interviews verklagt, das seiner Ansicht nach zu Gunsten seiner Gegnerin im Präsidentschaftsrennen, Kamala Harris, geführt wurde. Vor vier Wochen trat Bill Owens als Executive Producer der Show zurück, weil er mangelnde Rückendeckung von CBS und Paramount beklagte, wo man nach US-Berichten einen Vergleich mit Trump und eine Entschuldigung in Erwägung zog. Damit wurde das Format und der Umgang mit der Klage von Trump auch zu einer Frage nach Rückgrat von Medienhäusern und der Verantwortung von Werbekunden, deren Entscheidungen es letztlich sind, die solche journalistischen Formate im US-TV stützen.