Netflix hat sich mit Blick auf die Übernahme von traditionellen Medienhäusern eigentlich stets sehr zurückhaltend gezeigt, auch als ihnen Interesse am Studio- und Streaming-Geschäft von Warner Bros. Discovery nachgesagt wurde. Die Klassifizierung, dass man seit jeher mehr "Builder" als "Buyer" sei, ist schon seit Jahren bekannt. Zudem verwies man auf die wenig glorreiche Geschichte von großen Übernahmen im Medien-Bereich, für die nicht zuletzt ja auch die Fusion von Warner Bros. und Discovery selbst ein gutes Beispiel ist, weil man dort gerade schon wieder an der eigenen Aufspaltung arbeitet.

Und trotzdem ist Netflix nun offensichtlich bereit, für Warner tief in die Tasche zu greifen. US-Medienberichten zufolge soll Netflix in der zweiten Bieterrunde das Angebot auf rund 28 Dollar je Aktie erhöht haben und zudem bereit sein, den Großteil davon in bar statt eigener Aktien zu bezahlen. Damit hat man nun die beiden anderen Interessenten Comcast und Paramount Skydance ausgestochen. Schon im Vorfeld hatte Warner Bros. Discovery bekannt gegeben, dass man nach der zweiten Bieterrunde in exklusive Gespräche mit einem Interessenten eintreten will. Diese Wahl fiel nun auf Netflix.

Das bedeutet nicht, dass die Gespräche auch wirklich zu einem Abschluss kommen - aber Netflix liegt nun klar vorn. Netflix hat Berichten zufolge sogar angeboten, fünf Milliarden Dollar zu zahlen, falls man sich letztlich doch nicht einig wird. Die Übernahme des Produktionsstudios und Streaming-Geschäfts von Warner - die linearen Sender wären nicht Teil der Übenrahme - würde die weltweite Medienlandschaft jedenfalls erneut massiv umkrempeln.

Damit wäre eines der größten und traditionsreichsten Hollywood-Studios in Netflix-Hand, womit das im Streaming-Geschäft dominierende Unternehmen plötzlich auch ein gewaltiges Wort in der Kino-Landschaft mitreden würde. Dass man weiterhin Filme ins Kino und nicht direkt zu Netflix bringen würde, hat man im Vorfeld schon beteuert. Zugleich steht damit die Zukunft von HBO Max, das gerade kurz vor dem Deutschlandstart steht, in Frage.

Das allerdings wirft große kartellrechtliche Fragen auf: Netflix ist sowohl in den USA als auch weltweit der führende Streaming-Anbieter. Es ist damit fraglich, ob sich das Unternehmen einen so großen Wettbewerber einfach einverleiben könnte. Darauf weist auch Paramount-Chef David Ellison hin, der sein Unternehmen als einziges sieht, das einen klaren Plan aufzeigen könne, wie man die regulatorischen Hürden für die nächste große Medienfusion überspringen könne. 

Die Niederlage gegen Netflix schon ahnend, äußerte sich Ellison in einem Brief an WBD-Boss Zaslav bereits erbost, bezeichnete den Verkaufsprozess als "unfair und voreingenommen" zugunsten von Netflix und warf der WBD-Führung vor, seinen Pflichten gegenüber den eigenen Aktionären auf einen fairen Transaktionsprozess nicht nachgekommen zu sein. Warner wies die Anschuldigungen umgehend zurück.