Logo: ARDEin Deutscher Fernsehpreis, ein Adolf-Grimme-Preis, ein Civis-Fernsehpreis und mehrere internationale Preise geben einer Serie noch lange keine Bestandsgarantie: Das mussten die Macher und Darsteller der Vorabendserie "Türkisch für Anfänger" schon zweimal feststellen. Weil die Einschaltquoten dem Lob der Presse und Zuschauer nicht gerecht wurde, kämpfte man nach der ersten Staffel schon für eine Fortsetzung - und jetzt nach der zweiten Staffel erneut.

Dass an diesem Freitag nach DWDL.de-Informationen offiziell grünes Licht gegeben wird für die dritte Staffel ist auch ein Sieg für die Qualität am Vorabend. Schon länger steht zu befürchten, dass sich die ARD vom Prinzip der fiktionalen Unterhaltung auf dem 18.50 Uhr-Sendeplatz verabschiedet und auf günstigere und vermeintlich erfolgsversprechende "Realityformate" setzt. Die Sorge teilt auch Dr. Bernhard Gleim, Leiter der Redaktion Serien beim NDR und einer der Executive Producer von "Türkisch für Anfänger".

Offenbar fasziniert vom Erfolg von "Das perfekte Dinner" bei VOX bestätigte ARD-Programmchef Günter Struve in einem erst gestern bei Spiegel Online erschienenen Artikel entsprechende Befürchtungen: "Ob man für eine so kleine Gruppe einen solchen Aufwand betreiben kann, müssen wir uns künftig sehr genau überlegen." Im Fall der dritten Staffel von "Türkisch für Anfänger" kann man also wohl sagen: Glück gehabt.

Und Struve macht ein Fass auf, dass Gleim gerne geschlossen gesehen hätte. Der ARD-Programmchef stellt die jugendliche Orientierung am Vorabend in Frage und glaubt, sich an ein älteres Publikum richten zu müssen. "Wir waren nicht nur zu innovativ, sondern auch zu jung auf diesem Sendeplatz", sagte Struve dem Kollegen Peer Schader. Experimentierten will Struve nicht mehr am Vorabend. "Das sollte man vielleicht auf anderen Plätzen probieren."

Es sind Aussagen, die Dr. Bernhard Gleim nicht erfreuen können. Im März sagte Gleim bei einem Seminar der Grimme Akademie in Köln zum Thema "Das Drama mit der lustigen Serie", er sei froh um diese Sendeplätze. "Am Vorabend wird unter dem Druck, Kasse zu machen, eine demographisch andere Welt aufgemacht", sagte Gleim damals und fand es gut. Allerdings nicht wegen der Definition von guten Zielgruppen über ihre Kaufkraft, sondern weil die ARD dadurch gezwungen werde, sich mit innovativen Formaten für junge Zuschauer auseinander zu setzen. Im Hauptprogramm hat man schließlich mit Degeto-Filmen und Serien für die Älteren kein Problem.
 


Sollte Struve den Vorabend als Plattform für junge Programme opfern, wäre dies eine Kapitulation erster Klasse. Die Öffentlich-Rechtlichen bemühen sich seit Jahren um jüngeres Publikum - und schaffen mit vereinzelten Formaten qualitative Achtungserfolge. Man denke auch nur an "Berlin, Berlin". Und dann sind es nicht die Privaten, sondern die öffentlich-rechtlichen Programme, die zuerst auf die Quote schauen?

In Zeiten in denen z.B. ProSieben "Stromberg" und "Dr. Psycho" Bestandsschutz gibt - und sich ohne lange Überlegung zu den Programmen bekennt oder auch Sat.1 "Pastewka" trotz mauer Qouten fortsetzt, wirkt es wie eine verkehrte Welt, dass es die ARD ist, die mit dem Bekenntnis zu einer wahrlich ausgezeichneten Serie so lange zögert - und den Sendeplatz für junge Formate grundsätzlich in Frage stellt.