Grimme-Preis 2004: Nominierungen stehen fest

Insgesamt 510 Fernsehproduktionen und spezielle TV-Leistungen sind in einem dreiwöchtigen Sichtungsprozess von drei unabhängigen Nominierungskommissionen - erstmals gab es eine eigenständige Kommission für TV-Unterhaltung - auf Qualitäten im Sinne des Adolf Grimme Preises geprüft und ausgewählt worden.

Nach Auffassung des Grimme-Chefs Bernd Gäbler hat das Fernsehjahr 2003 keinen Durchbruch für das Qualitätsfernsehen geschaffen, aber eine Fülle hervorragender "Einzelstücke" hervorgebracht, vor allem glänzende schauspielerische Leistungen, gute politische Dokumentationen und Entdeckungen im Bereich der TV-Unterhaltung.

Die öffentlich-rechtlichen Sender haben bei den Nominierungen die Nase vorn und sind insbesondere im Bereich "Information und Kultur" völlig dominant: Kein einziges Format des Privatfernsehens brachte es hier zu einer Nominierungen.

So erfolgreich wie noch nie, ist 2004 der Sender SAT.1: Er schneidet mit gleich fünf Nennungen sogar besser ab als Konkurrent RTL. Erstmals ist der Sender Deutsche Welle TV mit einer eigenen Produktion dabei, und die gleich dreimalige Nominierung von Sendungen des Kinderkanals zeigt das gewachsene Qualitätsbewusstsein bei Kindersendungen.

Die nominierten Dokumentationen zeichnen sich durch fundierte Recherchen und historische Rückblicke aus. Bei der TV-Unterhaltung wurden viele kleine, aber feine Formate entdeckt, wie das Grimme-Institut mitteilte.

Die unabhängigen Jurys, in denen TV-Kritiker und Publizisten, Medienwissenschaftler und Bildungsfachleute zusammenwirken, können jetzt auf Grundlage der bekannten Nominierungen bis zu 14 Auszeichnungen vergeben. Die Preisgerichte tagen Mitte Februar in Marl.

Am 16.März werden die Gewinner dann auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Die von Sandra Maischberger moderierte Jubiläums-Preisverleihung für den ältesten und renommiertesten deutschen Fernsehpreis findet dann am 3.April 2004 um 18.30 Uhr im Theater in Marl statt. 3sat zeigt die Verleihung ab 21.15 Uhr.

Die Nominierten im Überblick:

Die Nominierungen wurden in drei Wettbewerbskontigente unterteilt: "Fiktion & Unterhaltung", "Information & Kultur" und "Spezial". Aus diesen Nominierungen können die Jurys bis zu 14 Preistäger küren.

Wettbewerbskontigent "Fiktion & Unterhaltung"
Kategorie "Fernsehspiel / TV-Movie / Unterhaltung"


- So schnell Du kannst (ZDF)
Der Film erzählt die schwierige Liebesgeschichte zwischen der manisch depressiven Linda und dem Autoverkäufer Ben, einen allein erziehenden Vater.

- Die WIB-Schaukel: mit Jürgen Drews als Gast (ZDF)
Wigald Boning trifft Jürgen Drews in seiner Villa auf Mallorca.

- Nachtschicht - Amok! (ZDF)
In diesem Krimi geht es um die Nachtschicht des bunt gemischten, sogenannten Kriminaldauerdienstes (KDD), um Probleme in einer Hochhaussiedlung für sozial Schwache und einen Banküberfall mit spektakulärer Geiselnahme.

- Mein erster Freund, Mutter und ich (ProSieben)
Die 16-jährige Nicole hat sich bis über beide Ohren in ihren Mitschüler Daniel verliebt. Doch bis es in dieser Komödie zum ersten Kuss kommt, mischt sich erst einmal die Familie kräftig in die junge Liebe ein.

- Schwabenkinder (ARD/BR/ORF/ARTE/SF-DRS)
TV-Drama über das Schicksal armer Bergbauernkinder, die am Ende des 19. Jahrhunderts vom Vorarlberg, Tirol und der Schweiz aus purer Not als billige Arbeitskräfte an Bauern ins Schwäbische verkauft wurden.

