
Ein erstes Angebot von MFE hatte ProSiebenSat.1 im Mai noch mit der Begründung abgelehnt, dieses sei "finanziell nicht angemessen". In der Zwischenzeit hatte auch der zweite Großaktionär PPF ein Angebot für einen Teil der ProSiebenSat.1-Aktien abgegeben, das deutlich über der MFE-Offerte lag. Die Italiener um CEO Pier Silvio Berlusconi besserten daraufhin in der vergangenen Woche ihr Angebot spürbar nach und liegen damit nun über dem, was PPF bietet. Die Tschechen winkten ab und kündigten an, ihr Angebot nicht erhöhen zu wollen.
Die beiden Angebote unterscheiden sich im Detail: PPF bietet 7 Euro pro P7S1-Aktie. MFE bietet den übrigen Aktionärinnen und Aktionären zwar nur 4,48 Euro in bar, dafür aber auch 1,3 eine A-Aktien. Rechnerisch liegt das MFE-Angebot damit bei etwas mehr als 8 Euro. Bei PPF betonte man zuletzt die Unsicherheiten, die mit dem MFE-Angebot verbunden seien. Vorstand und Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 haben ihren Aktionärinnen und Aktionären nun ungeachtet dessen die Annahme des MFE-Angebots empfohlen.
Die Entscheidung von ProSiebenSat.1 kommt ein Stück weit überraschend, wenn man bedenkt, wie sehr sich Unterföhring in den zurückliegenden Jahren gegen die Übernahmeversuche von MFE gewehrt hat. Aber schon bei der angekündigten Erhöhung des Angebots schlug CEO Bert Habets wohlwollende Töne an, die man auch bei MFE zufrieden zur Kenntnis genommen hat - und als eine Art Kehrtwende bewertet. Jetzt heißt es, das erhöhte Angebote unterstreiche das "langfristig angelegte Investment und fortgesetzte Engagement von MFE in ProSiebenSat.1".
Der Vorstand von ProSiebenSat.1 weist an diesem Mittwoch aber auch darauf hin, dass die Kehrtwende in der Bewertung des Angebots und die Empfehlung auf der Annahme beruhen, dass innerhalb von vier bis fünf Jahren jährlich wiederkehrende Kostensynergien in Höhe von rund 150 Millionen Euro (auf EBIT-Ebene; Gewinn vor Zinsen und Steuern, Anm.) im Zuge einer Kombination beider Unternehmen realisiert werden. Dies setze jedoch die vollständige rechtliche Integration von ProSiebenSat.1 in MFE voraus, heißt es aus Unterföhring. Eine solche vollständige Integration wird wohl frühestens möglich sein, wenn MFE mindestens 75 Prozent der Anteile am Konzern hält. Aus Unterföhring heißt es, dass das Erreichen dieser Voraussetzungen mit Unsicherheiten behaftet sei, die außerhalb der Kontrolle des Vorstandes und des Aufsichtsrats liegen.
Ende August herrscht Klarheit
Bis es zu einer vollständigen Integration von P7S1 in den Berlusconi-Konzern kommen kann, muss MFE noch einen weiten Weg gehen. Mit der Empfehlung von Vorstand und Aufsichtsrat, das Angebot anzunehmen, haben die Italiener jetzt aber eine wichtige Hürde, möglicherweise die entscheidende, genommen. Im Wettbewerb mit PPF hat MFE jetzt jedenfalls die deutlich besseren Karten. MFE sprach bei der Erhöhung des Angebots übrigens von bis zu 419 Millionen Euro an Wertoptimierungen auf EBIT-Ebene, sollte das Angebot komplett angenommen werden - wobei die volle Höhe erst ab dem vierten Jahr der Übernahmen zu Buche schlagen soll.
Die Annahmefristen für die Angebote sowohl von MFE als auch von PPF enden weiterhin am 13. August um 24 Uhr. Eine gesetzliche Verlängerung dieser Frist ist möglich, sollte eines der Unternehmen doch noch eine weitere Änderung, etwa eine erneute Erhöhung, umsetzen. Gemäß den Bestimmungen des deutschen Übernahmerechts haben alle Aktionärinnen und Aktionäre danach zusätzlich zwei Wochen Zeit, um das MFE-Angebot doch noch anzunehmen. Das könnte für PPF interessant werden, wenn sich bis dahin eine MFE-Durchmarsch abzeichnet. In jedem Fall scheint klar: ProSiebenSat.1 ist die längste Zeit eigenständig gewesen. Auf den Konzern kommen weitreichende Veränderungen zu.