"Wir sind da in einer Zwischenphase", beschreibt der ARD-Vorsitzende Florian Hager in einem Interview mit Claudia Tieschky in der "Süddeutschen Zeitung" die aktuelle Lage am Beispiel der Berichterstattung über aktuelle Ereignisse. Während ein Stammpublikum bei Wichtigen Ereignissen einen "Brennpunkt" nach der "Tagesschau" erwarte, wollen viele Menschen diesen längst nicht mehr abwarten. "Wir beobachten, dass es für Teile unseres Publikums wichtiger ist, dass wir möglichst schnell vor Ort draufgehen", so Hager.

Das könne man dafür künftig online auch tun, wenn die Unterbrechung des linearen Programms nicht gerechtfertigt erscheine. "Wenn das Ereignis nicht so enorm ist, dass man zwingend das normale Fernsehprogramm aufbrechen muss, dann ist auch eine Livesendung in der Mediathek ein gutes Mittel", so Hager. Ohnehin will er die Mediathek in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt wissen.

"Für 2025 versuchen wir grundsätzlich dahin zu kommen, dass uns die Mediathek wichtiger ist als das Lineare – im Wissen, dass auf Jahre hinaus das lineare Fernsehen etwa bei der Reichweite immer noch wichtiger sein wird. Aber wir müssen jetzt die Veränderung hinbekommen", so Hager. Den Kipp-Punkt, ab dem die non-lineare Bewegtbild-Nutzung die Lineare überschreitet, erwartet er auf Basis der Medienforschung für 2030. "Und das ist der Punkt, für den wir bereit sein müssen, das ist für uns überlebensnotwendig."

Dass das lineare Fernsehen irgendwann komplett abgeschaltet werde, erwarte er nicht. Die Hoffnung, Menschen zurück ins Lineare zu locken, habe er aber ebensowenig. "Die Mediennutzung verändert sich so radikal, dass es auch inhaltlich kein Brückenbauen zurück gibt." Sorge bereite ihm dabei zum Einen TikTok. Wer hauptsächlich TikTok nutze, für den komme "im ganzen Nutzungsverhalten eine Mediathek als Phänomen dann nämlich einfach nicht mehr vor". Noch größere Sorgen bereite ihm aber das Thema KI. "Wenn am Ende der KI-Agent Nutzerinnen und Nutzer ohne den Weg über Websites oder Apps direkt zu den Inhalten bringt, dann ist schon die Frage, wo finden wir als Öffentlich-Rechtliche, als erkennbare Marke überhaupt noch statt?"

Hager sieht aktuell das "Ende der Massenmedien", es gebe überall nur noch "Teilöffentlichkeiten". Daher müsse man sich stärker überlegen, was Themen seien, mit denen man trotzdem noch die größtmögliche Teilöffentlichkeit erreichen könne. Die Aufgabe für ARD und ZDF sieht er außerdem darin, "Orte zu schaffen, die eine Funktion von Zusammenhalt haben". Hager: "Ich rede von digitalen Orten, aber auch von Orten im echten Leben. Dass wir präsent sind und Räume schaffen, in denen Menschen in die Diskussion miteinander kommen."

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