- Ins Leben zurück (ZDF/ARTE)
Nach dem Verschwinden ihrer 15jährigen Tochter ist das Leben von Clara aus der Bahn geraten. Auf der Suche nach ihrer Tochter reist sie nach Schweden. Es wird eine Reise zurück in ihr eigenes Leben.

- Zuckerbrot (ARD/BR/SWR)
Der Film erzählt die zarte Liebesgeschichte zwischen der kleinkriminellen Jenny und dem frommen Aussiedlerjungen Mitja.

- Leben wäre schön (ARD/BR)
Die erfolgreiche Unternehmerin Manja Grüneberg lebt zusammen mit ihrem Vater und der 13jährigen Tochter und lernt während der Reise zu ihrer besten Freundin in Island einen Mann kennen. Doch ihr Glück ist nur von kurzer Dauer, denn sie hat einen Knoten ihrer Brust ertastet.

- Hape Kerkeling für die 70er Jahre Show (RTL)
Mal irritiert, mal behaglich, aber immer neugierig blickt Hape Kerkeling zurück auf die 70er Jahre und verleiht der Show durch seine Vielseitigkeit und Spontaneität besonderen Unterhaltungswert.

- Wer küsst schon einen Leguan? (KIKA/MDR)
Die Wege von Tobias (13), der in schwierigen sozialen Verhältnissen aufwächst, und Soap-Autor Max (34) kreuzen sich - und es entsteht eine witzige und emotionale Vater-Sohn-Geschichte.

- Aufgemerkt! Pelzig unterhält sich (BR)
Als "Pelzig" schwenkt der Kabarettist Frank-Markus Barwasser stets eine Herrenhandtasche. Zum Talk empfängt er den Fraktionschef der Grünen im Bayerischen Landtag, Dr. Sepp Dürr, den Zoo-Direktor des Münchner Tiergartens Hellabrunn, Prof. Dr. Henning Wiesner, und die Torfrau des Frauen-Fußball Weltmeisterteams, Silke Rottenberg.

- Taxi für eine Leiche (ORF/ARTE)
Die Besitzerin eines heruntergekommenen Wiener Vorstadtkinos entdeckt nach Ende der Vorstellung die Leiche eines alten Mannes, die sie aus Angst vor persönlichem Schaden gern unauffällig los werden möchte.

- Dienstreise - Was für eine Nacht (SAT.1)
Vor einem wichtigen Geschäftsabschluss lässt sich der loyale Außendienstler Lehmann ausnahmsweise zu einem Barbesuch überreden und gerät an drei sehr attraktive Damen gerät, die sich als Trickdiebinnen entpuppen.

- Familienkreise (ARD/BR)
Am Ende einer erfolgreichen Karriere als Korrespondent kehrt der Vater zurück nach Deutschland zu seiner Familie und bringt das ziemlich selbständige Leben der beiden mittlerweile erwachsenen Söhne durch sein autoritär-patriarchalisches Auftreten völlig durcheinander.

- Unsere Mutter ist halt anders (SAT.1)
Die etwas unstete zweifache Mutter Paula ist auf der ständigen Flucht vor zu viel Nähe und verlangt gerade deshalb ihren beiden heranwachsenden Töchtern einiges ab.

Wettbewerbskontigent "Fiktion & Unterhaltung"
Kategorie "Serien & Mehrteiler"


- Das Konto (2tlg.) (ARD)
Die Lebensmittelfirma Olsen bereitet die feindliche Übernahme des Hauptkonkurrenten vor, dann wird der Chefchemiker ermordet und es entfaltet sich ein Thriller um Geld, Macht und Korruption. Nach dem gleichnamigen Roman von Uwe Schwartzer.

