Harald Schmidt: Sein Abschied bei SAT.1

Es war eine Show, wie viele Sendungen der "Harald Schmidt Show" in den acht Jahren zuvor: Wer ihn bislang nie leiden konnte, wird sich auch diesmal gefragt haben, was an ihm so herausragend gewesen sein soll; wer ihn aber verehrte, der sog jede Anspielung und jede Geste mit Genuß auf.

Am Dienstagabend lief bei SAT.1 die letzte "Harald Schmidt Show". Seit gut zwei Wochen war Schmidts "kreative Pause" bekannt; oft genug war es bereits Thema in den letzten Shows. An diesem Dienstagabend, dem 23.Dezember, da ging es nicht um Abschiednehmen. Ganz nach dem Motto "Im Endspiel nicht die Taktik wechseln", sollte es eine Show werden, wie jede andere.

Günther Jauch kellnert für Schmidt

Dass dies dann nicht so kam, dafür sorgte zu aller erst Günther Jauch: Anstelle von Sven, dem einzigen, der Harald Schmidt bislang das Wasser reichte, brachte der RTL-Moderator wortlos das Wasserglas und verschwand umgehend von der Bühne. Schmidts Überraschung: Einer der wirklich ehrlichen Momente der letzten Show.

Nach seiner gewohnten Adventsüberraschung und Seitenhieben auf den Hype der um seinen Abschied bei SAT.1 betrieben wurde ("Da stampfen die Leute durch den Schneematsch, weil sie hoffen, heute eine besondere Sendung zu erleben. Und was passiert: Nichts.") folgte Stille.

Genugtuung: Schmidt spielt mit den Fotografen

Für Harald Schmidt war diese Show sichtlich eine einzige Genugtuung: Mit einer Ruhe und Langatmigkeit zelebrierte er jede noch so kleine Geste. Amüsiert, aber auch sichtlich zufrieden, nahm er das nicht zu überhörende Kamera-Klicken der vielen Fotografen wahr, die der Aufzeichnung im Kölner Studio 449 beiwohnten.

Zum Abschied: Schmidt aus allen Blickwinkeln
Wurde noch am Montag über Sandra Maischberger als Nachfolgerin gescherzt, geredet und geplant, konnte Schmidt die Nachricht des Tages nicht aussen vor lassen: Er lobte Anke Engelke. "Sie ist eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Fernsehen und genau die richtige für diesen Job," spulte Schmidt wie vom Band herunter. Fast einen Tick zu schnell, um es für ehrlich zu halten.

In Anspielung an das Motto der Show "Im Endspiel nie die Taktik ändern" wollte Schmidt bei seiner letzten Show das tun, wofür ihn die Feuilletons der Nation so lieben: Inszenierungen von Theaterstücken, Erzählungen und Gedichten. Die Darbietung des surrealen Theaterstück "Endspiel" von Samuel Beckett geriet jedoch leider zum Tiefpunkt der Abschiedsshow.

"Wer hat die denn aufgehetzt?"

Spannend machte es danach eine Journalistik-Studentin bei der Wahl zum "Liebling des Jahres". Gab sie sich doch ganz investigativ und fragte Schmidt nach seinen wahren Gründen für die "kreative Pause". Als Schmidt zurückfragte, was sie glaube, kommt es zur Konfrontation. Erstmals konfrontiert jemand Schmidt öffentlich mit dem, was viele glauben: Sie meine, er sei mit der neuen Geschäftsführung nicht im Reinen. Schmidt spielt Empörung und schreit: "Wer hat die denn aufgehetzt?"

Leiser Abschied nach besinnlicher Musik

Zum Abschied sang dann der versammelte "Werkschor" der Show die deutsche Version von "White Christmas": Besinnlichkeit zum Ende einer achtjährigen Zeit voller Höhen und Tiefen. Mit Applaus für die Darbietung und der Ankündigung, man solle "in der Lokalzeitung das Kleingedruckte lesen" um mitzubekommen, wann die Winterpause vorrübersei, verabschiedete sich Schmidt kurz und schmerzlos in eben selbige.

Zweifelsohne geht damit ein Stück TV-Geschichte zuende. Genauso sicher ist aber: Es ist kein Abschied von Harald Schmidt. Seine Show bei SAT.1 ist per 23.12.2003 Geschichte, doch sein Wirken wird er fortsetzen. Nur wo und wann, darüber schweigt der Gentleman. Noch.

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