Das unter der damaligen Innenministern Nancy Faeser im Sommer vergangenen Jahres ausgesprochene Verbot der Compact Magazin GmbH und der Conspect Film GmbH wurde vom Bundesverwaltungsgericht als rechtswidrig beurteilt und nun wieder aufgehoben. In einem Eilverfahren war es seit August vergangenen Jahres bereits vorläufig bis zur endgültigen Entscheidung ausgesetzt worden. Diese ist nun also zugunsten von Jürgen Elsässer ausgegangen.
Das Verbot war ungewöhnlicherweise auf Grundlage des Vereinsrechts umgesetzt worden - schon an diesem Konstrukt gab es Zweifel. Das Bundesverwaltungsgericht stellte aber klar, dass das Vereinsgesetz hier sehr wohl anwendbar war - auch wenn es sich um ein Presseunternehmen handelt. Zudem verfolge der "Personenzusammenschluss" rund um Jürgen Elsässer "nach seinem eigenen Selbstverständnis eine politische Agenda, organisiert Veranstaltungen sowie Kampagnen und versteht sich als Teil einer Bewegung, für die er auf eine Machtperspektive hinarbeitet".
Trotzdem seien nicht sämtliche Voraussetzungen gegeben, um den Verbotsgrund - das Sichrichten gegen die verfassungsgemäße Ordnung - zu erfüllen. Dabei stellte das Gericht klar, dass das von Martin Sellner entworfene "Remigrationskonzept" sowohl mit der in der Verfassung garantierten Menschenwürde wie auch dem Demokratieprinzip nicht im Einklang stünden. "Compact" habe sich mit diesem Remigrationskonzept Sellners auch identifiziert, Sellner ohne jede Distanzierung breiten Raum eingeräumt und diesen gar als "unser Held" bezeichnet.
Es handle sich dabei auch nicht um "vereinzelte Ausreißer", sondern die gemeinsamen Vorstellungen des "Elsässer-Kreises". "Die dazu in der mündlichen Verhandlung abgegebenen relativierenden und verharmlosenden Einlassungen der Klägerseite erweisen sich als bloß prozesstaktisches, nicht glaubhaftes Vorbringen", so das Gericht. Insofern könnten die Äußerungen auch als Indizien für ein Vereinsverbot herangezogen werden.
Das Grundgesetz garantiere jedoch "im Vertrauen auf die Kraft der freien gesellschaftlichen Auseinandersetzung selbst den Feinden der Freiheit die Meinungs- und Pressefreiheit", so das Gericht. Das Vereinsverbot sei daher nur gerechtfertig, wenn sich die verfassungswidrigen Aktivitäten - die es nach Ansicht des Gerichts also durchaus gab - als "für die Vereinigung prägend" erweisen. Diese Schwelle war nach Ansicht des Gerichts aber nicht überschritten. So lasse sich eine Vielzahl der angeführten migrationskritischen bzw. -feindlichen Äußerungen als "überspitzte, aber letztlich zulässige Kritik an der Migrationspolitik" deuten.
Zudem gebe es viele Veröffentlichungen, die sich mit ganz anderen Themen beschäftigen würden - etwa zu den Coronamaßnahmen oder zum Ukraine-Krieg. "Die darin generell zum Ausdruck kommende polemisch zugespitzte Machtkritik sowie die von der Klägerin bedienten Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischen Betrachtungen genießen den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG und vermögen das Vereinsverbot nicht zu rechtfertigen."
Reporter ohne Grenzen, das das Vorgehen schon früher als rechtsstaatlich bedenklich genannt hatte, kommentiert: " Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt: In einer Demokratie müssen die verbrieften Grundrechte berücksichtigt werden – auch, wenn es angesichts extremistischer und rassistischer Inhalte eines Mediums schwer fällt, das zu akzeptieren", so RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. "Das Verbot eines Mediums durch eine politische Instanz wie das Bundesinnenministerium ist ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit. Wir beobachten weltweit, dass solche Eingriffe der Demokratie großen Schaden zufügen können."
Beim DJV sieht man im Urteil eine Stärkung der Presse- und Meinungsfreiheit. Der Bundesvorsitzende Mika Beuster sagt: "Die Gerichtsentscheidung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Compact in vielen Artikeln rechtsextreme und menschenfeindliche Inhalte verbreitet, die mit den journalistischen Standards nichts am Hut haben." Dagegen vorzugehen sei richtig und wichtig. "Das Verbot eines ganzen Magazins muss dennoch das letzte Mittel bleiben."