Die Fronten in der Diskussion darüber, ob Israel respektive der israelische Sender KAN auch im kommenden Jahr am Eurovision Song Contest teilnehmen darf, hatten sich schon seit Wochen verhärtet. Aus mehreren Ländern gab es im Vorfeld Boykott-Drohungen, falls Israel trotz des Vorgehens im Gaza-Krieg an der Veranstaltung teilnehmen dürfe. Im Gegenzug hätte ein Ausschluss Israels aber andere Anstalten - darunter auch die ARD - vor die gleiche Frage gestellt, ob man seinerseits dann noch am ESC teilnehmen sollte. 

Als Lösungsvorschlag in der verfahrenen Situation hatte die EBU zuletzt Regeländerungen vorgestellt. So werden etwa auch in den Halbfinals wieder Jurys eingeführt und deren Größe von fünf auf sieben Personen erweitert. Beim Publikumsvoting die Anzahl der möglichen Stimmabgaben pro Person reduziert. Zudem sollen weitere technische Sicherheitsmaßnahmen gegen die Manipulation von Voting-Ergebnissen eingeführt und die Möglichkeiten, für Stimmabgaben Werbung zu schalten einschränkt werden. 

Die EBU hat dieses Regelpaket, das "Transparenz und Neutralität der Veranstaltung stärken" solle, zur Abstimmung gestellt und dafür auch eine klare Mehrheit erhalten. Das ist noch nicht weiter verwunderlich - interessant ist aber die Tatsache, dass man den möglichen Ausschluss Israels damit verbunden hat. "Eine große Mehrheit der Mitglieder war sich einig, dass keine weitere Abstimmung über die Teilnahme erforderlich ist und dass der Eurovision Song Contest 2026 wie geplant mit den zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden sollte."

Falls man sich bei der EBU erhofft haben sollte, dass damit doch noch Einigkeit hergestellt werden kann, hat man sich allerdings getäuscht. Zwar dankte EBU-Präsidentin Delphine Ernotte Cunci im Anschluss an die Abstimmung allen "für ihre durchdachten, respektvollen und konstruktiven Beiträge" und sagte, dass durch die Änderungen "sichergestellt wird, dass er ein Ort der Einheit und des kulturellen Austauschs bleibt" - doch von Einheit kann keine Rede sein.

Direkt nach der Abstimmung haben bereits die Sender mehrerer Länder erklärt, als Konsequenz nicht am Eurovision Song Contest 2026 teilzunehmen. Dazu gehören die Sender aus Irland, Spanien, den Niederlanden und Slowenien, die damit ihre im Vorfeld ausgesprochene Boykott-Drohung am Donnerstagabend wahr machen. In Island will man in der kommenden Woche entscheiden, ob man einen Beitrag zum Eurovision Song Contest nach Wien schickt. 

Der spanische Sender RTVE erklärt in einer Mitteilung, die von der EBU vorgestellten Maßnahmen seien "unzureichend" und zeigte sich auch unzufrieden, dass die EBU eine einzelne Abstimmung über die Teilnahme Israels verweigert hat. "Die humanitäre Lage in Gaza und die Nutzung des Wettbewerbs für politische Zwecke durch Israel machen es immer schwieriger, den Eurovision Song Contest als neutrales kulturelles Ereignis aufrechtzuerhalten", so RTVE.

Der niederländische Sender AVOTROS erklärte seinen Rückzug damit, dass "das schwere humanitäre Leid im Gazastreifen, die Einschränkungen der Pressefreiheit und die politische Einflussnahme im Zusammenhang mit der letzten Ausgabe des Eurovision Song Contests nicht mit den Werten vereinbar sind, für die wir stehen". Ähnlich klingt es in Irland. Der dortige Sender wird den ESC auch nicht übertragen. Ob noch weitere Länder ihren Rückzug erklären, bleibt abzuwarten - die endgültige Teilnahme muss nun einzeln bestätigt werden. Eine Liste der Teilnahmerländer werde man vor Weihnachten veröffentlichen, heißt es seitens der EBU.