Condé Nast wagt den Relaunch seines Männertitels: Ex-"Vanity Fair"-Chefredakteur José Redondo-Vega will mit der neuen "GQ" stärker das Lebensgefühl moderner Männer widerspiegeln und dabei weniger metrosexuell daherkommen als zuletzt.
In weißen Ledersesseln durften die Journalisten bei der Vorstellung des Hefts in einem der zahlreichen Konferenzräume in der Münchner Karlstraße Platz nehmen. Nicht nur das Ambiente im feinen Verlag war ungewöhnlich, auch die Ansprache des Verlagschefs Moritz von Laffert. „Wir sind ja nicht bekannt für große Pressekonferenzen. Aber das Haus ist in Bewegung. Wir wollen uns künftig stärker öffnen.“ Damit verfolgt von Laffert klar eine andere Verlagspolitik als sein Vorgänger Bernd Runge, der sich manchmal vor Presseanfragen am liebsten hermetisch abgeriegelt hätte.
Dem etwas herkömmlichen „GQ“-Cover sieht man den Neustart nicht sofort an. Aber die wohl größte Änderung passiert inhaltlich: Das Magazin verfolgt jetzt einen journalistisch hohen Anspruch. Ganz neue Töne. Das Heft soll so an Relevanz gewinnen, aktueller sein, im Gespräch bleiben. Der „GQ“-Chefredakteur machte auch gleich Nägel mit Köpfen und schickte eine Pressemeldung zum Exklusiv-Interview mit Ben Tewaag in die Welt. „Diese neue Relevanz und Wertigkeit macht sich im Verkauf bemerkbar. An diesem Satz können sie mich messen“, so José Redondo-Vega selbstbewusst in die Runde. Immerhin hat er rund sechs Monate lang an dem neuen Blattstil gearbeitet.
Erneuert wird auf der ganzen Linie: So wird es eine App für iPhone und iPad geben, GQ.com erhält zum Relaunch des Printhefts ein neues Design. Und auch in klassische Werbung wird kräftig investiert. In den nächsten Wochen folgt eine Kampagne in Printtiteln wie „Spiegel“ oder „Financial Times Deutschland“ sowie TV-Spots bei Tele5, RTL (und RTL Crime), Vox und DMAX. Insgesamt belaufen sich die externen Brutto-Werbespendings auf eine nicht unerhebliche Million Euro. Und auch bei der über die Jahre gewachsenen Veranstaltung „Männer des Jahres“ wird ein größeres Rad gedreht. Künftig soll der Event in der Hauptstadt laufen, in diesem Jahr im Oktober in der Berliner „Komischen Oper“.
Der Neustart mit Pauken und Trompeten ist wohl auch nötig. Unter Führung von Redondo-Vegas entlassenem Vorgänger Manuel Frei war „GQ“ zuletzt ein wenig die Luft ausgegangen. Bei der letzten IVW-Prüfung im 2. Quartal 2010 verlor das Magazin rund acht Prozent an Auflage gegenüber dem Vorjahresquartal. Das Heft, das in 15 Ländern weltweit erscheint, hat mit diesen kraftvollen Investitionen wohl auch verlagsintern einen anderen Stellenwert bekommen. Hinter „Vogue“ und „Glamour“ bislang eher stiefmütterlich behandelt, ist „GQ“ scheinbar nun die klare Nummer drei.
Die neue Tonalität – Männer mit Haltung – hat das Blatt vor allem noch einer Personalie zu verdanken: Vor kurzem zurückgeholt wurde als stellvertretender Chefredakteur der verlorene Sohn Dominik Schütte, der zwar schon einige Jahre unter Reinhard Haas bei „GQ“ hinter sich hat, sich aber die letzten drei Jahre bei Gruner + Jahrs „Neon“ neue Erfahrungen aneignen konnte. Er versucht, das Lebensgefühl moderner Männer genauer zu treffen, als das bisher gelang. Den althergebrachten Begriff vom Lifestyle-Magazin wird deshalb im Verlag nicht mehr verwendet. „Mehr Themen, mehr Anspruch, mehr Mann“, heißt vielmehr der neue Claim im Verlag. So wird beispielsweise das Thema männliche Pflege auch aus diesen Gründen nicht bei der Anwendung von Nivea-Cremes halt machen. Im neu gegründeten Care-Ressort werden Reportagen und Reports zu lesen sein.
Angesetzt wurde in vorderster Front auch bei der Model-Optik im Fashion-Ressort. Der Mann im Heft kommt nun etwas weniger metrosexuell daher, als es vorher der Fall war. So können künftig auch solche Kerle beim Blatt zugreifen, denen die Lebensweisheiten der „GQ“ bislang zu soft angekommen waren. Wieviel genau man an Auflage durch die eingeleiteten Maßnahmen gewinnen will, darüber schweigt man sich im Verlag bislang aus: „Wir hoffen, dass man in Zukunft mehr positiv über uns reden wird.“, so Redondo-Vega bescheiden zu seinen Zielen.