- Genial daneben - Die Comedy Arena (SAT.1)
Eine eigenständig entwickelte Comedy-Show, in der ungewöhnliche Zuschauerfragen aus allen Wissensbereichen von einem fünfköpfigen Rateteam möglichst geistreich und witzig beantwortet werden sollen.

- Die Sitte (8 Folgen) (RTL)
Achtteilige Krimiserie über die Arbeit eines Sonderdezernats der Kripo, die für Straftaten mit sexuellem Hintergrund zuständig ist. Aus Sicht der Opfer, der Angehörigen und der Täter wird gezeigt, welche menschlichen Dramen sich hinter einer Sexualstraftat verbergen.

- Das Wunder von Lengede (2tlg.) (SAT.1)
Fiktive Rekonstruktion des Unglück in der Eisenerzgrube "Mathilde" im niedersächsischen Lengede im Jahr 1963, bei dem 11 verschüttete Bergleute nach mehr als zwei Wochen durch eine dramatische Rettungsaktion lebend geborgen werden konnten.

Wettbewerbskontingent "Information & Kultur"
Kategorie "Dokumentarfilm/TV-Journalismus/Feature/Essay"


- Hugo Chavez - Ein Staatsstreich von innen (ZDF/ARTE/RTÉ/BBC/NPS)
Die Langzeitbeobachtung des politischen Kampfes von Präsident Hugo Chavez gewährt einen Einblick in die Misere Venezuelas.

- die story: Das Tribunal (WDR)
Der Film dokumentiert den Prozess gegen Slobodan Milosevic vor dem Haager Gerichtshof.

- Der Contergan-Skandal (ARD/NDR)
Aus dem Wunschtraum von einer völlig harmlosen Schlaftablette wurde ein Albtraum. Eine Dokumentation über Moral und Medizin, über Täter und Opfer, über Schicksale und Mutmacher.

- Menschen und Straßen: Straße der Betrogenen (SWR/ARTE)
Beschreibung der Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Argentinien anhand von Lebensgeschichten, die in der Prachtstraße "Florida" zusammengeführt werden.

- Marvi Hämmer präsentiert National Geographic World (KIKA/ZDF/WDR/RB)
Ein Wissensmagazin für Kinder mit zweisprachigen Elementen, präsentiert von einem cleveren Nagetier, einer 3D-animierten Ratte, die in einem Fernsehstudio lebt.

- Grüße aus Dachau (ARD/BR/SWR)
Darstellung der "Normalität" eines Ortes, dessen Name unauslöschlich mit der Nazi-Vergangenheit Deutschlands verbunden ist.

- Leonce und Lena (ZDF)
TV-Aufzeichnung einer Aufführung des Lustspiels von Georg Büchner im Berliner Ensemble.

- die story: Des Teufels Lehrling (WDR)
Ein Film über einen jungen Mann, der in Belgien Fußball spielte und während seines Militärdienstes in der Türkei zum "Verhörspezialisten" mittels Folter ausgebildet wurde.

- Marschbefehl für Hollywood (ARD/NDR)
Wie die US-Regierung als subtile Form der Propaganda direkt auf die Hollywood-Filmproduktionen Einfluss nimmt.

- Reporter vermisst (SWR/ARTE)
Spurensuche nach dem 1970 während des Indochina-Kriegs in Kambodscha verschollenen französischen Fotografen Gilles Caron.

- Schleyer. Eine deutsche Geschichte (ARD/NDR/WDR)
Portrait des 1977 von der RAF ermordeten Arbeitgeber-Präsidenten Hanns-Martin Schleyer.

- Der Unzugehörige: Peter Weiss (RBB/SWR/DRS)
Literarischer Essay-Film über einen Grenzgänger zwischen Ost und West, der nach Schweden emigrierte und dort blieb, obwohl er sich bis zu seinem Tod 1982 nach Deutschland sehnte.

- B 52 (WDR/ARTE/SFB/SRG)
Der legendäre US-Langstreckenbomber wurde 1947 als extreme Waffe im Kampf um nukleare Vormacht entwickelt. Noch heute - 50 Jahre nach seinem ersten Erscheinen - ist der Bomber im Dienst.

