Der tschechische Großaktionär PPF steigt bei ProSiebenSat.1 aus. Das hat das Unternehmen am Mittwochabend angekündigt - und damit zugleich den Weg frei gemacht für eine Übernahme des deutschen TV-Konzerns durch Media for Europe (MFE), die Holding der Berlusconi-Familie. Nach Abwicklung des eigenen Angebots in der vergangenen Woche habe PPF nun entschieden, ihre mehr als 36 Millionen Aktien - rund 15,68 Prozent des Grundkapitals von ProSiebenSat.1 - in das Angebot von MFE einzuliefern und die verbleibenden Finanzinstrumente in ProSiebenSat.1 abzuwickeln, teilte PPF mit.

Der Bieterwettstreit, den sich PPF und MFE in den vergangenen Wochen lieferten, ist damit entschieden. Beide Großaktionäre hatten zuletzt mit Übernahmeangeboten um die Gunst der Aktionäre gebuhlt. Während PPF sieben Euro pro ProSiebenSat.1-Aktie bot, besserte MFE sein anfangs verhaltenes Angebot spürbar nach, sodass letztlich auch Vorstand und Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 ihren Aktionärinnen und Aktionären die Annahme empfahlen. Mit dem Stichtag Mitte August hielt MFE auf diese Weise bereits 43,6 Prozent der ProSiebenSat.1-Stimmrechte. Bis zur kommenden Woche läuft noch eine zweite Frist, in der sich auch die übrigen Aktionärinnen und Aktionäre noch entscheiden können, das Angebot anzunehmen.

"Obwohl das Angebot von MFE bislang nur begrenzte Akzeptanz gefunden hat, ist es PPF nicht gelungen, ausreichend Aktionäre zur Unterstützung der eigenen Ziele zu gewinnen", erklärte PPF am Mittwochabend. "Mit bereits über 43 Prozent der Stimmrechte verfügt MFE voraussichtlich über eine einfache Mehrheit auf den Hauptversammlungen von ProSiebenSat.1. Aufgrund der geringen Annahmequote ihres Angebots kann PPF ihre ursprüngliche Rolle als strategischer Investor mit dem Anspruch, auf Augenhöhe mit MFE zusammenzuarbeiten und ihre Expertise beim Aufbau digitaler Medienplattformen einzubringen, nicht fortführen."

Und auch wenn sich PPF nun zurückzieht - als Verlierer müssen sich die Tschechen nicht fühlen, immerhin hat deren Eingreifen dafür gesorgt, dass der ProSiebenSat.1-Kurs und damit der Wert der eigenen Beteiligung zuletzt enorm gestiegen ist. So ist dann auch das offizielle Statement zu verstehen, in dem PPF erklärt, man habe "als Katalysator für eine wesentliche Verbesserung der Angebotsbedingungen von MFE gewirkt". Diese Anpassungen führten "zu einer deutlich höheren Bewertung von ProSiebenSat.1 und damit zu einem spürbaren Mehrwert für alle Aktionäre", so PPF weiter. Trotz des Rückzugs aus ProSiebenSat.1 bleibe der deutsche Markt für PPF "von zentraler Bedeutung", hieß es mit Verweis auf Beteiligungen an anderen Unternehmen - abseits der TV-Branche. 

Berlusconi will "starke europäische Gruppe"

In Unterföhring hatte man den Widerstand gegen den Einstieg der bislang nicht nur in Italien, sondern auch Spanien aktiven Berlusconi-Holding ohnehin bereits seit einiger Zeit aufgegeben. Nun darf man also gespannt sein, inwieweit Media for Europe den deutschen TV-Konzern verändern wird - der war in den vergangenen Jahren zunehmend ins Hintertreffen geraten und machte immer wieder mit Sparrunden und Entlassungen von sich reden. Pier Silvio Berlusconi, CEO von MFE, hatte erst kürzlich noch einmal betont, "eine starke europäische Gruppe mit lokalen Wurzeln" aufbauen zu wollen, "um auf globaler Ebene erfolgreich im Wettbewerb zu bestehen". Ziel sei eine Gruppe, "die in der Lage ist, Märkte zu vereinen, das redaktionelle Angebot zu stärken und neuen Wert sowohl für die Zuschauer als auch Investoren zu schaffen".

Berlusconis Hoffnung ruht zugleich auf versprochenen jährlichen Kostensynergien von 150 Millionen Euro. Ob diese wirklich gehoben werden können, steht freilich in den Sternen. Tatsächlich hat man in Unterföhring bereits selbst viele Erfahrungen auf diesem Gebiet sammeln können, als ProSiebenSat.1 vor inzwischen 18 Jahren die SBS Broadcasting übernahm und fortan in 13 Ländern vertreten war. Nur wenige Jahe später verkaufte man das Geschäft allerdings wieder und konzentrierte sich seither wieder auf den deutschsprachigen Markt. 

Gleichzeitig haben sich die Machtverhältnisse auf dem TV-Markt durch die wachsende Stärke internationaler Streamingdienste inzwischen stark verschoben. RTL, der bisherige Hauptkonkurrent, hatte erst vor wenigen Wochen als Reaktion darauf die Übernahme des Pay-TV-Anbieters Sky Deutschland angekündigt. Und auch wenn dieser Deal noch nicht durch ist, so lässt sich schon jetzt sagen: Dieser Sommer wird die deutsche Fernsehbranche nachhaltig verändern.