Anders als im Koalitionsvertrag ursprünglich vereinbart will der Kulturstaatsminister nun vorerst bekanntlich doch keine gesetzliche Investitionsverpflichtung umsetzen, mit denen schon die Vorgänger-Regierung insbesondere internationale Streamingdienste zu höheren Investitionen in deutsche Produktionen bringen wollte. Stattdessen setzt Wolfram Weimer auf Selbstverpflichtungserklärungen von Sendern und Streamern und sieht darin - auch mit Blick auf verfassungs- und europarechtliche Vorgaben - die bessere und schneller umsetzbare Variante.
Nach den Gesprächen mit den Anbietern hatte sich Weimer in den letzten Wochen betont zufrieden gezeigt und einen "Milliardenimpuls" für die in starken wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckende Produktionslandschaft versprochen. Nun sind durch ein internes BKM-Papier erstmals konkrete Zahlen durchgesickert. Auf den ersten Blick liest sich die Zahl wirklich enorm: So werden (rechtlich unverbindlich) zugesagte Investitionen in Höhe von insgesamt rund 15,5 Milliarden Euro erwartet, wie zuerst "The Spot" berichtete.
Diese Summe bezieht sich auf den Zeitraum 2026 - 2030, verteilt sich also auf fünf Jahre. Schaut man genauer auf die Summe, dann wirkt sie dann auch schon weit weniger aufregend - denn der allergrößte Teil davon entfällt auf die öffentlich-rechtlichen und privaten deutschen Anbieter, die ohnehin schon Jahr für Jahr Milliarden-Summen in deutsche Produktionen investieren. Erklärtes Ziel war ja, die global agierenden Streamingdienste zu höheren Investitionen in lokale Produktionen zu bewegen. Spannend ist also vor allem, worauf sich diese festlegen.
Demnach belaufen sich die Zusagen im Streaming-Bereich auf 1,83 Milliarden Euro - über einen Zeitraum von fünf Jahren. Aufs Jahr umgerechnet ergibt sich damit also eine Summe von rund 366 Millionen Euro. Bei einer gesetzlichen Investitionsverpflichtung erwartet man im Ministerium Einnahmen zwischen 1,4 (10 Prozent des Umsatzes) und 2,18 Milliarden Euro (15 Prozent des Umsatzes), der freiwillig zugesagte Betrag bewege sich also in etwa dazwischen. Das klingt nach keinem ganz schlechten Deal - die Produktionsallianz hält diese Vergleichswerte aber für erheblich zu niedrig und spricht daher auch von einer "Mogelpackung".
Eine Goldmedia-Studie im Auftrag der FFA habe zwar ähnliche Zahlen gegeben - allerdings fürs Jahr 2022. Der Streaming-Markt wuchs seither dynamisch und auch für die nächsten Jahre wird weiteres Wachstum erwartet. Die Studie kam für 2022 auf Erstinvestitionen der Streamer in Höhe von 336 Millionen Euro - der bis 2030 zugesagte Betrag liegt dem Papier zufolge kaum höher. "Das globale Wachstum des Streamingmarktes geht damit an Deutschland vorbei", urteilt die Produktionsallianz. Ihren Berechnungen zufolge lande man bei einer gesetzlichen Investitionsverpflichtung bei einer unterstellten Wachstumsrate von 7,9 Prozent bei Einnahmen zwischen 2,58 und 3,88 Milliarden Euro, also deutlich mehr als die vom BKM vorgelegten Zahlen.
Zu alledem kämen die grundsätzlichen Probleme solcher Selbstverpflichtungen: Sie seien intransparent, kaum nachprüfbar und vor allem: rechtlich nicht bindend. Die Produktionsallianz fordert angesichts der Zahlen daher erneut die Umsetzung der gesetzlichen Investitionsverpflichtung, auf die auch die mitregierende SPD drängt. Andernfalls werde man im Vergleich mit anderen europäischen Ländern als Filmstandort weiter abgehängt. Auch Grünen-Politiker Sven Lehmann, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien und bekanntlich kein Fan von Wolfram Weimer, bezeichnet das Milliardenpaket als "Luftnummer", weil ein Großteil der genannten Summen ohnehin geplang gewesen sei und nicht zu zusätzlichen Investitionen führe. Die Kritiker verstummen lassen wird Wolfram Weimer damit also offensichtlich nicht.
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