Foto: PremiereDesöfteren wurde schon darüber spekuliert, jetzt scheint Premiere das Thema gleich im ganz großen Stil angehen zu wollen: Der PayTV-Anbieter drängt ins FreeTV und interessiert sich für den Berliner Sender Sat.1, mit dem man schon seit einiger Zeit im Bereich der Champions League-Übertragungen zusammenarbeitet.
"Wir sind daran interessiert, Sat 1 zu kaufen. Der Berliner Sender würde ideal zu uns passen", sagte Vorstandschef Michael Börnicke (Foto) dem "Handelsblatt" laut Vorabbericht vom frühen Sonntagabend. Die Meldung überrascht, galt Premiere doch zuletzt selbst als Ziel einer möglichen Übernahme. Erst am Freitag gab Murdochs News Corp. bekannt, ihren Anteil an Premiere auf 22,7 Prozent aufgestockt zu haben.
 
Premiere: Aus der Defensive in die Offensive
 
Eine Übernahme von Sat.1 würde Premiere damit nicht nur aus der Defensive bringen: Der PayTV-Anbieter würde die bislang durch das Duopol von der Mediengruppe RTL Deutschland und ProSiebenSat.1 dominierte TV-Landschaft aufbrechen. Und nebenbei würde Medienmogul Rupert Murdoch über seine Premiere-Beteiligung der Einstieg ins deutsche FreeTV gelingen.

Foto: PremiereDas Vorhaben sei mittelfristiger Natur, erklärte Premiere-Unternehmssprecher Torsten Fricke am Sonntagabend im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Natürlich hänge es zunächst davon ab, ob es bei der ProSiebenSat.1 Media AG grundsätzlich die Bereitschaft für entsprechende Gespräche gebe. Ob es schon erste Verhandlungen zwischen Premiere-Chef Michael Börnicke und ProSiebenSat.1-Chef Guillaume de Posch gab, wollte Fricke nicht kommentieren.
 
Schuldenlast von ProSiebenSat.1 könnte Premiere in die Karten spielen
 
Klar aber ist: Man kennt sich aus direkter Nachbarschaft in Unterföhring bestens. So scheint auch Premiere bekannt zu sein, dass die ProSiebenSat.1 Media AG aus der Übernahme der SBS Broadcasting noch eine Schuldenlast in Milliardenhöhe trägt. Für Premiere eine willkommene Gelegenheit.


Logo: Sat.1; Grafik: DWDL.deMan pflege ja schon jetzt gute Kontakte zu Sat.1, betont Fricke bei seiner Argumentation und verweist auf die derzeitige Ausstrahlung der von Premiere produzierten Champions League-Übertragungen. Diese Zusammenarbeit zeige auch bereits, wo sich Synergieeffekte ergeben könnten. Auch im Bereich Serie sei es für Premiere sehr attraktiv, einen reichweitenstarken FreeTV-Sender zu haben. So könnten z.B. neueste Staffeln, die im PayTV starten, bei der zeitgleichen Ausstrahlung der vorherigen Staffel im FreeTV beworben werden. Ähnliche Gedankenspiele hatte Premiere-Vorstandschef Börnicke auch schon im vergangenen November im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de angedeutet. Auch bei der Werbevermarktung sei eine Kombi aus Free- und PayTV attraktiv.
 
FreeTV-Einstieg soll Konzernumsatz auf neues Level heben
 
Ein weiterer Grund für das Interesse an Sat.1: Die Umsatzsteigerungen im PayTV-Bereich allein könnten nicht die Wachstumsansprüche eines Medienkonzerns in einer Größenordnung von Premiere erfüllen. Mittelfristig wolle man, so Premiere-Sprecher Fricke, mit dem Konzernumsatz im Bereich von zwei bis drei Milliarden Euro im Jahr liegen - und das gehe nur mit zusätzlichen Geschäftsbereichen wie dem FreeTV. Doch sei das Thema dennoch nicht von besonderer Eile, obwohl Premiere seit Jahresbeginn mit dem Einstieg und den Aufstockungen der Anteile von Rupert Murdoch schon im Wochentakt für Schlagzeilen sorgt.

Foto: DWDL.deImmerhin habe man damit die erste Hürde genommen. Als nächstes müsse Premiere seine beiden dringendsten Hausaufgaben erledigen. Laut Konzernsprecher Torsten Fricke geht es dabei um die Schließung der Sicherheitslücke bei der Verschlüsselung. Hier will man in den kommenden Wochen bekanntgeben, mit wem und wie man dies erreichen will. Die zweitwichtigste Hausaufgabe sei dann der Erwerb exklusiver Bundesliga-Rechte. Ob ein FreeTV-Engagement und damit ein Interesse an Sat.1 noch ein Thema für 2008 ist, will Fricke nicht konkretisieren: "FreeTV ist immer ein Thema für uns".

Bei ProSiebenSat.1 reagiert man sehr verhalten auf die Verlautbarung von Premiere-Chef Michael Börnicke im "Handelsblatt". ProSiebenSat.1-Konzernsprecherin Katja Pichler wollte die Pläne von Premiere auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de am Sonntagabend nicht näher kommentieren. "Es gibt darüber keine Gespräche", so Pichler auf die Frage, ob man schon im Kontakt stehe mit Premiere.