- Die Geschichte von Brice (ARTE)
Filmische Betrachtung der Welt aus dem Blickwinkel des zwölfjährigen Jungen Brice, der vor dem Strudel der familiären Ereignisse ins Internet flüchtet und in einer Sphäre zwischen Realität und Fantasie lebt.

- Das Ministerium für Staatssicherheit (MDR/ARTE)
Neun ehemalige Stasi-Offiziere geben Auskunft über ihre Tätigkeit und ihre Innensicht auf den Apparat und oppositionelle Regungen in der Gesellschaft.

- Mein Terrorist (ZDF/ARTE/BBC/TVO
Der zu vier mal Lebenslänglich verurteilte Palästinenser Fahad Mihyi kämpft mehr als zwanzig Jahre nach der Verurteilung um seine Freilassung.

Wettbewerbskontingent "Information & Kultur"
Kategorie "Serien / Mehrteiler"


- Was war links? (4tlg.) (SWR/SFB)
Rückblick auf Utopien und linke Lebenspraxis während der 60er, 70er und 80er Jahre.

- Die Bühnenrepublik: Theater in der DDR (ZDF/3sat)
In Gesprächen mit Künstlern und Zeitzeugen aus Theater und Gesellschaft wird ein Stück DDR-Kulturgeschichte wieder lebendig.

- Hab und Gut in aller Welt (ZDF/ARTE)
Im Mittelpunkt der Reihe stehen Familien und ihr Sein und Haben, ihre Wünsche, Hoffnungen, Mühseligkeiten und Träume.

- Der durstige Planet (6tlg.) (DW-TV)
Auseinandersetzung mit dem Rohstoff Wasser, der nach Meinung vieler Wissenschaftler bis zum Jahr 2050 für die meisten Menschen wichtiger sein wird als Öl.

Wettbewerbskontingent "Spezial"

- Charlotte Roche für Moderation und Präsentation der Sendung "Fast Forward" (VIVA)

- Das Team der HR-Tatorte (Regie und Buch: Niki Stein, Kamera: Arthur W. Ahrweiler, Hauptdarsteller: Andrea Sawatzki und Jörg Schüttauf)


- Julia Jäger für ihre vielschichtigen schauspielerischen Leistungen in: Das Konto, Bella Block: Das Gegenteil von Liebe, Polizeiruf 110: die Schlacht, Zeit der Rache und Kommissar Brunetti

- Heike Hempel (stellv. für das Redaktionsteam) "Das kleine Fernsehspiel" für die Ausschreibung und Durchführung der Reihe "Absolut Beginners-Der erste Job" (ZDF)

- Friedemann Fromm für die Entwicklung der Kommissarcharaktere, Kameraführung, Lichtregie und Sounddesign der Serie "K3-Kripo-Hamburg" (NDR)

- Gert Scobel stellv. für das Redaktionsteam "Kulturzeit" (3sat/ZDF)

- Bernd das Brot - Idee und Realisation: Tommy Krappweis (KIKA)

- Steffen Hallaschka für die Moderation der Reihe "Kanzlerbungalow" (WDR)

- Katharina M. Trebitsch für thematisch vielfältige, durchweg qualitativ hochstehende Fernsehfilme (Bella Block: Das Gegenteil von Liebe, Ins Leben zurück, Raus ins Leben, Das Konto und die Reihe um Kommissar Brunetti)

- Antonia Rados für ihre politischen Reportagen und Dokumentationen (Schwerpunkt: Krisengebiete der Welt) (RTL)

- Andreas Witte für die live-Berichterstattung Boxen/Basketball-EM (RBB)

- Harald Schmidt für seine Show vom 04. Dezember 2003 (SAT.1), in der er mit selbstironischer Distanzierung auf den neuen Geschäftsführer von SAT.1 Roger Schawinski reagierte

- Mario Barth für seine Rollenspiele in "Keine Ahnung" (Pro Sieben)

- Gert Monheim für die Redaktion der Reihe "die story" (WDR)