Steht VIVA auf dem RTL-Einkaufszettel?

Vorbei sind die Zeiten schier endloser Expansion. Es konnte gar nicht schillernd genug klingen und visionär genug wirken, wenn Dieter Gorny im Jahrestakt neue Projekte vorstellte: VIVA-Ableger in allen europäischen Ländern, eine medienübergreifende Jugendmarke und ein VIVA-Radiosender. Den großen Ankündigungen folgten dann nur wenige Monate später meist sehr leise Töne oder mißlungene Umsetzungen. So brauchte VIVA gleich mehrere Relaunches der Website, um einen respektablen Internetauftritt vorweisen zu können. Damit hinkte man anderen Sendern weit hinterher.

Die wenigstens Ziele wurden umgesetzt, die meisten grad einmal begonnen, einige sind schon vorher gescheitert. Eine solch durchwachsene Geschichte hat auch VIVA Plus hinter sich. Der Videoclip-Abspielsender sollte ursprünglich das "CNN des Musikfernsehens" werden. Das Konzept floppte und man setzte lieber auf erprobte Konzepte und wandelte den Sender zur reinen Abspielaktion. Noch heute ist VIVA Plus allerdings in den tiefroten Zahlen

Sicherheit statt Innovation

Auch beim ersten Sender setzte man in diesem Frühjahr lieber auf Sicherheit statt Innovation. Man kopierte den erfolgreichen MTV-Trend, in der PrimeTime mit Non-Music-Formaten Quote zu holen. Dies bringt zwar höhere Quoten, aber kein Ansehen. Zweitverwertungen von Formaten der hauseigenen Comedyschmiede Brainpool sollen Zuschauer binden und Kosten senken. Beides braucht VIVA dringend.

Während man sich zu Boom-Zeiten auf Einkaufstour befand, hat man seit Einsetzen der Medienkrise mit Verkäufen versucht, die schwachen Bilanzen aufzufangen. Wenn man jedoch nichts mehr verkaufen kann, müssen alternative Lösungen gefunden werden. Dabei stehen Dieter Gorny wahrscheinlich zwei Optionen offen: Die erste Variante ist bereits länger im Gespräch, die zweite ist hingegen neu. AOL Time Warner hat sich von den Plänen eines "CNN des Musikfernsehens" so begeistern lassen können, dass die Amerikaner beim zweiten VIVA-Sender einstiegen; jetzt aber langsam die Geduld verlieren: Man will endlich Gewinne sehen.

Zwei mögliche Szenarien: AOL oder RTL

Wie schon nach dem Scheitern des ursprünglichen VIVA Plus, ist eine stärkere Mitbestimmung von AOL Time Warner denkbar. Schon im vergangenen Jahr stand eine mögliche Umwandlung des Programms in einen Cartoon-Sender zur Debatte (DWDL berichtete). AOL Time Warner hätte dafür genügend eigene Inhalte um den Sender zu bestreiten.

Die zweite und neue Variante: Die RTL Group könnte sich nach der Übernahme des bislang unabhängigen Nachrichtensenders n-tv auch noch den unabhänigen Musikkonzern schnappen, wie auch die "Süddeutsche Zeitung" vermeldet. Bei weiter sinkendem Aktienkurs der VIVA Media AG wird dies immer attraktiver. Noch allerdings bleibt Dieter Gorny die Gelegenheit, erneut ein neues Konzept vorzustellen: Eines, das Geld bringt und nichts kostet. Das wäre dann wirklich visionär.